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       # taz.de -- Streamingangebot der bpb: Jenseits der Erklärfilme
       
       > Die Mediathek der Bundeszentrale für politische Bildung ist informativ
       > unterwegs. Es finden sich aber auch Dokus und fernsehhistorische
       > Fundstücke.
       
   IMG Bild: „Waldheims Walzer“ über die Affäre um Kurt Waldheim kann online in der bpb-Mediathek gesehen werden
       
       Ihrem Auftrag gemäß ist die [1][Bundeszentrale für politische Bildung]
       meist im belehrenden Sektor unterwegs. Das gilt auch für den medialen
       Bereich mit den didaktisch aufbereiteten Filmbegleitheften für den
       Unterricht. In der Online-Mediathek der Zentrale finden sich ebenfalls erst
       mal für den schulischen Einsatz gedachte, selbst produzierte oder
       angekaufte „Erklärfilme“ oder Videos zu relevanten gesellschaftlichen
       Themen wie Migration, sozialer Ungleichheit oder Demokratie für Jugendliche
       oder Kinder.
       
       Und auch Erwachsene können hier erkenntnisfördernde Stoffe finden wie die
       (leider nicht untertitelte, sondern deutsch übersprochene) gut gemachte und
       informative geopolitische Arte-Dauer-Serie „Mit offenen Karten“ oder
       fernsehhistorische Fundstücke wie alte Ausgaben der RBB-Sendung
       „Kontraste“.
       
       Also ein insgesamt recht eklektizistisches, aber mit etwas
       Eigenorientierung produktiv nutzbares Portefeuille. Dies enthält aber auch
       – von der interessierten Öffentlichkeit allzu wenig beachtet – seit vielen
       Jahren auch einen gut ausgestatteten Bereich, der sich pädagogischer
       Programmatik ganz entzieht.
       
       ## Internationale Produktion „Waldheims Walzer“
       
       Hier finden sich unter dem Kapiteltitel „Film-Highlights“ bedeutende
       Stationen des deutschen Dokumentarfilmschaffens der letzten Jahrzehnte,
       aber auch internationale Produktionen wie Ruth Beckermanns vor zwei Jahren
       veröffentlichter „[2][Waldheims Walzer]“ (und wenige Spielfilme). Wer also
       an einem der vielen Orte wohnt, wo die großartige Arbeit der
       österreichischen Regisseurin über die Affäre um den ehemaligen
       UN-Generalsekretär und späteren Bundespäsidenten Kurt Waldheim nicht ins
       Kino gelangte, kann ihn hier online sehen.
       
       Genauso „[3][I am Not Your Negro]“, ein auf höchstem artistischen Niveau
       agierender Filmessay von Raoul Peck, der anhand von Notizen des Dichters
       und Intellektuellen James Baldwin mehrere Jahrzehnte US-Rassismus und
       afroamerikanischer Identität bearbeitet.
       
       Was deutsche Filme betrifft, gibt es unter anderem einen Fokus auf Arbeiten
       rund um die Wendezeit aus der DDR und den neuen Bundesländern, die allesamt
       auch filmisch herausragende Qualität haben. Wer will, kann so zugleich tief
       in die Film- und in die Zeitgeschichte eintauchen.
       
       ## Langzeitdokumentation von Volker Koepp
       
       Und etwa in [4][Volker Koepp]s schon lange vor dem aktuellen Serientrend
       produzierter siebenteiliger Langzeitdokumentation mit drei
       Textilarbeiterinnen im brandenburgischen Wittstock die Auf- und Umbrüche
       zwischen 1974 bis 1996 miterleben. Andreas Voigt hat (im ersten Teil mit
       Gerd Kroske) in drei Filmen den Weg von den Leipziger Montagsdemos 1989 bis
       zu Resignation, Wut und aufkeimenden rechtsextremen Parolen verfolgt.
       
       Manchmal geradezu unerträglich eindringlich ist auch Thomas Heises
       Langzeit-Trilogie mit und zu rechten Jugendlichen in Halle, die von „Stau.
       Jetzt geht’s los“ (1992) bis zu „Kinder. Wie die Zeit vergeht“ (2007)
       mehrere Generationen durch ein Vierteljahrhundert sozialer Deprivation
       begleitet.
       
       Von dem Aufbruchgefühl, das 1988 in Heike Misselwitz’ „Winter adé“ nicht
       nur den Titel, sondern auch viele der weiblichen Protagonistinnen
       befeuerte, ist da nichts mehr geblieben. Es ist großartig und
       verdienstvoll, dass solche Filme hier nicht nur langfristig frei verfügbar
       sind (aus rechtlichen Gründen allerdings nur für Deutschland), sondern auch
       gepflegt und vermehrt werden.
       
       ## Umständliche Navigation
       
       Denn das Angebot soll auch in Zukunft regelmäßig durch Lizenzankäufe
       erweitert werden. Derzeit etwas umständlich ist allerdings die Navigation
       auf der Webseite der Bundeszentrale, wo man jedes der achtundzwanzig knapp
       betitelten Kapitel einzeln öffnen muss, nur um einen Kurzüberblick des
       jeweiligen Inhalts zu bekommen.
       
       Schade, dass es auch nicht möglich ist, alle unter den „Film-Highlights“
       angebotenen Stücke einfach übersichtlich auf einer Liste zu sehen. Und auch
       die Suchmöglichkeiten des Gesamtangebots sind wenig benutzerfreundlich.
       Eine Problematik, der sich die bpb durchaus bewusst ist. Deshalb ist für
       Oktober ein großer Relaunch der Webseite geplant – falls Corona nicht noch
       störend dazwischenfunkt.
       
       24 Apr 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.bpb.de/
   DIR [2] /Regisseurin-ueber-Rechte-in-Oesterreich/!5537913
   DIR [3] /Politischer-Film/!5380712
   DIR [4] /Per-Film-durch-die-DDR/!5148672
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Silvia Hallensleben
       
       ## TAGS
       
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