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       # taz.de -- Seenotrettung im Mittelmeer: Keine Hilfe mehr
       
       > Im Mittelmeer ist kein einziges privates Rettungsschiff mehr im Einsatz.
       > Vor allem die Quarantänebestimmungen legen Schiffe und Besatzungen lahm.
       
   IMG Bild: Flüchtlinge in einem überfüllten Boot vor der Küste von Libyen
       
       Berlin taz | Quarantäne, Reisebeschränkungen, Lieferengpässe bei
       Ersatzteilen – die Coronapandemie hat auch die Seenotrettung im Mittelmeer
       ausgeschaltet. Kein einziges privates Rettungsschiff ist derzeit im Einsatz
       – und das, [1][obwohl Malta und Italien die Seenotrettung von Flüchtlingen
       offiziell ausgesetzt haben].
       
       Zuletzt hatten die [2][„Aita Mari“] der spanischen NGO Salvamento Maritimo
       Humanitari und die „Alan Kurdi“ der deutschen NGO Sea Eye am 19. April
       insgesamt [3][etwa 190 Flüchtlinge auf eine italienische Fähre gebracht],
       wo sie seither in Quarantäne sind. Coronatests waren bei allen negativ.
       
       Die 17-köpfige Crew der „Alan Kurdi“ musste sich danach auf ihrem Schiff
       nahe dem Hafen von Palermo für 14 Tage selbst in Quarantäne begeben, sagt
       Sea-Eye-Sprecher Julian Pahlke.
       
       Die Freiwilligen sind bereits seit dem 16. März auf dem Schiff. Eine neue
       Crew sei zusammengestellt, aber es sei noch unklar, wie ein Crewwechsel in
       Italien möglich ist. Wahrscheinlich müsse dort auch die neue Crew zwei
       Wochen in Quarantäne.
       
       ## Corona bringt Crewplan durcheinander
       
       „Durch Corona ist unser kompletter Crewplan durcheinander“, sagt auch Ruben
       Neugebauer von Sea Watch. Normalerweise dauert eine Mission der
       Freiwilligen 14 Tage. „Jetzt müssen wir zwei Wochen Quarantäne bei Ankunft
       in Italien dazurechnen, zwei nach Einfahrt in den Hafen, zwei nach Rückkehr
       nach Deutschland“, sagt Neugebauer.
       
       Die „Sea-Watch 3“ liegt derzeit im Hafen von Messina. Eine geplante
       Werftzeit sei nicht zustande gekommen, weil es durch Corona
       Lieferschwierigkeiten gab. Währen der Wartezeit sucht Sea-Watch nun eine
       Crew, die drei bis vier Monate auf See bleiben kann.
       
       „Das ist im Moment natürlich besonders problematisch, weil Menschen mit
       medizinischer Ausbildung derzeit aus ihren regulären Jobs kaum wegkönnen.“
       Unklar ist weiter, wohin Gerettete gebracht werden können – Italien und
       Malta haben für sie ihre Häfen wegen Corona dichtgemacht.
       
       ## „Eine Krise lässt die andere nicht verschwinden“
       
       „Wir würden uns davon nicht abhalten lassen“, sagt Neugebauer. „Eine Krise
       lässt die andere nicht verschwinden. Die Leute müssen gerettet werden, da
       gibt es nichts zu diskutieren.“
       
       Doch im Moment liegt auch das Schiff [4][„Poseidon“], das mit Geld der
       evangelischen Kirche derzeit zur „Sea-Watch 4“ umgebaut wird, im Hafen in
       Spanien, genauso wie die „Rise Above“ von Mission Lifeline in
       Norddeutschland.
       
       Die Crew der „Ocean Viking“ von SOS Méditerranée und Ärzte ohne Grenzen
       hatte ihr Schiff zu Beginn der Pandemie nach Marseille gebracht. SOS
       Méditerranée will das Schiff nun erst mal allein weiter betreiben – und die
       Einsätze „so schnell wie möglich wieder aufnehmen“. Wann das sein wird, ist
       unklar.
       
       26 Apr 2020
       
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