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       # taz.de -- Berlin bereitet sich auf den 1. Mai vor: Heraus zum gesunden 1. Mai
       
       > Insgesamt 18 Versammlungen sind für den 1. Mai bisher in Berlin
       > angemeldet worden. Genehmigt ist bisher keine, sagt die Polizei.
       
   IMG Bild: Das waren noch Zeiten: Grunewald-Demo 1. Mai 2019
       
       Die Ansage war deutlich. „Das wird kein normaler 1. Mai“, erklärte
       Innensenator Andreas Geisel (SPD) am Montag im Innenausschuss des
       Abgeordnetenhauses. Alles werde dem Infektionsschutz untergeordnet. Für
       Versammlungen bedeute das: „Bis auf wenige Ausnahmen werden sie nicht
       stattfinden.“
       
       Stand Montag sind laut Polizeipräsidentin [1][Barbara Slowik] für den 1.
       Mai insgesamt 18 Versammlungen angemeldet worden. Darunter eine
       Veranstaltung des DGB mit 20 Teilnehmern und ein Autokorso im Grunewald.
       Die Polizei führe mit den Anmeldern zurzeit Kooperationsgespräche.
       Entschieden wurde Slowik zufolge noch in keinem Fall.
       
       Am 1. Mai gilt noch die alte Corona-Eindämmungsverordnung. Sie besagt, dass
       Versammlungen unter freiem Himmel mit bis zu 20 Teilnehmenden in besonders
       gelagerten Fällen zugelassen werden können. Allerdings hatte sich die
       Polizei bei Bewilligungen ausgesprochen rigide gezeigt. Nicht angemeldete
       Kundgebungen waren von vornherein aufgelöst worden.
       
       Niklas Schrader, innenpolitischer Sprecher der Linken, verwies im
       Innenausschusses denn auch auf diverse Aufrufe des revolutionären
       1.-Mai-Spektrums, die im Internet kursieren. „Ich nehme an, dass es keine
       Anmeldungen geben wird“, sagte Schrader – wie gedenke die Polizei da zu
       verfahren?
       
       In einem am Montag veröffentlichten Aufruf hat das Revolutionäre
       1.-Mai-Bündnis seine Pläne für den Tag der Arbeit konkretisiert. Aktionen
       in Kreuzberg 36 wurden angekündigt. Eine zentrale Demonstration, heißt es,
       werde es aber nicht geben. Stattdessen sollten ab 18.20 Uhr über Twitter
       und die Bündnis-Website Orte für Protestaktionen bekannt gegeben werden.
       
       Die Teilnehmenden sollten sich individuell – mit Mindestabstand und
       vermummt – dahin begeben, um ihre Botschaften zu platzieren. Geeignete
       Mittel dafür seien Tücher, Transparente, Parolen, aber auch „Rauchtöpfe,
       Sprühereien und Farbbeutel“. Um 20 Uhr solle es im ganzen Kiez ein
       Feuerwerk geben.
       
       Um die „Ansteckungsgefahr zu verringern“, gebe es keinen zentralen
       Startpunkt, sondern nur die Angabe des Aktionsgebietes. Absperrungen der
       Polizei sollten umgangen werden, auch um „enge Zusammenkünfte“ mit den
       BeamtInnen zu meiden. Den inhaltlichen Schwerpunkt soll der „Kampf gegen
       die Festung Europa“ bilden. Verwiesen wird auf die rund 20.000
       Geflüchteten, die allein im griechischen Lager Moria unter katastrophalen
       Bedingungen auf ihre Rettung warten.
       
       Angemeldet hat das Revolutionäre 1. Mai-Bündnis seine Veranstaltung – wie
       schon in den Vorjahren – nicht. Auf taz-Anfrage teilt die Pressestelle der
       Polizei mit, „keine konkreten Hinweise auf unfriedliche Aktionen“ zu haben;
       dennoch sei „nicht auszuschließen, dass es im Stadtgebiet zur Begehung von
       Straftaten durch Einzelpersonen oder Gruppen kommen wird“.
       
       Die Polizei räumte gegenüber der taz ein, dass sich der 1. Mai 2020
       deutlich von den Vorjahren unterscheidet, was die Zahl der Anmeldungen und
       Aufrufe betrifft. Dennoch seien Unterstützungskräfte von Bund und Ländern
       angefordert worden.
       
       ## „Ich bin skeptisch“, sagt der Innensenator
       
       Die Polizei werde angemessen und mit Augenmaß vorgehen, sagte Innensenator
       Geisel im Innenausschuss. Das Infektionsschutzgesetz und die Eigensicherung
       der Beamten werde bei den Einsätzen aber im Vordergrund stehen. Auch wenn
       im Vorfeld behauptet werde, die Zahl von 20 Teilnehmenden nicht
       überschreiten zu wollen oder den Mindestabstand einzuhalten – „ich bin da
       skeptisch“, betonte Geisel.
       
       Als Beispiel verwies er auf die sogenannten Hygiene-Demonstrationen. Auch
       da sei die Größenordnung „regelmäßig überschritten“ worden. Am vergangenen
       Samstag hatte die Polizei am Rosa-Luxemburg-Platz erneut eine Kundgebung
       von Verschwörungstheoretikern mit mehreren hundert Teilnehmern aufgelöst.
       „Die Polizei wird die Eindämmungsverordnung am 1. Mai durchsetzen, was auch
       immer passiert“, betonte Geisel.
       
       Im Villenviertel Grunewald sind dieses Mal „infektionssichere Hausbesuche“
       geplant. Das teilte das MyGruni-Bündnis, bestehend unter anderem aus
       Hedonistischer Internationale, dem Mietenwahnsinn-Bündnis und SeaWatch, am
       Montag auf einer Pressekonferenz mit. Wie in den zwei Jahren zuvor fahre
       man die „Politik der ausgestreckten Faust“. Die Forderung: „Villen für
       alle“, denn dann sei Zuhausebleiben „nicht so schlimm“.
       
       Neben einer stationären Kundgebung sind diesmal ein Autokorso von Neukölln
       in den Grunewald mit je maximal 20 TeilnehmerInnen sowie ein Livestream der
       Aktionen geplant. Der Korso ist – anders als von der Polizeipräsidentin
       behauptet – laut MyGruni-Sprecherin bereits von der Versammlungsbehörde mit
       der Begründung verboten worden, es handele sich nicht um eine stationäre
       Kundgebung. Einbezogen seien Gesundheitsämter von fünf Bezirken gewesen.
       Gegen das Verbot will das Bündnis nun klagen.
       
       27 Apr 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Berliner-Polizeipraesidentin-im-Interview/!5587588&s=Plarre+Barbara+Slowik/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Erik Peter
   DIR Plutonia Plarre
       
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