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       # taz.de -- Bayer-Konzern stellte Forschung ein: Big Pharma machtlos gegen Corona
       
       > Bayer habe Infektionskrankheiten vernachlässigt, sagen Aktivisten. Bei
       > der Online-Hauptversammlung bleiben Kritiker außen vor.
       
   IMG Bild: Werner Baumann kann auf der Hauptversammlung keine Forschungsergebnisse vorstellen
       
       Berlin taz | Deutschlands größter Pharmakonzern, die [1][Bayer AG], versagt
       Kritikern zufolge im Kampf gegen das Coronavirus. „Alle Gebiete, die
       Erkenntnisse zur Behandlung von Covid-19 hätten liefern können, wie
       ‚Atemwegserkrankungen‘, ‚Infektionskrankheiten‘ oder ‚Tropenmedizin‘, hat
       der Pillen-Riese schon vor Jahrzehnten aufgegeben“, teilte die Coordination
       gegen BAYER-Gefahren (CBG) am Montag mit. „Stattdessen konzentriert er sich
       auf Krankheiten wie Krebs, weil er für Tumorarzneien – bei noch dazu oft
       zweifelhaftem Nutzen – Mondpreise verlangen kann.“
       
       Deshalb hat die Organisation beantragt, den Aufsichtsrat bei der
       Bayer-Hauptversammlung am Dienstag nicht zu entlasten. In einem weiteren
       Gegenantrag verlangt die CBG, die Dividende bis auf den Mindestsockel von
       10 Cent pro Aktie zu kürzen und die frei werdenden Summen zum Aufbau einer
       Pharmasparte zu nutzen, die „den Ansprüchen der Zeit“ besser gerecht werde.
       Auch der Bayer-Großaktionär Union Investment lehnt die geplante Dividende
       in Höhe von 2,80 Euro ab. Der Fonds begründet das mit der Unsicherheit
       wegen der Klagewelle von mutmaßlichen Opfern des Pestizids Glyphosat in den
       USA, der Bayer Milliarden kosten könnte.
       
       „Corona traf Big Pharma völlig unvorbereitet. Keiner der 20 größten
       Pillen-Konzerne hat zu den Vorgänger-Viren von Sars-CoV-2 wie Sars-1 und
       Mers geforscht“, so die Aktivisten. „Epidemien, die alle paar Jahre einmal
       auftreten oder auch nicht, bieten eben keine belastbare
       Kalkulationsgrundlage für die renditeorientierten Geschäftsmodelle von
       Bayer & Co.“
       
       Besonders die Abwicklung der Tropenmedizin Ende der 1980er Jahre erweise
       sich jetzt als fatal. Zwar habe Bayer bereits 1937 seinen Wirkstoff
       Chloroquin als Malariamittel zum Patent angemeldet. Holländische
       Virolog*innen hätten der Substanz 2004 bei Versuchen mit Zellkulturen
       „einen gewissen pharmakologischen Effekt“ gegen das erste Sars-Virus
       bescheinigt. Doch Bayer habe dann nicht begonnen, die Anwendung auf
       breiterer Basis zu erproben. „Hätte das Unternehmen dies getan, lägen jetzt
       belastbare Resultate vor, und die Gesundheitsbehörden bräuchten angesichts
       von elf Toten bei einem Klinischen Test in Brasilien und Sterbefällen durch
       Selbstmedikation nicht dringend vor einer Chloroquin-Einnahme zur
       Covid-19-Therapie zu warnen“, so die CBG.
       
       ## Glyphosat-Verhandlungen verzögert
       
       Ihre Kritik dürfen die Aktivisten dieses Jahr nicht auf der
       Hauptversammlung vortragen. Denn der Bundestag beschloss im März im „Gesetz
       zur Abmilderung der Covid-19-Pandemie“, dass Aktionärstreffen auch online
       stattfinden können. Bayer war der erste Konzern, der zu einer solchen
       „Online-HV“ einlud.
       
       Bayers Werner Baumann war vergangenes Jahr der erste Dax-Vorstandschef
       überhaupt, den die Aktionäre nicht entlasteten – wegen der Risiken durch
       den Kauf des Glyphosat-Herstellers Monsanto. Dieses Jahr muss er sich nun
       nicht grillen lassen: Die oft stundenlange Generaldebatte fällt aus. Die
       Aktionäre durften nur bis spätestens zwei Tage im Voraus Fragen einreichen.
       Der Vorstand kann sie zusammenfassen, bündeln – oder ganz weglassen.
       
       Bayer will die Coronakrise auch bei den Verhandlungen über einen Vergleich
       mit den inzwischen rund 53.000 Menschen nutzen, die ihre Krebserkrankung
       auf Glyphosat zurückführen. Der Konzern pokert wieder höher und streut,
       dass sich die Gespräche verzögerten. [2][Klägeranwälte bestreiten] das. Die
       nächsten US-Prozesse sind wegen der Pandemie verschoben, der Druck auf
       Bayer, die Sache schnell abzuschließen, sinkt.
       
       Unterdessen legte der bereinigte Betriebsgewinn (Ebitda) im ersten Quartal
       um gut 10 Prozent auf 4,39 Milliarden Euro zu. Die Pandemie führte in
       einigen Geschäftsfeldern zu einer stark gestiegenen Nachfrage, teilweise zu
       einer Bevorratung, etwa bei Nahrungsergänzungsmitteln, wie ein Sprecher
       sagte.
       
       Bayer ließ eine Bitte der taz um Stellungnahme bis Redaktionsschluss
       unbeantwortet. (mit rtr)
       
       28 Apr 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Schwerpunkt-Bayer-AG/!t5240035/
   DIR [2] https://usrtk.org/monsanto-roundup-trial-tacker/bayer-said-to-be-reneging-on-roundup-settlement-deals-as-virus-closes-courthouses/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jost Maurin
       
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