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       # taz.de -- Seebrücke-Protest in Berlin: Cornern mit der Polizei
       
       > In Berlin setzt die Polizei Radfahrer*innen fest, die gegen
       > Flüchtlingslager demonstrieren. 222 Personen werden kontrolliert.
       
   IMG Bild: Einige Radfahrer*innen haben es bis zum Roten Rathaus geschafft.
       
       BERLIN taz | Am Sonntagnachmittag lockte das Wetter zur Fahrradtour. Wer
       sich dazu im weiteren Umfeld des Roten Rathauses bewegte, kam an mehreren
       Straßenecken an einer besonderen Art der Grüppchenbildung vorbei: an der
       Neuen Jakobstraße Ecke Annenstraße standen Radfahrer*innen in lockererer
       Reihung entlang des Radwegs.
       
       Aber nicht, um zu rasten, sondern offensichtlich in der Weiterfahrt
       gestoppt und eingekeilt von drei Polizeiwannen. Die Radfahrer*innen: auf
       Abstand bedacht und mit Mund-Nase-Masken ausgestattet. Die Polizist*innen:
       eher nicht so. Zwischen den dunkelblauen Uniformen blitzten orange und
       gelbe Fahrradwimpel durch, dazu vereinzelte Kleidungsstücke in
       Seebrücke-Orange und kleinere Plakate und Fähnchen mit Forderungen, die
       Flüchtlingslager auf den griechischen Inseln aufzulösen und die Menschen zu
       evakuieren.
       
       Auch an der Heinrich-Heine-Str. hatte die Polizei mit vier Wannen ein gutes
       Dutzend Radfahrer*innen abgefangen und kontrolliert. Zwei Gruppen hatten es
       tatsächlich bis zum Roten Rathaus geschafft, wo sie ebenfalls von
       Polizist*innen kontrolliert umringt wurden.
       
       ## Dezentrale Critical Mass
       
       Diese Grüppchenbildung war kein Zufall. Unter dem Motto „leavenoonebehind“
       hatten Seebrücke, Ende Gelände und Interventionistische Linke zu einer
       dezentralen Critical Mass aufgerufen. Die kritische Masse war dabei klar
       eingegrenzt: mindestens 15 Personen, um im Verbund Radfahren zu können,
       maximal 20, um die coronabedingten Versammlungsauflagen nicht zu verletzen.
       
       „Ungefähr zehn Minuten, nachdem wir am S-Bahnhof Wedding losgefahren sind,
       ist die Polizei neben uns aufgetaucht“, berichtet eine
       Seebrücke-Aktivistin. Mit Mannschaftswagen im Schlepptau seien sie
       eineinhalb Stunden durch Moabit und Mitte gefahren. „An der Straße des 17
       Juni haben uns vier Wannen gestoppt, anscheinend zeitgleich mit vielen
       anderen Gruppen“, sagt sie.
       
       „Aus den Wannen kamen 20 Polizist*innen, wir hatten also eins zu
       eins-Betreuung, und die haben uns zwei Stunden lang kontrolliert.“ Auch
       ihre Plakate und Wimpel mussten sie abgeben; laut Aktivistin „um
       sicherzugehen, dass wir uns nicht wieder versammeln“. Eine spontane
       Kundgebung hätten sie nicht anmelden dürfen.
       
       ## Protest auch in Hamburg
       
       In Hamburg hatten ebenfalls am Sonntag rund 500 Menschen mit zahlreichen
       kleinen Kundgebungen für eine Evakuierung der Lager demonstriert. In Berlin
       hielt die Polizei die Fahrraddemos für unzulässig. Insgesamt seien 16
       Gruppen kontrolliert und 222 Personalien festgestellt worden – vermutlich
       von 222 Polizist*innen.
       
       27 Apr 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Uta Schleiermacher
       
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