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       # taz.de -- Virtuelles Treffen in Berlin: Recycling statt Visionen
       
       > Merkel wiederholt beim „Petersberger Klimadialog“ alte Positionen.
       > UN-Generalsekretär Guterres fordert: Kein Steuergeld für Verschmutzer.
       
   IMG Bild: Angela Merkel bei ihrer Rede beim Petersberger Klimadialog, davor Svenja Schulze
       
       Berlin taz | In der Debatte darüber, wie ökologisch die Konjukturprogramme
       nach der Coronakrise sein sollen, hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel
       dazu bekannt, dabei „immer auch den Klimaschutz ganz fest im Blick zu
       haben“. Es gehe ihr darum, „deutlich zu machen, dass wir nicht etwa am
       Klimaschutz sparen, sondern in zukuftsfähige Technologien investieren“,
       sagte Merkel.
       
       Das war es dann aber auch schon mit politischen Ankündigungen zum
       Klimaschutz auf dem 11. „Petersberger Klimadialog“, zu dessen Abschluss
       Merkel am Dienstag sprach. In der Video-Übertragung aus dem Kanzleramt, die
       in den ersten Minuten ohne Ton auskommen musste, verzichtete die Kanzlerin
       auf größere Versprechen oder politische Ankündigungen, wie sie sie in der
       Vergangenheit bei dieser Gelegenheit gemacht hat.
       
       Merkel bekräftigte, sie unterstütze die EU-Kommission darin, das
       EU-Klimaziel bis 2030 auf „50 bis 55 Prozent“ anzuheben, und lobte Brüssel
       für den „Green Deal“, mit dem die Kommission den Weg zur Klimaneutralität
       zeige.
       
       Sonst aber hielt sich Merkel in dieser kniffligen EU-Frage bedeckt.
       Deutschland hat in der zweiten Jahreshälfte die EU-Ratspräsidentschaft
       inne. Dann wird Merkel über diese Themen mit den Mitgliedsstaaten
       verhandeln. Daher hält sich Berlin seit Langem mit möglicherweise
       provokanten Vorstößen auf diesem Gebiet zurück.
       
       Merkel wiederholte nur die deutschen Ziele von 65 Prozent Erneuerbaren im
       Jahr 2030 und die Verdopplung der Klimafinanzierung. Mit Blick auf die
       wahrscheinliche Herkunft des Coronavirus aus der Tierwelt forderte sie
       einen „neuen Rahmen zum Schutz der Artenvielfalt“, der bei der nächsten
       UN-Konferenz zur Biodiversität in China beschlossen werden solle.
       
       Eine „bittere Enttäuschung“ nannte Martin Kaiser, Geschäftsführer von
       Greenpeace, Merkels Rede. Sie habe weder konkret etwas dazu gesagt, wie ein
       grünes Konjunkturprogramm in Deutschland umgesetzt werden, noch wie der
       „Green Deal“ in Europa konkret ausgestaltet werden könne.
       
       Andere Verbände wie der Neutsche Naturschutzring oder Germanwatch hoben
       hervor, dass Merkel immerhin das EU-Ziel von 50 bis 55 Prozent Reduktion in
       2030 unterstützt. Und die Zusage von grünen Konjunkturprogrammen sei ein
       „klares Signal für höhere Klimaziele“.
       
       Konkreter war nach Merkel UN-Generalsekretär Antonio Guterres in seiner
       Videobotschaft. Er forderte vor allem von den G20-Ländern und besonders von
       den USA und China Einsatz für den Klimaschutz. Guterres mahnte alle Länder,
       neue Jobs in einer grünen Wirtschaft zu schaffen, „alte, verschmutzende
       Industrien nicht mit Staatsgeld zu retten“ und fossile Subventionen zu
       beenden.
       
       Der UN-Chef forderte wie auch schon vorher, das Finanzsystem müsse
       klimagerecht umgebaut werden, Klima- und Artenschutz sollten in allen
       politischen und finanziellen Fragen berücksichtigt werden. Vor allem aber
       müssten die Länder international zusammenzuarbeiten, denn „wie das
       Coronavirus respektiert auch CO2 keine Grenzen“.
       
       Der „Petersberger Klimadialog“ 2020 versammelte auf Einladung der
       Bundesregierung mehr als 30 MinisterInnen, die für Klimaschutz zuständig
       sind.
       
       Großes Thema in diesem Jahr war die Befürchtung, dass die Coronapandemie
       und ihre Bewältigung die Klimakrise in den Hintergrund drängen könnte. In
       zahlreichen Videobotschaften beschworen MinisterInnen, aber auch
       Unternehmenschefs, Wissenschaftler und die Chefs von Umweltorganisationen
       die Gemeinschaft, das Thema weiter ernst zu nehmen.
       
       Der Vizechef der EU-Kommission, Frans Timmermans etwa erklärte, der „Green
       Deal bleibt unser Model für Wachstum und Klimaneutralität. Unsere
       Entschlossenheit dazu ist durch Covid-19 nur noch stärker geworden.“
       
       Die Veranstaltung wurde wegen der Coronakrise zum ersten Mal vollständig
       als Telekonferenz abgehalten. Die anderen Klimakonferenzen in diesem Jahr
       unter dem Dach der UNO sind wegen der Pandemie vertagt oder gestrichen
       worden.
       
       28 Apr 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernhard Pötter
       
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