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       # taz.de -- Rechtsstreit um Burg Rheinfels: Linke und CDU vs. Hohenzollern
       
       > Die Burg Rheinfels bleibt Eigentum der Stadt St. Goar. Weil eine Stiftung
       > der Hohenzollern aber beim Eintritt mitverdienen soll, regt sich
       > Widerstand.
       
   IMG Bild: Burg Rheinfels im Oberen Mittelrheintal
       
       Der Rechtsstreit um Burg Rheinfels in der Nähe von Wiesbaden schien mit
       einem außergerichtlichen Deal eigentlich geklärt: Die Nachfahren von Kaiser
       Wilhelm II haben kein Recht auf Herausgabe der Burg, die sie einst an die
       Stadt St. Goar gegeben hatten. Dafür bekommt eine Stiftung der Adeligen
       aber einen Teil der Eintrittsgelder, die in der historischen Stätte
       eingenommen werden. Doch gegen diese Einigung regt sich Widerstand – und
       zwar sowohl von der Linkspartei, wie von der örtlichen CDU.
       
       Weil die Stadt die Burg nicht herausgeben wollte, zogen die Hohenzollern
       einst vor Gericht. In erster Instanz unterlagen die Adeligen dort, nur um
       danach Berufung einzulegen. Zu einer Entscheidung kam es in zweiter Instanz
       aber nicht mehr, stattdessen einigte man sich außergerichtlich. Genau diese
       Einigung ist nun Anlass für weiteren Streit. Denn obwohl die Hohenzollern
       vor Gericht vermutlich erneut genauso verloren hätten wie in erster
       Instanz, konnten die Adeligen erreichen, dass ihre gemeinnützige
       Preußenstiftung künftig an den Einnahmen aus Eintrittsgeldern der Burg
       beteiligt wird.
       
       Seit Wochen trommeln CDU und Linke in ungewöhnlicher Allianz gegen diesen
       Deal. Mit der Überweisung von Eintrittsgeldern an die Preußenstiftung
       verschleudere die Stadt Geld, so argumentieren sie. Beide Parteien sammeln
       unverdrossen Unterschriften für ein Bürgerbegehren. „Der Bürgermeister hat
       mit der Abstimmung im Stadtrat Fakten geschaffen, um dem laufenden
       Bürgerbegehren zuvorzukommen“, klagt der CDU-Fraktionsvorsitzende im
       Stadtrat, Thomas Rolinger. Die CDU-Ortsverbandsvorsitzende Kerstin
       Arend-Langenbach versichert: „Wir lassen uns das nicht gefallen, wir prüfen
       rechtliche Schritte.“
       
       St. Goars Amtsbürgermeister Falko Hönisch, SPD, sieht das ganz anders, er
       wähnt sich am Ziel. Wochenlang war er auf Werbetour für den Deal, den er im
       Januar ausgehandelt hatte. „Jetzt kann es endlich losgehen mit den
       Sanierungs- und Sicherungsarbeiten,“ so der ehrenamtliche
       Kommunalpolitiker. Mehr als sieben Millionen Euro Fördergelder stünden
       bereit, die durch den Rechtsstreit blockiert gewesen seien, sagt er.
       
       Dass künftig ein Euro pro Person vom Eintrittsgeld für die Burg an die
       gemeinnützige Preussenstiftung durchgereicht werde, die damit in St. Goar
       Freizeit und Bildungsangebote für Kinder und Jugendliche finanzieren muss,
       nennt er eine „Win-win-Situation“. Ohne Vergleich hätte es die nötige
       Rechtssicherheit nicht gegeben, das Haus Preußen hätte wohl weiter geklagt,
       ist der Bürgermeister sicher.
       
       ## „Keine Geschenke den Hohenzollern“
       
       Ganz anders sieht das Roger Mallmenn, Initiator des Bürgerbegehrens gegen
       den Deal und Kreisvorsitzender der Linken. Im vergangenen Herbst hatte der
       gelernte Koch und Caterer in einer spektakulären Aktion den Burgfried
       besetzt und hoch über dem Rheintal ein Banner ausgerollt: „Keine Geschenke
       den Hohenzollern“, war seine Botschaft.
       
       „Die Hohenzollern wollen mit dem Deal bundesweit ein Zeichen setzen, für
       ihre Forderungen,“ kritisiert der Linke; „Stadt und Land haben ihnen dabei
       geholfen“, so Mallmenn zur taz. Eine klare Einschätzung, ob ein solches
       Bürgerbegehren gegen den Vergleich zulässig wäre und ob es an der
       rechtlichen Situation überhaupt etwas ändern könnte, wagt aber keine der
       Streitparteien.
       
       Rechtzeitig vor der Bundesgartenschau 2029 soll die Burganlage über St.
       Goar, mit dem einzigartigen Blick auf die Loreley, in neuem Glanz
       erstrahlen. Im Februar übernahm mit der Lohbeck-Gruppe ein international
       operierendes Unternehmen das luxuriöse Schlosshotel. Im Mittelalter als
       Mautburg begründet, von den hessischen Landgrafen als prächtiges Schloss
       ausgebaut und von französischen Revolutionsherren geschleift, bleibt die
       Burganlage in jedem Fall ein umstrittenes Symbol.
       
       15 Apr 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christoph Schmidt-Lunau
       
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