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       # taz.de -- US-Präsident gegen die WHO: Trumps Sündenbock
       
       > Mitten in der Coronapandemie stoppt US-Präsident Donald Trump die
       > Zahlungen an die Weltgesundheitsorganisation. Das Ablenkungsmanöver
       > könnte schwere Folgen haben.
       
   IMG Bild: US-Präsident Donald Trump am Dienstag beim Corona-Briefing im Garten des Weißen Hauses
       
       Washington afp | Donald Trump hat schon eine Reihe von Sündenböcken
       ausgemacht, seitdem das Coronavirus auch die USA mit voller Wucht trifft.
       China, die Medien, die oppositionellen Demokraten – alle sind irgendwie
       schuld, nur sich selbst gibt der US-Präsident Bestnoten. Nun hat Trump
       seinen Zorn auf die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gerichtet: Inmitten
       einer beispiellosen weltweiten Gesundheitskrise stoppt der Präsident die
       US-Zahlungen an die WHO. Ein leicht durchschaubares [1][Ablenkungsmanöver],
       das schwerwiegende Folgen haben könnte.
       
       Schwere Versäumnisse warf Trump der WHO am Dienstag bei einer
       Pressekonferenz im Rosengarten des Weißen Hauses vor: „Falsche
       Informationen“ zum Virus habe die Organisation verbreitet, chinesischen
       Angaben blind vertraut und sich gegen Reiseverbote ausgesprochen und damit
       „politische Korrektheit über lebensrettende Maßnahmen“ gestellt.
       
       „Tausende Leben“ hätten gerettet werden können, polterte Trump. Währen des
       vorübergehenden Zahlungsstopps würden die USA deswegen „die Rolle der WHO
       bei der schlechten Handhabung und Verschleierung der Ausbreitung des
       Coronavirus überprüfen“.
       
       2018/2019 zahlten die USA umgerechnet knapp 820 Millionen Euro an die WHO,
       wie es auf deren Webseite heißt. Dies entspricht einem Fünftel des 4,4
       Milliarden Dollar umfassenden Budgets für diese Zeit. Bereits im Februar
       hatte die US-Regierung in ihrem neuesten Haushaltsentwurf vorgeschlagen,
       Zahlungen an die WHO zu kürzen. Trump hat sich beschwert, dass andere
       Länder, insbesondere China, deutlich weniger zahlen.
       
       ## Ablenkung von eigenen Fehlern
       
       [2][Trump hatte sich schon vergangene Woche auf die in Genf ansässige
       Organisation eingeschossen], die eine führende Rolle bei der Bekämpfung der
       Pandemie einnimmt. Zu chinafreundlich sei die WHO – dabei seien doch die
       USA der mit Abstand größte Beitragszahler.
       
       Nun ist die Frage grundsätzlich legitim, ob die WHO im Umgang mit der
       Pandemie alles richtig gemacht hat. Und die USA sind nicht das einzige
       Land, das China fehlende Transparenz insbesondere zu Beginn der Krise
       vorwerfen.
       
       Doch in den USA tobt derzeit vor allem eine Debatte über die Versäumnisse
       Trumps – und die sind gut dokumentiert. Über Wochen redete der Präsident
       die Gefahr für die USA klein, schlug Expertenwarnungen in den Wind,
       behauptet unverdrossen, das Virus werde im April wegen der höheren
       Temperaturen „wie durch ein Wunder“ verschwinden.
       
       Trump hebt zwar pausenlos hervor, dass er schon Ende Januar einen
       Einreisestopp für China verhängte. Das Virus war da aber schon längst im
       Land und verbreitete sich rasant. Erst Mitte März verkündete der um die
       US-Wirtschaft und seine Wiederwahl besorgte Präsident Richtlinien zur
       sozialen Distanzierung. Bei Corona-Tests hinkte die größte Industrienation
       der Welt lange hinterher.
       
       Inzwischen gibt es in den USA die meisten Corona-Infektionen und Todesopfer
       weltweit. Erst am Dienstag wurde in dem Land der traurige weltweite Rekord
       von mehr als 2.200 Covid-19-Toten binnen 24 Stunden aufgestellt. Die
       US-Wirtschaft liegt darnieder, allein binnen drei Wochen verloren mehr als
       16 Millionen Menschen ihren Job.
       
       Dass Trump sein eigenes Krisenmanagement unverdrossen in höchsten Tönen
       lobt, lässt tief blicken. Und dass er weniger als sieben Monate vor der
       Präsidentschaftswahl fieberhaft die Schuld auf andere schiebt, verwundert
       kaum jemanden mehr.
       
       ## Trump wollte WHO schon vor Corona die Mittel kürzen
       
       Dass Trump sich nun auf die WHO fokussiert, ist ebenfalls wenig
       verwunderlich. Der Verfechter des „Amerika zuerst“ ist schon lange ein
       harscher Kritiker internationaler Organisationen wie UNO, Nato und
       Welthandelsorganisation.
       
       Immer wieder beklagt der einstige Immobilienmogul, dass die USA die
       höchsten Beiträge zahlen und trotzdem unfair behandelt würden. Die Beiträge
       zur WHO – derzeit rund 400 Millionen Dollar im Jahr – wollte er schon vor
       der Coronavirus-Krise kürzen.
       
       Zwar ist unklar, wie der Zahlungsstopp an die WHO konkret aussehen wird.
       Doch die Trump-Ankündigung dürfte die Organisation gerade in der jetzigen
       Krisenzeit schwer erschüttern, in der umfassend Hilfen mobilisiert werden
       müssen.
       
       UN-Generalsekretär António Guterres mahnte umgehend, im „Krieg“ gegen die
       Coronavirus-Pandemie sei eine Unterstützung der WHO „absolut notwendig“.
       Doch Trump dürfte das wenig interessieren. Der Präsident befindet sich
       derzeit in einem Krieg für sein Image – und für seine Wiederwahl.
       
       15 Apr 2020
       
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