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       # taz.de -- Masken gegen Corona: Länder und Kommunen am Zug
       
       > Bisher wird nur „dringend empfohlen“ Mundschutz zu tragen. Wer aber
       > könnte eine Maskenpflicht einführen? Und wäre das überhaupt
       > verfassungskonform?
       
   IMG Bild: Eine Maskenpflicht wäre ein Grundrechtseingriff
       
       Freiburg taz | Für den Einkauf und im öffentlichen Nahverkehr sind nun
       einfache Gesichtsmasken „dringend empfohlen“. Das beschlossen Kanzlerin
       Merkel und die 16 Länder-Chefs am Mittwoch [1][in ihrer Telefonkonferenz.]
       Auf eine Maskenpflicht verzichteten sie.
       
       Wenn die Länder den Beschluss genau so umsetzen, ist dies nicht mehr als
       ein moralischer Appell ohne verbindliche Wirkung. Eine Empfehlung könnte
       nicht mit Bußgeldern durchgesetzt werden. Auch eine „dringende“ Empfehlung
       ist eben nur eine Empfehlung.
       
       Der Bund-Länder-Beschluss selbst hat aber auch keine rechtliche Wirkung.
       Die Bundesländer sind an ihn nur politisch gebunden. Entscheidend ist, was
       die Bundesländer daraus machen. Im wesentlichen sind es die Länder, die das
       Infektionsschutzgesetz umsetzen. Der Bund kann den Ländern dabei keine
       Vorschriften machen. Ein Land wie Bayern könnte also weiterhin im
       Alleingang eine Maskenpflicht einführen, wenn es das für richtig hält um
       die [2][Coronakrise] zu bekämpfen. Ministerpräsident Markus Söder (CSU)
       sagte gestern, er erwäge eine Maskenpflicht, wenn der Appell nicht
       ausreiche.
       
       Auch die kommunalen Gesundheitsbehörden haben hier mehr zu sagen als die
       Bundesregierung. Bestes Beispiel ist die Stadt Jena. Dort hat
       Oberbürgermeister Thomas Nitzsche (FDP) mit Wirkung ab 6. April eine
       kommunale Maskenpflicht für Einkäufe und im Nahverkehr angeordnet. Auch er
       stützte sich auf das Infektionsschutzgesetz.
       
       ## Für Maskenpflicht fehlen Masken
       
       Für eine verbindliche Vorgabe spräche, dass ein bloßer Appell vermutlich
       keine ausreichend große Wirkung hätte. Schließlich dient das Tragen
       einfacher Alltagsmasken ja nicht dem Selbstschutz, sondern dem Schutz der
       Mitbürger. Gleichzeitig werden Maskenträger in der Öffentlichkeit bisher
       eher nicht als besonders rücksichtsvoll anerkannt, sondern eher als
       potenziell krank stigmatisiert. Das jedenfalls würde sich ändern, wenn alle
       Masken tragen müssen.
       
       Kanzlerin Merkel deutete auch an, dass man über die Verbindlichkeit erneut
       reden könne, „je mehr Masken vorhanden sein werden“. Der Verzicht auf eine
       Maskenpflicht ist letztlich also vor allem dem Mangel an Masken geschuldet.
       Merkel sieht den Staat aber nicht in der Pflicht, solche einfachen
       „Alltagsmasken“ zu beschaffen. Aufgabe des Staates sei es nur, Ärzte und
       Pfleger mit medizinisch hochwertigen Masken zu versorgen, so Merkel.
       
       In Österreich, wo schon seit dem 6. April eine Maskenpflicht in
       Supermärkten gilt, muss der Handel den Kunden kostenlos
       „Schutzvorrichtungen“ zur Verfügung stellen. Insofern ist der Verzicht auf
       eine Maskenpflicht auch eine Entlastung von Händlern und
       Nahverkehrsbetrieben. Allerdings werden in Österreich wie in Jena auch
       selbstgebastelte Masken oder Schals und Tücher akzeptiert.
       
       Eine Maskenpflicht wäre ein Grundrechtseingriff. Wer nur noch mit
       Mund-Nasen-Schutz einkaufen oder Bus fahren darf, ist in seiner
       „allgemeinen Handlungsfreiheit“ eingeschränkt. Ein erstes Gerichtsurteil
       hierzu gibt es bereits. Das Verwaltungsgericht Gera hat Anfang April den
       Eilantrag eines Bürgers gegen die Maskenpflicht in Jena abgelehnt. Die
       Richter verwiesen auf eine Empfehlung des Robert-Koch-Instituts zum Tragen
       von Mundschutz. Die Pflicht verstoße nicht gegen das Prinzip der
       Verhältnismäßigkeit. Allerdings müsse die Stadt regelmäßig überprüfen, ob
       die Vorgabe wirklich hilft, die Infektion einzudämmen.
       
       Das Infektionsschutzgesetz gibt den Behörden die Befugnis, alle
       „notwendigen Schutzmaßnahmen“ anzuordnen. Sollte es Zweifel geben, ob diese
       Generalklausel auch eine allgemeine Maskenpflicht abdeckt, könnte der
       Bundestag das Gesetz entsprechend nachbessern. Für Ausgangsbeschränkungen
       gab es Ende März bereits eine ausdrückliche Klarstellung im Gesetz.
       
       16 Apr 2020
       
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