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       # taz.de -- Berliner Bildungssenatorin in der Krise: Planlos weiter nach Plan
       
       > In Berlin kehren die Schulen schrittweise wieder aus dem Corona-Lockdown
       > zurück. Jetzt wäre eine präsente Senatorin gut. Ein Wochenkommentar.
       
   IMG Bild: Langsam sollen sich die Schulflure wieder füllen, hier eine Schule in Friedenau
       
       Berlin taz | Es heißt ja, Krisenzeiten seien Zeiten der Exekutive. Selbst
       wer sonst nicht so darauf steht, wenn PolitikerInnen die zupackende
       MacherIn markieren: Nie ist es so akzeptiert wie in allgemeinen
       Bedrohungslagen. Also wie genau jetzt, im sich gerade ganz vorsichtig
       lockernden Corona-Lockdown. Insofern könnte Bildungssenatorin Sandra
       Scheeres (SPD) den Spielraum der Krise nutzen, um endlich mal dieses
       lästige Image loszuwerden, das sie so hartnäckig seit bald zehn Jahren im
       Amt begleitet: nämlich das der glücklosen Senatorin, die wenig gestaltet
       und oft nur vom Mangel an Personal, funktionstüchtigen Schulgebäuden und
       sauberen Schulklos vor sich hergetrieben wird.
       
       Klar, die Marschrichtung für die Öffnung der Schulen – in dieser Woche
       kehrten in Berlin die ZehntklässlerInnen in ihre Klassenzimmer zurück –,
       gibt nicht Scheeres, sondern geben Bund und Länder gemeinsam vor. Und die
       Art und Weise der schrittweise Öffnung, auf die man sich am Dienstag
       verständigt hatte, ist auch vernünftig: Schulleitungen hatten davor
       gewarnt, dass sie maximal zwei Jahrgänge gleichzeitig aufnehmen könnten,
       wenn die Abstands- und Hygieneregeln gewahrt werden sollen.
       
       Jetzt sollen am Montag noch die sechsten Klassen an die Grundschulen
       zurück, die neunten Klassen an die Sekundarschulen und die
       ZwölftklässlerInnen an die Gymnasien. Aber dann will man, statt kompletter
       Jahrgänge, gezielt die SchülerInnen zurückholen, „die es besonders schwer
       haben, zu Hause zu lernen“, wie Scheeres sagte.
       
       Das ist vermutlich das einzig Vernünftige, wofür dieses Schuljahr noch zu
       gebrauchen ist: Wenn es um etwas geht, dann um möglichst viel
       Schadensbegrenzung bei den wachsenden Ungerechtigkeiten im Homeschooling,
       so es denn überhaupt stattfindet.
       
       Die Marschrichtung stimmt also, und Scheeres’ könnte jetzt tatkräftig
       werden: Doch wie dieses „Präsenzangebot“ für benachteiligte SchülerInnen
       genau ausgestaltet werden soll, ist auch Ende der Woche noch unklar. Genau
       das wäre aber jetzt Job der Senatorin. Orientiert man sich an Faktoren wie
       Nichtmuttersprachler? Oder lässt man die Schulen selbst entscheiden, weil
       sie ihre SchülerInnen am besten kennen?
       
       ## Schulen werden allein gelassen
       
       Indes provoziert Scheeres’ Musterhygieneplan, der die schrittweise Öffnung
       begleiten soll, heftige Kritik. Nicht durchdacht sei der, die Schulen
       würden alleingelassen, moniert der Landeselternausschuss.
       
       Die Kritik dürfte berechtigt sein: Es ist eine gute Sache, Vorgaben für die
       Raumbelüftung zu machen und Standards für die Schulreinigung vorzugeben.
       Aber wenn sich marode Fenster nicht öffnen lassen und Reinigungsfirmen in
       ihrer knapp bemessenen Zeit noch nicht mal das Schulklo vernünftig wischen
       können, wirkt so ein „Plan“ vor allem – planlos.
       
       Die Schulen brauchten ExpertInnen, Arbeitsmediziner und Betriebsärzte etwa,
       die den Musterhygieneplan in die Praxis an den einzelnen Schulen
       übersetzen. Und zwar am besten schnell: Schon am Montag kommen die nächsten
       Jahrgänge. Und es sieht nicht so aus, als wäre so etwas wie ein
       Regelschulbetrieb in diesem Jahr so bald wieder möglich. Zeit, zu handeln.
       
       2 May 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anna Klöpper
       
       ## TAGS
       
   DIR Sandra Scheeres
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