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       # taz.de -- Volkswagen startet Produktion: Bald laufen die Bänder wieder
       
       > In Zwickau werden ab Donnerstag wieder E-Autos gebaut. Zur
       > Krisenbewältigung fordert VW eine neue Abwrackprämie.
       
   IMG Bild: Bald rollen die Bänder wieder: Volkswagen-Produktion in Zwickau
       
       Berlin taz | Der größte deutsche Autobauer Volkswagen kommt wieder in
       Fahrt: Nachdem die Produktion wegen der [1][Coronakrise] in Deutschland
       seit März stillstand, werden die Bänder im VW-Werk [2][Zwickau] ab
       Donnerstag wieder laufen. In den Fabriken in Wolfsburg, Emden, Dresden und
       Hannover soll die Produktion ab 27. April beginnen. Im slowakischen
       Bratislava ist die Fertigung bereits am Montag wieder aufgenommen worden.
       
       In Zwickau werden zunächst die neuen E-Autos ID3 und ID4 produziert. Ab
       kommender Woche soll die Fertigung des Golf Variant folgen, der einen
       konventionellen Verbrennermotor hat. Die Produktion beginne mit den
       Elektroautos, weil die Nachfrage dafür bereits vorhanden sei, sagte ein
       Sprecher des Zwickauer Werks der taz. „Es gibt dafür 30.000
       Reservierungen“, sagte er. Konventionelle Fahrzeuge zu produzieren sei nur
       sinnvoll, wenn auch Autohäuser geöffnet seien, in denen sie verkauft
       würden.
       
       Zwickau ist der erste deutsche Standort, an dem VW die Produktion aufnimmt.
       In Brastislawa hat der Betrieb bereits am Montag wieder begonnen. Zwickau
       ist das Vorzeigewerk des größten deutschen Autobauers, hier baut der
       Konzern die konventionelle Fabrik im laufenden Betrieb zum weltweiten
       Vorbild für die Herstellung von E-Autos um. Zuletzt liefen hier täglich 120
       Elektrofahrzeuge vom Band. „Jetzt werden wir erst einmal die Hälfte davon
       täglich produzieren und das Woche für Woche steigern“, sagte der Sprecher.
       
       Bevor die Bänder am Donnerstag anlaufen, werden die Beschäftigten am
       Mittwoch in Schutzmaßnahmen eingewiesen. In bestimmten, als „rot“
       ausgewiesenen Bereichen, in denen die Beschäftigten eng zusammenarbeiten,
       ist ein Mund- und Nasenschutz vorgeschrieben. Die Bänder werden langsamer
       als sonst laufen. Anders als früher dürfen nicht mehr zwei Beschäftigte
       gleichzeitig im Innenraum eines Autos arbeiten. Wie ursprünglich geplant
       soll die Auslieferung der neuen E-Autos im Sommer beginnen.
       
       ## Rufe nach neuer Abwrackprämie
       
       Auch andere Autobauer haben die Wiederaufnahme der Produktion angekündigt,
       etwa Daimler. Mitte März hatten alle Autobauer in Deutschland [3][die
       Arbeit eingestellt]. Noch ist unklar, wie stark die Coronakrise die
       Autobauer treffen wird. Schon vor Ausbruch der Pandemie hat die Branche
       unter dem Rückgang der Konjunktur gelitten. Jetzt sind die Autobauer
       zweifach unter Druck: Sie leiden unter unterbrochenen Lieferketten und der
       Zurückhaltung möglicher KäuferInnen. Denn VerbraucherInnen haben derzeit
       andere Sorgen als den Kauf eines neuen Autos.
       
       Die Rufe aus Gewerkschaften, Politik und Industrie nach einer Stützung der
       Autobranche werden deshalb lauter. Gefordert wird etwa eine Abwrackprämie,
       wie sie nach der Finanzkrise unter der Bezeichung „Umweltprämie“ eingeführt
       worden ist, um Kaufanreize zu schaffen. Am Montag meldete sich nun auch der
       VW-Manager Ralf Brandstätter im Handelsblatt mit der Forderung nach einer
       neuen staatlichen Prämie für KäuferInnen zu Wort. „In dieser Situation
       sollte eine Prämie breit angelegt sein und auch moderne Fahrzeuge mit
       Verbrennungsmotor umfassen“, forderte er. Die bisherige Förderung der
       E-Autos von einigen Tausend Euro soll nach seinen Vorstellungen
       weitergehen. Darüber hinaus könnte sich ein neues Fördermodell an
       eingesparten CO2-Emissionen orientieren, sagte er. „Wir gehen damit aus der
       Krise hinaus und hinein in die grüne Transformation.“
       
       ## Konversion statt Kaufprämie
       
       Führende Mobilitätsforscher warnen vor Zugeständnissen gegenüber der
       Branche. „Die Autohersteller wollen weitermachen wie bisher und dazu viel
       Geld von den nationalen und supranationalen Institutionen erhalten“, heißt
       es in einem Positionspapier des Berliner Mobilitätsforsches Markus Wissen
       von der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin und rund 30 weiterer
       ForscherInnen und VerkehrspolitikerInnen aus dem Umfeld etwa von Attac oder
       der Linkspartei. „Die Unternehmen wollen die Krise nutzen, um
       Arbeitsschutz, Verkehrssicherheit, Klima- und Umweltschutz zu
       deregulieren“, heißt es weiter.
       
       Nötig sei stattdessen eine Konversion, etwa den Straßenneubau zu beenden
       und das Geld in den ÖPNV zu stecken: „Es ist an der Zeit, den
       politisch-industriellen Komplex des Autos zu überwinden.“ Die AutorInnen
       schlagen dafür unter anderem ein Reform der Kfz-Steuer vor, bei der es
       einen Bonus für Kleinwagen und einen exponentiell steigenden Malus für
       Luxus- und größere Autos gibt und sämtliche Steuervorteile und Subventionen
       wie das Dienstwagenprivileg gestrichen werden. Auch solle die Errichtung
       der Ladeinfrastruktur nicht mit Geldern der öffentlichen Hand finanziert
       werden.
       
       Unterdessen ist VW dabei, den Betrugsskandal um manipulierte Abgaswerte bei
       Diesel-Fahrzeugen in Deutschland aufzuarbeiten. Der Konzern hat sich mit
       rund 200.000 geschädigten KäuferInnen auf einen Vergleich geeinigt, die am
       Musterfeststellungsverfahren des Bundesverbands der Verbraucherzentralen
       teilgenommen haben. Verbraucherschützer und VW hatten sich Anfang des
       Jahres auf einen Vergleich verständigt. Die KundInnen erhalten zwischen
       1.350 bis 6.250 Euro, insgesamt stellt VW 620 Millionen Euro zur Verfügung.
       In 21.000 Fällen steht die Prüfung noch aus. Ursprünglich sollte die Frist
       für die Registrierung für den Vergleich am Montag enden, sie wurde aber bis
       zum 30. April verlängert.
       
       20 Apr 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /-Corona-News-vom-20-April-/!5679673
   DIR [2] /VW-Zwickau-stellt-auf-E-Autos-um/!5617566
   DIR [3] /Autoindustrie-in-der-Corona-Krise/!5672231
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anja Krüger
       
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