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       # taz.de -- Gantz und Netanjahu bilden Regierung: Bibis Manöver
       
       > Es war höchste Zeit, dass Israel eine reguläre Regierung erhält. Doch
       > Netanjahus Machtgeschacher war würdelos.
       
   IMG Bild: Mit Gantz' Hilfe: Bibi hat's mal wieder geschafft, hier am Wahlabend des 3. März
       
       Es ist eine Notregierung im doppelten Sinne: [1][Israels neue
       „Einheitsregierung“], auf die sich Benjamin Netanjahu und sein einstiger
       Herausforderer Benny Gantz geeinigt haben, führt das Land nach eineinhalb
       Jahren endlich aus der politischen Krise. Gleichzeitig aber wollte niemand
       diese Große Koalition, weder die Wählerinnen noch Netanjahu oder Gantz, der
       mit dem Versprechen angetreten war, den von einem Korruptionsprozess
       geplagten Langzeitpremier endlich abzulösen.
       
       Nun also bleibt Netanjahu Premier, bevor er dann ab Oktober 2021 unter
       Gantz Vize-Regierungschef werden soll. Dass Israel wieder eine Regierung
       bekommt, ist dringend notwendig. Eine vierte Parlamentswahl in nur gut
       einem Jahr wäre für alle Bürgerinnen und Bürger eine Zumutung gewesen. Und
       in Zeiten wie der Coronakrise braucht es eine handlungsfähige Regierung und
       – mindestens genauso wichtig – eine starke und geordnete Opposition, die
       nicht auf eine mögliche Regierungsbeteiligung schielt.
       
       Doch wer behauptet, es sei nichts gewesen und die zähe Regierungsbildung
       nur ein Beweis für die funktionierende Demokratie, sieht nicht: Das
       würdelose Machtgeschacher Netanjahus und auch die überraschende und für
       viele seiner Anhänger [2][schockierende Kehrwende von Gantz] haben Schaden
       angerichtet. Natürlich hat sich Israel nicht in ein autoritäres System
       verwandelt, doch gelitten hat sie, die einzige Demokratie im Nahen Osten.
       
       Netanjahu hat in den vergangenen Monaten klargemacht, dass ihm seine eigene
       Karriere und seine eigene Freiheit wichtiger sind als starke, unabhängige
       demokratische Institutionen und ein anständiger politischer Diskurs. Dem
       obersten Gericht hat der Ministerpräsident den Kampf angesagt, seine
       politischen Gegner hat er gnadenlos in den Dreck gezogen.
       
       Zuletzt verlangte er größeren Einfluss bei der Ernennung von Richtern –
       ganz unverhohlen und in dem Bewusstsein, dass der Prozess gegen ihn bald
       schon vor das oberste Gericht kommen könnte. Dass der anstehende Prozess
       Netanjahus Achillesferse ist, wusste auch Gantz, der deshalb gedroht hatte,
       ein Gesetz voranzutreiben, das es einem Abgeordneten unter Anklage nach
       einer weiteren Wahl verboten hätte, Ministerpräsident zu werden. Es wäre
       Netanjahus Ende gewesen.
       
       ## Glaubt Netanjahu selbst an seine Unschuld?
       
       Der Netanjahu-Prozess soll nun am 24. Mai beginnen. Doch Netanjahu wird
       Premier bleiben, Gantz und seiner Fraktion in der Knesset sei Dank. Es ist
       das erste Mal, dass ein amtierender Regierungschef auf der Anklagebank
       sitzt. Die Generalstaatsanwaltschaft wirft ihm Betrug, Untreue und
       Bestechlichkeit vor. Es geht um Beeinflussung von Medien, krumme Geschäfte
       und politische Gefälligkeiten.
       
       Natürlich gilt auch für Netanjahu die Unschuldsvermutung, doch der
       Korruptionsverdacht wiegt schwer, sonst wäre der Prozess nicht eröffnet
       worden. Und ganz offensichtlich glaubt auch Netanjahu selbst nicht, dass er
       am Ende von allen Vorwürfen freigesprochen wird. Das hat sein verzweifeltes
       Klammern an die Macht in den vergangenen Monaten gezeigt – denn die wird
       für Netanjahu weiter das beste Mittel sein, um sich vor der Justiz zu
       schützen. Man darf gespannt sein, mit welchen Manövern der
       Ministerpräsident oder spätere Vize-Ministerpräsident noch aufwarten wird
       in den kommenden Jahren.
       
       21 Apr 2020
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Jannis Hagmann
       
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