URI: 
       # taz.de -- Krieg in Libyen: Mission mit deutschen Soldaten
       
       > Deutschland will sich auf „hoher See“ an einer EU-Mission vor Libyens
       > Küste beteiligen. Tripolis wünscht sich bereits eine Ausweitung der
       > Aufgaben.
       
   IMG Bild: Ein sogenanntes Boarding Team der Bundeswehr vor der libyschen Küste 2017
       
       Tunis/Berlin taz | Nach der Zustimmung der Bundesregierung zu einer
       deutschen Beteiligung an der neuen EU-Überwachungsmission vor Libyens Küste
       wünscht sich Libyens international anerkannte Regierung eine Ausweitung der
       Mission. Entsprechende Hoffnungen sind aus dem Umfeld des
       Ministerpräsidenten Fajis Sarradsch zu hören. „Wir haben genauso wie die
       Europäer das Interesse, dass wieder staatliche Strukturen das Sagen haben“,
       so ein Regierungsberater in der Hauptstadt Tripolis zur taz.
       
       Die Regierung in Tripolis wehrt sich mit Hilfe aus der Türkei gegen die
       Libysche Nationalarmee (LNA) des ostlibyschen Generals Chalifa Haftar und
       hat dessen Truppen zuletzt empfindliche Niederlagen zugefügt – dank des
       Einsatzes türkischer Drohnen sowie zweier türkischer Fregatten vor der
       libyschen Küste. Waffenlieferungen kommen in Containerschiffen aus
       türkischen Häfen wie Mersin oder Izmir nach Tripolis und Misrata, zwischen
       Autos, Containern mit Lebensmitteln oder Möbeln versteckt.
       
       Diese Aktivitäten sind ein Bruch des seit 2011 geltenden UN-Waffenembargos
       gegen alle Kriegsparteien Libyens, zu dessen Überwachung die
       EU-Marinemission „Irini“ am 31. März entstand. Sie soll vor allem
       Informationen über Waffenströme nach Libyen sammeln. Auch Schiffskontrollen
       und Beschlagnahmungen sind erlaubt.
       
       Deutschland wird sich daran vorbehaltlich eines Bundestagsbeschlusses mit
       bis zu 300 Soldaten beteiligen, hat das Bundeskabinett am Mittwoch
       beschlossen. Als Einsatzgebiet definiert das Regierungsschreiben an die
       Bundestagsfraktionen, das der taz vorliegt, „die Hohe See außerhalb der
       Küstenmeere Libyens und Tunesiens“. Zunächst soll die Bundeswehr einen
       Seefernaufklärer sowie Personal für das „Irini“-Hauptquartier in Rom
       bereitstellen, ab August 2020 auch eine Einheit auf See.
       
       „Zudem unterstützt die Operation den Aufbau von Kapazitäten und die
       Schulung der libyschen Küstenwache und der libyschen Marine bei
       Strafverfolgungsaufgaben auf See“, führt die deutsche Kabinettsvorlage aus,
       die der taz vorliegt. In der Vergangenheit ist Libyens Küstenwache durch
       Übergriffe gegen Flüchtlinge aufgefallen.
       
       ## EUBAM wurde evakuiert
       
       Schon einmal gab es eine EU-Mission auf libyschem Boden. Experten aus
       EU-Ländern bildeten im Rahmen der Grenzmission EUBAM libysche Kollegen am
       Flughafen in Tripolis, an der tunesischen Grenze und im Hafen von Tripolis
       aus. 2014 wurden sie nach Kämpfen evakuiert.
       
       Italienische Offiziere sind seit 2018 in Westlibyen zur Unterstützung und
       zum Training der libyschen Marine im Einsatz. In der Basis Abu Sitta im
       Hafen von Tripolis liegt die „Gorgona“, ein unbewaffnetes Marineschiff, auf
       dem die Italiener übernachten. Nach der Bombardierung des Hafens durch
       Haftars LNA wurde die „Gorgona“ vorige Woche auf das Mittelmeer verlegt,
       kehrte aber am Dienstag wieder nach Abu Sitta zurück.
       
       Libysche Marineoffiziere, die auf von Italien gelieferten Patrouillenbooten
       Flüchtlinge aufspüren, wünschen sich mehr Kooperation. Offizier Mustafa
       al-Raid sagt zur taz: „Uns fehlen Rettungswesten, Erste-Hilfe-Ausrüstungen
       und vor allem bei meinen jungen Kollegen das Knowhow. Wir sollen
       gleichzeitig Menschen aus Schlauchbooten retten und Schmugglerboote
       aufbringen. Das geht nur im Rahmen einer Mittelmeermission aller
       Anrainerstaaten.“
       
       Auf Vorwürfe aggressiven Vorgehens gegen Flüchtlingsretter kontert Al-Raid,
       dass EU-Patrouillen Benzinschmuggel aus Libyen nach Malta und Sizilien
       dulden. „Waffen, Drogen und Migranten benötigen an der libyschen Küste die
       Sicherheit der Milizen“, sagt Al-Raid. „Nur wer die Milizen ausschaltet,
       kann den Schmuggel beenden.“
       
       22 Apr 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Mirco Keilberth
   DIR Dominic Johnson
       
       ## TAGS
       
   DIR Libyen
   DIR Schwerpunkt Libyenkrieg
   DIR Bundeswehr
   DIR Europäische Union
   DIR Schwerpunkt Libyenkrieg
   DIR Schwerpunkt Libyenkrieg
   DIR Schwerpunkt Libyenkrieg
   DIR Drohnen
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Malta
   DIR Wehrbeauftragte
   DIR Bundeswehr
   DIR Schwerpunkt Libyenkrieg
   DIR Schwerpunkt Libyenkrieg
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Kontrolle des Waffenembargos vor Libyen: Deutschland schickt Fregatte
       
       Einsatz für rund 250 deutsche MarinesoldatInnen: Auf der Fregatte „Hamburg“
       sollen sie vor Libyen die Einhaltung des UN-Waffenembargos überwachen.
       
   DIR Konflikt in Libyen: Kriegsspiele im Mittelmeer
       
       Der Konflikt in Libyen spitzt sich im östlichen Mittelmeer zu. Die
       Überwachung des UN-Waffenembargos gegen Libyens Kriegsparteien ist
       kompliziert.
       
   DIR Haftars Niederlage in Libyen: Die Söldner ziehen ab
       
       Über 1.000 Russen und Syrer verlassen die Kriegsfront im Westen Libyens.
       Haftars Belagerung der libyschen Hauptstadt geht zu Ende.
       
   DIR Regierung startet Drohnen-Debatte: Ferngesteuerter Krieg
       
       Darf die Bundeswehr ihre Drohnen bewaffnen? Das Verteidigungsministerium
       schiebt die Diskussion an und will einen Beschluss.
       
   DIR Coronahilfe durch die Bundeswehr: Armee gegen Einsatz im Innern
       
       Wegen verfassungsrechtlicher Bedenken lehnte die Bundeswehr mehrere
       Corona-Hilfseinsätze ab. Dafür gibt es sogar Lob von der Linken.
       
   DIR Seenotrettung im Mittelmeer: „Ich lasse euch im Wasser sterben“
       
       Während Italien endlich Geflüchtete an Land lässt, wird gegen Maltas
       Premier ermittelt. NGOs legen Mitschnitte von Geretteten vor, die ihn
       belasten sollen.
       
   DIR Ablösung des Wehrbeauftragten Bartels: Unruhe in SPD-Fraktion
       
       Die SPD-Politikerin Eva Högl soll auf ihren Parteikollegen Hans-Peter
       Bartels als Wehrbeauftragte folgen. Doch Bartels will den Job behalten.
       
   DIR Rekordplus bei Militärausgaben: Weltweit immer mehr Waffen
       
       Deutschland führt in Westeuropa das Wachstum bei Rüstungsausgaben an. Das
       geht aus einem Bericht des Instituts Sipri hervor.
       
   DIR Waffenlieferungen nach Libyen: 300 Bundeswehrsoldaten für „Irini“
       
       Trotz Coronakrise hält der Krieg in Libyen an. An einer EU-Mission, um ein
       Waffenembargo durchzusetzen, soll sich nun auch die Bundeswehr beteiligen.
       
   DIR Türkisches Eingreifen in Libyen: Scheitert Haftars Krieg?
       
       Das militärische Eingreifen der Türkei stärkt die Regierung in Tripolis.
       Haftars Rebellen verlieren Städte und nun sind ihre Nachschubwege bedroht.