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       # taz.de -- Missouri klagt wegen Corona: Muss China vor Gericht?
       
       > Der US-Bundesstaat Missouri hat wegen der Corona-Pandemie Klage gegen
       > China eingereicht. Die Aussicht auf Erfolg ist jedoch minimal.
       
   IMG Bild: Kann man eine Schuld zuweisen? Das Coronavirus in einer Mikroskopaufnahme
       
       Berlin taz | In den USA gibt es erste Bestrebungen, wegen der
       Coronapandemie juristisch gegen China vorzugehen. Am Dienstag reichte der
       republikanische Justizminister des US-Bundesstaats Missouri Klage gegen
       China ein mit Entschädigungsforderungen für die Folgen der Pandemie.
       
       Peking habe „die Welt bezüglich der Gefahren des Coronavirus belogen,
       Whistleblower zum Schweigen gebracht und wenig getan, um die Ausbreitung zu
       verhindern“, heißt es. [1][China] sei verantwortlich, „eine globale
       Pandemie verursacht zu haben, die unnötig und vermeidbar war“.
       
       ## Meldepflichten ohne Sanktionsregeln
       
       Zu einem Verfahren vor dem Gericht in Missouri dürfte es aber kaum kommen,
       und selbst wenn das Gericht die Klage annehmen und ein Urteil fällen würde,
       hätte dies keine rechtlichen Folgen. Denn Klagen einer föderalen Teilregion
       (z. B. auch eines deutschen Bundeslandes) gegen einen souveränen Staat sind
       nicht möglich. Klageberechtigt gegen China wären nur die USA. Und das
       allein vor dem für zwischenstaatliche Streitigkeiten zuständigen
       Internationalen UN-Gerichtshof (IGH) in Den Haag.
       
       22 republikanische Senator*innen riefen [2][US-Präsident Donald Trump]
       deshalb auf, China vor dem IGH zu verklagen wegen Verstoßes gegen die
       „Internationalen Gesundheitsvorschriften“ (IGV). Die im Jahr 2005 von den
       194 Mitgliedsstaaten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vereinbarten IGV
       enthalten detaillierte Melde- und Sorgfaltspflichten im Fall von
       ungewöhnlichen Krankheitsfällen. Die Vereinbarungen sind völkerrechtlich
       verbindlich, es fehlen aber Haftungs-, Entschädigungs- oder
       Sanktionsregeln.
       
       ## China und USA erkennen IGH-Urteile nicht grundsätzlich an
       
       Diese Lücke könnte der IGH durch ein entsprechendes Urteil füllen. Dabei
       könnte er sich auf Artikel 31 des Entwurfs der Völkerrechtskommission für
       eine Konvention zur „Verantwortlichkeit von Staaten für
       völkerrechtswidriges Handeln“ stützen.
       
       Dieser liegt der UN-Generalversammlung bereits seit 2001 zur Beratung vor.
       Die Völkerrechtskommission wurde 1947 von der Generalversammlung eingesetzt
       zur Weiterentwicklung des Völkerrechts. Ihr gehören 34 unabhängige
       Jurist*innen aus allen weltweit existierenden Rechtssystemen an.
       
       Doch selbst wenn der IGH ein Urteil fällen würde, hätte das kaum praktische
       Konsequenzen. Denn eine „allgemeine Unterwerfungserklärung“ gegenüber dem
       IGH zur grundsätzlichen und ausnahmslosen Anerkennung seiner Urteile hat
       China nicht abgegeben – ebenso wenig wie die USA: Ein Urteil mit
       Entschädigungsforderungen, das der IGH 1986 fällte wegen der
       völkerrechtswidrigen Unterstützung von Rebellen gegen die Regierung
       Nicaraguas und der Verminung der Häfen, hat Washington bis heute nicht
       anerkannt.
       
       22 Apr 2020
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Zumach
       
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