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       # taz.de -- Berliner Wirtschaft in der Coronakrise: Düstere Aussichten für Hotels & Co
       
       > Experten gehen von einem Wirtschaftsrückgang von bis zu 15 Prozent aus.
       > Dieser dürfte damit in Berlin stärker ausfallen als im
       > Bundesdurchschnitt.
       
   IMG Bild: Wenn nichts gegessen und getrunken wird, kommt die Berliner Wirtschaft nicht in Schwung
       
       BERLIN taz | Während die jüngsten Lockerungen den Eindruck vermitteln
       konnten, das Schlimmste der Coronakrise sei zumindest vorerst überstanden,
       zeichneten Experten im Wirtschaftsausschuss des Abgeordnetenhauses ein
       düsteres Bild der Lage. Mit einem Wirtschaftsabschwung bis zu minus 10
       Prozent rechnet Jürgen Allerkamp, Vorstandschef der Investitionsbank Berlin
       (IBB). Der Rückgang werde stärker ausfallen als im Bundesdurchschnitt,
       sagte er bei einer Anhörung im Ausschuss am Montag.
       
       Grund dafür sei die kleinteilige Wirtschaftsstruktur der Stadt – sprich
       viele Soloselbstständige sowie kleine und mittlere Unternehmen – und die
       große Bedeutung des Hotel- und Gaststättengewerbes. Allerkamp glaubt auch
       nicht mehr an eine schnelle Erholung der Wirtschaft, darstellbar durch
       einen Verlauf in Form eines Vs. Vielmehr werde die Entwicklung eher die
       Form eines U haben, sprich: es werde eine längere Durststrecke und eine
       langwierigere Erholung geben.
       
       Positiv bewertete der IBB-Chef die Maßnahmen von Bund und Land: Die
       Kurzarbeitergeld-Regelung und die vier Hilfsprogramme des Landes seien
       „gute und zielgenaue Lösungen“ gewesen, die dazu beigetragen hätten, dass
       die Menschen „nicht ins Bodenlose stürzen“ würden.
       
       In diesem Maße ungewohntes Lob kam auch von der Industrie- und
       Handelskammer (IHK) Berlin. Deren Hauptgeschäftsführer Jan Eder sprach von
       „vernünftigen und ausgewogenen Antworten auf die Krise“; die Wirtschaft
       insgesamt sei sehr zufrieden mit den Regierungen auf Landes- und
       Bundesebene. Dass die Zahl der bekannten Corona-Infizierten bundesweit bei
       nur noch rund 15.000 liege, sei einer „riesiger Erfolg“.
       
       ## Berliner Wirtschaft könnte um 15 Prozent schrumpfen
       
       Eder allerdings bewertete die wirtschaftlichen Aussichten noch etwas
       skeptischer. Er gehe bisher davon aus, dass die Berliner Wirtschaft um 15
       Prozent schrumpfe. „Es wird deutlich schlimmer als das, was wir bisher
       gehört haben“, sagte der IHK-Chef. Die Kurve werde nicht mal mehr eine
       U-Form haben, sondern ein Mittelding aus U und L sein, sprich: die Erholung
       der Wirtschaft verlaufe langsamer als im ersten Modell.
       
       Nach der Finanzkrise 2008/2009 habe Berlin von den damals vergleichsweise
       wenig betroffenen und in Berlin starken Branchen Kultur, Gastronomie und
       Hotel profitiert. Diese sind jetzt stark tangiert: „Was uns damals getragen
       hat, ist heute Teil der Achillesferse.“ Als Belege führte er Umfragen an:
       So befürchten 60 Prozent der Unternehmen im Hotel- und Gaststättengewerbe,
       dass ihnen in diesem Jahr die Hälfte des Umsatzes wegbricht; insgesamt hält
       ein Fünftel aller Unternehmen eine Insolvenz in den nächsten Monaten für
       möglich.
       
       Bernd Becking, Chef der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Agentur
       für Arbeit, wies darauf hin, dass unter den knapp 30.000 Ende April neu
       arbeitslos gemeldeten Menschen rund 60 Prozent über keinen Berufsabschluss
       verfügten.
       
       11 May 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bert Schulz
       
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