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       # taz.de -- „Black Mirror“ pausiert in Corona-Krise: Böse Geschichten für böse Zeiten
       
       > Die dystopische Netflix-Serie „Black Mirror“ macht Pause, weil die
       > Wirklichkeit schon beängstigend genug ist. Ist das angemessen?
       
   IMG Bild: Die Netflix-Serie „Black Mirror“ macht Pause. Dabei wird sie in Coronazeiten mehr gebraucht denn je.
       
       Was wäre, wenn Menschen einen Mikrochip trügen, der ihr Leben aufzeichnete
       und mit dem sie Erinnerungen beliebig wiedergeben könnten? Oder wenn eine
       Cartoon-Figur, gesteuert von einem Schauspieler, erfolgreich für das
       Parlament kandidierte?
       
       Die britische [1][Science-Fiction-Serie „Black Mirror“] spielt derartige
       Fragen seit 2011 in Panikattacken-artigen Episoden durch, oft sardonisch,
       selten subtil, immer aber sehr dystopisch. Jüngst nun ließ der Serienmacher
       Charlie Brooker in der Londoner Radio Times verlauten, man habe bei der
       Produktion einer neuen, sechsten Staffel pausiert: Er glaube nämlich nicht,
       dass die Leute gerade Geschichten sehen wollten, die vom „Zerfall der
       Gesellschaft“ handeln.
       
       Ja aber wann denn bitte sonst? Braucht die Menschheit nicht gerade jetzt
       dystopischen Geschichten, die ja schon immer so etwas waren wie eine
       Einübung für die Imagination kommender Krisen? Zumal die einzelnen Folgen
       von „Black Mirror“ oft von Technologien handeln, die es längst gibt, und
       deren Missbrauch genüsslich auf die Spitze getrieben wird.
       
       Es ist doch so: Wenn eine [2][Dystopie der Realität] nahekommt, hat sie
       alles richtig – und die Wirklichkeit hat alles falsch gemacht. Und was
       alles jetzt und heute falsch läuft in der realen Welt, wird für viele
       Menschen eben weniger durch chauvinistische Politansprachen oder
       antilibidinöse Gegenwartsanalysen als durch die Brille breitenwirksamer
       Dystopien sichtbar.
       
       Die realen Risiken der Gegenwart 
       
       Das wohl bekannteste Beispiel hierfür ist George Orwells Roman „1984“, der
       bis heute als Chiffre für Totalüberwachung herhält – womit sich eine
       kritische Sichtweise auf das Thema schnell und effektiv kommunizieren
       lässt.
       
       Von der technologiekritischen Serie „Black Mirror“ lässt sich in
       Coronazeiten zwar nicht unbedingt lernen, wie die Menschheit derzeit etwa
       mit den [3][blühenden Verschwörungstheorien] umgehen soll, aber womöglich,
       woher sie stammen: von der unkritischen Benutzung digitaler Medien in einer
       Welt, in der das Nervensystem ständig Überstunden macht – und in der Folge
       zu simplen Lösungen tendiert, weil alles andere zu anstrengend wäre.
       
       In vielen „Black Mirror“-Episoden sind es eben gerade die abstoßenden
       Szenen, die Zuschauer:innen affektiv vereinnahmen und zur Reflexion über
       die Gegenwart einladen. Oder eine Zukunft, die schnell aus den Fugen
       geraten könnte, wenn Negativität ausgeblendet wird, um das Publikum zu
       verschonen.
       
       Statt nur noch auf Plots mit Happy End zu setzen, müssten eigentlich
       vielmehr Geschichten erzählt werden, die die realen Risiken des Jetzt in
       fiktive Bedrohungen mit unschönem Ausgang transzendieren. Also her mit der
       neuen Staffel.
       
       11 May 2020
       
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   DIR Philipp Rhensius
       
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