# taz.de -- Twitter gegen Falschmeldungen um Corona: Gangbarer Mittelweg
> Ignorieren ist keine Option: Twitter will irreführende Nachrichten über
> die Coronapandemie mit Warnhinweisen versehen.
IMG Bild: So sehen die neuen Warnmeldungen auf Twitter aus
Die Kontrolle über Informationsflüsse ist hart umkämpft. Denn
Falschmeldungen beispielsweise können ganze Branchen oder gar
Volkswirtschaften in den Abgrund stürzen. Die Macht über die Erzählung war
dabei schon immer geteilt. Das ungeprüfte Gerücht ist traditionell ein
harter Konkurrent für offizielle Verlautbarungen und selbst die unabhängige
Presseberichterstattung.
Dass es durchaus einen Widerspruch gibt zwischen der Realität und ihrem
öffentlich zugänglichen Abbild, ist dem Publikum zumindest instinktiv
bekannt. Das ist einerseits gut so, andererseits aber auch der Nährboden
für das Gerücht, die Lüge, die willentliche oder fahrlässige Irreführung.
Nicht mehr flüsternd von Mund zu Mund finden sie ihren Weg. Zu ihrer
dynamischen Verbreitung tragen soziale Netzwerke erheblich bei. Dafür
werden diese zumindest rhetorisch von Politik und Zivilgesellschaft immer
wieder in die Verantwortung genommen. Wie Facebook reagiert nun auch
[1][Twitter und wird weltweit Tweets mit Coronabezug und zweifelhaften
Inhalten mit Warnhinweisen und -labels markieren].
Das ist ein gangbarer Mittelweg für das Netzwerk in einem schwierigen
Markt. Twitter vermeidet bis auf krasseste Ausnahmen das Löschen, das
leicht als Zensurmaßnahme [2][ohne Rechtsgrundlage] ausgelegt werden
könnte, demonstriert aber einen verantwortlicheren Umgang mit geteilten
Inhalten. Der Spielraum für Eingriffe ist für die Netzwerke ziemlich klein.
Schließlich lebt Twitter von der Aufmerksamkeit für bestimmte Inhalte. Die
Motivation, [3][im weitesten Sinne kontroverses Material zu entfernen, ist
also eher gering]. Man will aber auch staatlich regulatorischen
Interventionen vorbeugen.
Es wird sich zeigen, ob die neuen Labels helfen, wenigstens die übelsten
Einlassungen zur Pandemie etwas einzudämmen. Nicht wenige davon haben
ohnehin schon längst ihren wichtigsten Resonanzraum in der halböffentlichen
Sphäre von Telegram- und WhatsApp-Gruppen gefunden. Deutschland ist für
Twitter mit einem Social-Media-Marktanteil von deutlich weniger als 10
Prozent (Facebook: mehr als 50 Prozent) derweil nur Nebenschauplatz. Hier
werden sich die versammelten Journalist*innen einfach weiterhin gegenseitig
ihre mustergültigen Faktenchecks vortragen und die Filterblasen der
Hassprediger*innen werden sie einfach ignorieren. Eventuell genauso wie die
Warnlabels von Twitter.
12 May 2020
## LINKS
DIR [1] https://blog.twitter.com/en_us/topics/product/2020/updating-our-approach-to-misleading-information.html
DIR [2] /Neues-Netzwerkdurchsetzungsgesetz/!5662774
DIR [3] /Twitter-ohne-politische-Werbung/!5637658
## AUTOREN
DIR Daniél Kretschmar
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