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       # taz.de -- Beobachtungsstelle intern Vertriebene: Rekord an Binnenflüchtlingen
       
       > Konflikte, Krisen und Katastrophen treiben 45,7 Millionen Menschen
       > innerhalb ihres eigenen Landes in die Flucht. Das sind 4,4 Millionen mehr
       > als im Vorjahr.
       
   IMG Bild: Afghanische Kinder spielen in einem Lager für Binnenvertriebene im Dezember 2019
       
       Genf dpa | So viele Menschen wie noch nie sind Vertriebene in ihren eigenen
       Ländern. 45,7 Millionen Menschen lebten Ende des vergangenen Jahres nach
       der Flucht vor Konflikten und Gewalt fernab ihrer Heimat, wie aus dem
       Jahresbericht der in Genf ansässigen Beobachtungsstelle für intern
       Vertriebene (IDMC) hervorgeht. Im Jahr davor waren es 41,3 Millionen
       Menschen.
       
       Das Schicksal der Menschen, die zwar aus ihren Wohnorten vertrieben, aber
       nicht über Grenzen geflüchtet seien, werde international zu wenig beachtet,
       meinte Jan Egeland, Chef der Hilfsorganisation Norwegian Refugee Council,
       zu der die Beobachtungsstelle gehört.
       
       „Wir versagen alle dabei, die gefährdetsten Menschen der Welt zu schützen“,
       sagte er. „Politiker, Generäle und Diplomaten müssen die Stillstände
       überwinden und nach Waffenruhen und Friedensgesprächen streben, nicht nach
       Waffen und Granaten.“
       
       Unter den Ende 2019 Vertriebenen waren nach Schätzungen 18,3 Millionen
       Kinder unter 14 Jahren. Drei Viertel der Menschen lebten in zehn Ländern:
       Die meisten in [1][Syrien], [2][Kolumbien], [3][Kongo], [4][Jemen] und
       [5][Afghanistan].
       
       ## 33,4 Millionen neue Vertriebene
       
       Viele Menschen konnten zwar auch wieder in ihre Heimatorte zurück, aber
       33,4 Millionen Menschen wurden im vergangenen Jahr neu vertrieben, so viele
       wie seit 2012 nicht mehr.
       
       Erstmals zählte die Beobachtungsstelle auch diejenigen, die vor
       Naturkatastrophen geflohen und bis Ende des Jahres noch nicht zurückgekehrt
       waren: Betroffen waren 5,1 Millionen Menschen. [6][Darunter waren viele
       durch Dürre in Afghanistan und Monsunregen in Indien Vertriebene.]
       
       Die deutsche Direktorin für Strategie und Forschung, Bina Desai, sieht
       gerade in der Coronakrise eine Chance, die Lage in den betroffenen Ländern
       zu verbessern.
       
       „Zwar müssen ausländische humanitäre Helfer abziehen, aber die lokalen
       Kräfte sind ja vor Ort“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. „Jetzt ist
       der Moment, deren Kapazitäten noch mehr zu stärken als zuvor.“
       
       ## Zivilgesellschaft stärken
       
       Die Zivilgesellschaft müsse gestärkt werden, um die Menschen
       widerstandsfähiger gegen Gewalt und Konflikte zu machen. Dabei müsse auch
       manchmal in Kauf genommen werden, mit Akteuren zusammenzuarbeiten, die
       nicht demokratisch legitimiert sind, sagte sie.
       
       „Meist ergibt sich eine Chance durch eine politische Gelegenheit, etwa
       einen Regierungswechsel, wie in Äthiopien“, sagte sie. Auch wenn die Zahlen
       es noch nicht belegten, gebe es dort und in Ländern wie Somalia, Uganda
       oder Afghanistan vielversprechende Ansätze, um die Zahl von intern
       Vertriebenen zu reduzieren.
       
       Afghanistan sei etwa dabei, intern Vertriebenen Land zu geben. In Somalia
       setze die Regierung nicht mehr alles daran, Vertriebene an ihren einstigen
       Wohnort zurückzubringen, wo sie womöglich ihrerseits Menschen, die in ihre
       Wohnungen gezogen sind, vertreiben.
       
       Manchmal wollten die Vertriebenen selbst lieber in ihrer neuen Heimat
       integriert werden, schreibt die Beobachtungsstelle. Der Teufelskreis von
       Krise, humanitärer Nothilfe und neuer Krise müsse durchbrochen werden,
       sagte Desai. Wichtiger als der parallele Aufbau von Bildungs- und
       Gesundheitsstrukturen für Vertriebene sei es, die vorhandenen Schulen,
       Krankenhäuser und die lokale Wirtschaft zu stärken.
       
       28 Apr 2020
       
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