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       # taz.de -- Rechte Bürgerwehr in Meuselwitz: Mit Nazis auf Streife
       
       > Ein Rechtsextremer will in der Thüringer Provinz ein Ordnungskonzept samt
       > Bürgerwehr etablieren. Und der Bürgermeister zeigt Gesprächsbereitschaft.
       
   IMG Bild: Das „Bürgerforum Meuselwitz“ würde gerne für Ordnung und Sicherheit sorgen
       
       Das „Bürgerforum Meuselwitz“ ist in Sorge um die Ordnung und Sicherheit in
       der thüringischen Kleinstadt. Das Gespräch in der zugehörigen
       Facebook-Gruppe dreht sich aber nicht bloß darum, „illegale Müllentsorgung“
       oder „sittenwidriges Verhalten“ zu bekämpfen. Stattdessen hat das
       „Bürgerforum“ gleich ein ganzes „Ordnungskonzept“ für das Stadtgebiet
       vorgelegt.
       
       Und für dieses Konzept ist der Bürgermeister von Meuselwitz, Udo Pick
       (FDP), durchaus offen. Er wollte mit dem Verantwortlichen vom Bürgerforum
       sprechen und hat diesen deshalb eingeladen: Es handelt sich um einen Mann
       Names Daniel Peschek. Und hier wird es brenzlig. Denn Peschek hat eine
       rechtsextreme Vergangenheit, inklusive Verurteilungen, unter anderem wegen
       eines Angriffs auf einen Polizeibeamten.
       
       In der Facebook-Gruppe mit über 1.500 Mitglieder teilt Peschek etwa Artikel
       aus der Sezession. Das Zweimonatsheft und den Blog verantwortet Götz
       Kubitschek vom Institut für Staatspolitik (IfS), das vom Bundesamt für
       Verfassungsschutz [1][gerade zum Rechtsextremismus-Verdachtsfall eingestuft
       wurde].
       
       Auch das von Peschek vorgelegte Ordnungskonzept selbst enthält Ideen, die
       bedenklich wirken. Ein Verein solle „die Ordnung und Sicherheit aufrecht“
       erhalten, heißt es in dem Text, der der taz vorliegt. Die Mitglieder dieses
       Vereins müssten „mit umfangreichen Möglichkeiten auf Rechts- und
       Gesetzeswege“ ausgestattet werden. Sie sollten „Kontrollgänge“ machen,
       sowie Platzverweise aussprechen können.
       
       ## Der Bürgermeister kann die Kritik nicht nachvollziehen
       
       Auch „Vorläufig Festsetzungen bei Straftaten bis zum Eintreffen der
       Polizei“ sollen ihnen erlaubt werden. Ein „Ausweis“ und „einheitliche
       Kleidung könnte zur Kenntlichmachung dienen. Das Ordnungsamt sollte dem
       Verein „die Teilnahme am Sicherheitsgesprächen mit der Polizei“ ermöglichen
       und die Stadt ihnen kostenlose Räumlichkeiten stellen. Eine
       Aufwandsentschädigung für das Ehrenamt sei vorstellbar. Kurz: Hier sollte
       eine Bürgerwehr aufgebaut und mit Legitimation versehen werden.
       
       Dass Peschek mit diesen Ideen und seinen Verbindungen nach ganz Rechts ins
       Rathaus eingeladen wurde, offenbart für Katharina König-Preuss von der
       Linken und Madeleine Henfling von den Grünen wenig „politisches
       Feingefühl“.
       
       In einem Offenen Brief an Pick kritisieren die beiden Landtagsabgeordneten
       den Umgang mit Pescheks Bürgerforum. Als ehemalige Mitglieder der
       [2][NSU]-Untersuchungsausschüsse in Thüringen seien sie entsetzt, dass
       Peschek zum Gespräch geladen wurde, um das vermeintliche Ordnungskonzept
       umzusetzen. Das Gesprächsangebot stelle „faktisch eine Unterstützung eines
       Neonazis dar“, so König-Preuss und Henfling. Mit dem „Ordnungskonzept“, so
       König-Preuss, würde sowohl das Thüringer Ordnungsbehördengesetz, als auch
       das Polizeiaufgabengesetzt gänzlich missachtet.
       
       Solche Kritik kann Bürgermeister Pick nicht nachvollziehen. Menschen die
       sich in der Stadt engagieren wollen, die Vorschläge einbringen, würde er
       als Bürgermeister immer das Gespräch anbieten, sagt der
       FDP-Kommunalpolitiker der taz. Die politische Vergangenheit würde er da
       nicht so hart betrachten. Außerdem betont Pick: „Von einer Umsetzung des
       Konzeptes kann doch gar nicht geredet werden“. Auch er sehe das Konzept
       kritisch, das habe er im Gespräch auch darlegen wollen. Unterstützung für
       das Vorhaben sei aus dem Stadtrat gekommen.
       
       Einen Rückzieher hat die Stadt inzwischen trotzdem gemacht. In einer
       Information an die Stadträte und Beigeordneten heißt es: „Das für den
       31.03.2020 geplante Gespräch mit Herrn Peschek zur Umsetzung des von ihm
       eingereichten Sicherheitskonzeptes für die Stadt Meuselwitz wurde
       abgesagt“. Ein neuer Termine stünde noch nicht fest.
       
       29 Apr 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Institut-von-Kubitschek-unter-Verdacht/!5680777
   DIR [2] /Analyse-der-NSU-Urteilsgruende/!5678676
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Speit
       
       ## TAGS
       
   DIR Bürgerwehr
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   DIR Schwerpunkt Ostdeutschland
   DIR Götz Kubitschek
   DIR Lesestück Interview
       
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