URI: 
       # taz.de -- Insel-Tourismus läuft an: Angst und Freude
       
       > Auf Borkum hat der Tourismus schon letzte Woche begonnen. Doch
       > Gastronom*innen und Vermieter*innen fürchten einen erneuten Lockdown.
       
   IMG Bild: Jetzt wieder voller, als den Borkumer*innen lieb ist: Inselfähre
       
       Borkum taz | Eigentlich sollte dieses Bild Borkumer*innen glücklich machen:
       Eine volle Fähre setzt vom Anleger am Außenhafen in Emden ab und fährt in
       Richtung Insel. Das Problem: Die Gäste tragen zwar alle eine
       Mund-Nasen-Maske, der Mindestabstand von eineinhalb Metern wird von den
       Reisenden aber nicht eingehalten. Dicht sitzen sie auf Bänken
       nebeneinander. Schnell kursiert das Bild in den sozialen Medien und
       verunsichert die Borkumer*innen. Corinna Habben, Sprecherin der
       Fährgesellschaft AG Ems, sagt, dass es sich nur in Einzelfällen so
       abgespielt haben soll. Das Schiff habe eben schmale Wege. „Da funktioniert
       nicht immer alles sofort“, sagt sie.
       
       Nach dem sieben Wochen dauernden Lockdown war es der erste Anreisetag am
       vergangenen Montag, als etwa 550 Gäste auf die Insel übersetzten. „Es waren
       sogar weniger als 50 Prozent Auslastung auf dieser Fähre, diesen einen Tag
       sollte man uns zum Dazulernen zugestehen“, sagt Habben. Für die nächsten
       Tage und Wochen sei man besser aufgestellt, auch personell.
       
       Barbara Knels freut sich zwar auf die Gäste, die da kommen, ist aber auch
       etwas ängstlich. Sie ist in mehrfacher Hinsicht von der Coronapandemie
       betroffen: Die 59-Jährige erkrankte 2015 an Krebs und macht seitdem eine
       Immuntherapie auf dem Festland. Sie gehört damit zur Risikogruppe, falls
       sie sich mit dem Coronavirus ansteckt.
       
       Und doch bereitet sie ihre beiden Ferienwohnungen für ihre Gäste selbst
       vor. Die werden gebeten, auf Borkum mindestens sechs Nächte zu bleiben, am
       siebten Tag lässt Knels die Wohnungen einfach leer. Der Reinigungsaufwand
       ist in Zeiten von Corona zu hoch. „Ich habe aber noch nicht ganz das
       Problem gelöst, dass dann drei Wohnungseinheiten eine Haustür benutzen“,
       sagt sie. Knels lebt mit ihren Gästen in einem Haus. Es müsste also jede*r
       eigenverantwortlich gemeinsam genutzte Türklinken desinfizieren. „Ich habe
       gerade weniger Angst vor meinem Krebs als davor, das Coronavirus zu
       bekommen“, gibt sie zu.
       
       Und die Gastronomie? Auf Borkum ist so ziemlich jede*r vom Tourismus
       abhängig, auch Albian Latifi. Er führt das „Café Lokomotive“ am Bahnhof und
       hat Sorge, dass die Insel bald wieder schließen muss, wenn sich mehrere auf
       Borkum mit dem Coronavirus infizieren. Er hat sein Café auf diese neue
       Situation vorbereitet, die Tische abgemessen und Listen bereitgestellt,
       damit seine Gäste sich eintragen können, um gegebenenfalls Infektionswege
       nachzuvollziehen.
       
       Und auch Sebastian Schmidts Restaurant im Hotel „Kleine Möwe“ leidet unter
       den Schließungen der vergangenen Wochen. „Ich habe einen Mitarbeiter in
       Kurzarbeit geschickt, zwei bezahle ich noch voll“, sagt er. Ihm fehlen vor
       allem die Tagestourist*innen. Das Hotel darf erst am 25. Mai wieder für
       Gäste öffnen – wie das Restaurant natürlich nur mit halber Auslastung. „Es
       ist wie im Wintergeschäft hier, der Umsatz ist eingefallen, viele
       Veranstaltungen wie Hochzeiten konnten nicht stattfinden.“
       
       Tagesgäste, die Gastronomen wie Schmidt oder Latifi vor dem Nichtstun
       bewahren sollen, dürfen gerade auf keine ostfriesische Insel. „Ich habe
       gerade nicht viele Tischreservierungen, eine, um genau zu sein“, sagt
       Schmidt. Die vielen Tagesgäste würden die Nachverfolgbarkeit bei
       Infektionen erschweren. Diese Entscheidung trafen die Inseln selbst und
       zusätzlich zu den Verfügungen vom Land Niedersachsen. An den norddeutschen
       Küsten auf dem Festland sind Tagestourist*innen erlaubt, doch auf den
       Inseln ist das den Landkreisen zu gefährlich.
       
       Für Schmidt und seine Kolleg*innen sind das schlechte Nachrichten. Er
       verdient in der Saison das Geld für den Winter – nicht nur für sich, an
       seinem Restaurant hängen insgesamt fünf Arbeitsplätze. Was heute nicht
       gebucht oder verspeist wurde, kann nicht nachgeholt werden.
       
       „Die Insel war heute auch wieder mit unbekannten Menschen gefüllt“, sagt
       Vermieterin Knels. Wenn alles gut läuft, kann sie ihre Ferienwohnungen mit
       kleinen Lücken bis September durchgehend vermieten. Vorausgesetzt
       natürlich, dass Hygiene- und Abstandsvorgaben von allen eingehalten werden
       und niemand das Coronavirus nach Borkum schleppt.
       
       Und damit das beim Übersetzen nach Borkum möglichst nicht passiert, hat die
       Stadt Emden in Zusammenarbeit mit dem zuständigen Landkreis Leer mit einer
       Allgemeinverfügung die Regelung des Fährbetriebes festgelegt. Demnach
       werden Zu- und Abgänge auf der Fähre und die Verteilung auf dem Schiff
       kontrolliert. An Bord soll mit Videos und Durchsagen auf die
       Infektionsgefahr mit dem Coronavirus aufmerksam gemacht – und um Einhaltung
       der Hygiene- und Abstandsregeln gebeten werden.
       
       18 May 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Yasemin Fusco
       
       ## TAGS
       
   DIR Borkum
   DIR Tourismus
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Insel
   DIR Urlaub
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Einreiseverbot
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Reisewarnung für Schweden: Ballermann für den Studienrat
       
       Die Reisewarnung für Schweden bleibt vorerst in Kraft. Endlich hat das
       Getue um Outdoor-Urlaub und die richtige Funktionsjacke einen Sinn.
       
   DIR Boltenhagens Bürgermeister über Corona: „Die Hälfte hat Angst“
       
       Raphael Wardecki (Grüne) hat als Verwaltungschef eines Ostseebades viel zu
       tun: versöhnen, beruhigen und den Tourismus wieder zum Laufen bringen.
       
   DIR Corona-Reisebeschränkungen: Vatertagsverbot für die Inseln
       
       Am Montag öffnet sich Schleswig-Holstein wieder für den Tourismus. Die
       Inseln und Badeorte würden aber am liebsten Tagesausflügler fernhalten.
       
   DIR Tourismus im Norden läuft wieder an: Vor der Seebrücke wird's eng
       
       St. Peter-Ording musste wegen der Coronapandemie in den Ruhemodus schalten.
       Montag wird wieder hochgefahren. Eine Ortsbegehung.