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       # taz.de -- 50 Jahre RAF-Gründung: Erinnern statt verzweifeln
       
       > Vor 50 Jahren wurde Andreas Baader befreit. Für junge Linke spielt er
       > heute keine Rolle mehr. Die Geschichte könnte die Jungen aber einholen.
       
   IMG Bild: Who the fuck is Andreas Baader? Das Foto zeigt ihn mit Gudrun Ensslin im Gericht in Frankfurt 1968
       
       Am Donnerstag hätte in dieser Zeitung an die sogenannte Geburtsstunde der
       RAF erinnert werden können. Viele Medien im deutschsprachigen Raum griffen
       den 50. Jahrestag der Befreiung von Andreas Baader, [1][des „unumstrittenen
       Anführers“ (Tagesspiegel) der Baader-Meinhof-Gruppe,] auf – und
       ausgerechnet die taz, die doch nicht zuletzt als Reaktion auf die
       Begleitumstände des blutigen Endes der ersten RAF-Generation im „Deutschen
       Herbst“ gegründet wurde, macht sich einen schlanken Fuß?
       
       Nicht dass wir das Thema etwa verschlafen hätten: Aber mit der Prämisse,
       dass niemand mehr die nun wirklich erschöpfend ausgebreiteten
       Terroranekdoten von Menschen über 60 noch lesen mag: Die jüngeren Linken
       und Engagierten interessiert Andreas Baaders coole Autoknackerpose schlicht
       nicht.
       
       Offensichtlich werden Wrackteile dessen selbstverliebten Dandydenkens heute
       eher bei der Rechten angeschwemmt, [2][bei schreibend durchdrückenden
       Neoliberalen etwa], die in ihrem Leben allerdings nie ein größeres Risiko
       eingegangen sind als das, beim rasenden Ausleben ihrer Freiheit
       versehentlich einen Rentner zu überfahren. Aber in ihrer Perspektive wäre
       der ja eh demnächst an Covid-19 gestorben.
       
       ## Die Anti-RAF-Linke und der Staat
       
       All das lächerliche Distinktionsgehabe, die irr-egomane
       Realitätsverfehlung, die vulgär ausgestellte soziale Inkompetenz sind bei
       jungen Linken aus der Mode gekommen, haben sich jedoch problemlos in
       [3][die Niederungen rechter Blogger,] Spesenritter und
       Verschwörungstheoretiker integrieren lassen: Was die Vermutung nahelegt,
       dass die BRD-RAF von Anfang an so wenig links war wie die
       DDR-Staatssicherheit.
       
       Die etwas biedere, aber unschlagbar diverse Linke von heute, die Bäume
       besetzt und Tiere aus Todesboxen befreit; die sich identitätspolitisch
       geschult nicht mit dem Verweis auf Nebenwidersprüche abspeisen lässt, wenn
       sie hier und heute radikal Rassismus, Sexismus und die Zerstörung unser
       aller Lebensgrundlagen bekämpft – diese Anti-RAF-Linke steht allerdings vor
       einer Herausforderung:
       
       Wenn der Staat, den sie doch mit ins Boot nehmen möchte, die Nazis noch
       einmal von Leuten wie Hans-Georg Maaßen bekämpfen lässt [4][und es
       ignoriert, wenn nicht fördert, dass der Rechtsterrorismus eine Blutspur
       durchs Land zieht:] Dann könnte auch diese Linke in Verzweiflung geraten –
       und in Versuchung. Und um der zu widerstehen, wird sie sich früher oder
       später eben doch damit auseinandersetzen müssen, wie es zum 14. Mai 1970
       kommen konnte.
       
       16 May 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.tagesspiegel.de/berlin/baader-befreiung-am-14-mai-1970-die-geburtsstunde-der-raf-schlug-in-einer-berliner-villa/25826250.html
   DIR [2] /Ulf-Poschardts-Buch-Muendig/!5670943
   DIR [3] /Blogger-der-Welt-Don-Alphonso/!5641160
   DIR [4] /Ein-Jahr-Urteil-im-NSU-Prozess/!5606374
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ambros Waibel
       
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