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       # taz.de -- Mein Kriegsende 1945: „Im Versteck hieß ich Jan de Jong“
       
       > Zeitzeugen erinnern sich (Teil 14): Jan Slomp musste mit seiner Familie
       > untertauchen. Bei Kriegsende empfand er eine Freude mit dunklem Rand.
       
   IMG Bild: Jan Slomp
       
       Jan Slomp, Jahrgang 1933, war Islam-Referent des Reformierten
       Kirchenverbands PKN und ist bis heute einer der Unterstützer des
       Kindermuseums im Amsterdamer Widerstandsmuseum: 
       
       „Mein Vater war der Gründer der Landelijke Organisatie (LO) zur
       Unterstützung untergetauchter Personen. 1944 wurde er verhaftet, konnte
       aber befreit werden. Danach musste meine Familie untertauchen. Jeder von
       uns vier war an einem anderen Ort. In meinem Versteck hieß ich Jan de Jong.
       
       Die Gegend um Hardenberg nahe der deutschen Grenze, wo wir wohnten, wurde
       im April 1945 von kanadischen und polnischen Soldaten befreit. Ich war
       damals 12 Jahre alt. Am 9. April, als ich von der Befreiung erfahren hatte,
       fuhr ich gegen Mittag mit dem Fahrrad aus meinem Unterschlupf los. Ich
       holte meinen Vater ab, der nicht weit entfernt versteckt war.
       
       Zusammen fuhren wir nach Heemse, unserem Dorf. Als wir dort ankamen, wurden
       wir mit Jubel empfangen. Fahnen waren gehisst, das war in den letzten fünf
       Jahren verboten gewesen. Wir waren furchtbar froh, dass wir überlebt
       hatten.
       
       Aber die Freude hatte auch einen dunklen Rand, denn wir realisierten, wie
       viele die Befreiung nicht erleben konnten. Von den 17.000 Menschen, die zur
       LO gehörten, hatten wir 1.700 verloren. Auch in den letzten Kriegstagen
       waren noch einige Widerstandskämpfer erschossen worden. Darum waren wir
       auch traurig und geschockt.
       
       Es gab dann noch zwei Tage lang Scharmützel zwischen kanadischen Soldaten
       und Deutschen auf dem Rückzug. Viele Menschen flüchteten über den Fluss
       Vecht, auch ich war dann noch zwei Tage bei unbekannten Leuten
       untergebracht, bis am 11. April die Befreiung offiziell war. Meine Mutter
       und meine Schwester kamen mit dem Rad aus ihren Verstecken, und wir bezogen
       wieder unser Haus.
       
       Natürlich lasen wir in den Widerstandszeitungen von der Kapitulation der
       Deutschen in Wageningen. Das war am 5. Mai, dem heutigen Befreiungstag in
       den Niederlanden. Aber unsere Befreiungsfeier war eben schon im April, und
       dann natürlich am 31. August, dem ersten Koninginnedag nach dem Krieg, dem
       Geburtstag von Königin Wilhelmina. Als dann am 5. Mai 1946 zum ersten Mal
       landesweit die Befreiung gefeiert wurde, war mein Vater einer der Redner.“
       
       Aufgezeichnet von Tobias Müller 
       
       Zuletzt erschienen: 
       
       (13) [1][Helga Müller, ausgebomt] 
       
       (12) [2][Valerija Skrinjar-Tvrz, Partisanin] 
       
       (11) [3][Stanisław Zalewski, KZ-Überlebender]
       
       (10) [4][Guy Stern, US-Ermittler]
       
       10 May 2020
       
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