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       # taz.de -- Berliner Grüne tagen erstmals online: Ein Parteitag im Netz
       
       > Der Landesvorstand will den Mitgliedern an diesem Mittwochabend den Weg
       > zum Wahlprogramm vorstellen – der ist vor allem digital.
       
   IMG Bild: 2019 ging das noch: Werner Graf bei der Landesdelegiertenkonferenz der Berliner Grünen
       
       Berlin taz | Eine Woche nach dem digitalen Bundesparteitag kommt an diesem
       Mittwoch auch der Berliner Landesverband der Grünen erstmals nicht
       persönlich, sondern online zu einem kleinen Parteitag zusammen. Stimmrecht
       haben zwar nur die rund 50 Delegierten, als Teilnehmer haben sich nach
       Grünen-Angaben aber über 500 weitere Mitglieder angekündigt. Ziel soll es
       sein, den Berliner Parteimitgliedern den Programmprozess Richtung
       Abgeordnetenhauswahl im Herbst 2021 vorzustellen, kündigte der
       Landesvorstand am Vormittag in einem ebenfalls digitalen Pressegespräch an.
       Bislang hält die Parteispitze an dem Ziel fest, am 28. November die
       Spitzenkandidatur zu klären. Ob das wie geplant bei einer
       Mitgliederversammlung passieren kann, ist wegen der Corona-Einschränkungen
       unklar.
       
       Nach dem von Parteichefin Nina Stahr und ihrem Co-Vorsitzenden Werner Graf
       heute (6. Mai) skizzierten Weg können sich die Mitglieder bis zum 31. Juli
       mit Ideen und Anregungen am Prozess für das Wahlprogramm beteiligen.
       Vorschlagsberechtigt sollen die Kreisverbände, die
       Landesarbeitsgemeinschaften und Gruppen ab 20 Mitgliedern sein. Das
       beschlossene Wahlprogramm wollen die Grünen Anfang 2021 nach außen tragen.
       Die Liste mit allen Kandidatinnen und Kandidaten für die
       Abgeordnetenhauswahl soll der Landesverband Mitte April beschließen.
       
       Parteichef Graf geht davon aus, dass die Wahl zum Berliner Landesparlament
       parallel zur Bundestagswahl stattfinden wird, entweder am 19. oder 26.
       September. Es gebe noch keine Entscheidung dazu, „aber aus grüner Sicht
       führt da kein Weg dran vorbei“, sagte Graf.
       
       Über das Wahlziel hielt sich der Landesvorstand bedeckt. Grafs Co-Chefin
       Stahr formulierte zwar: „Wir sind nicht mehr die kleine Partei, die wir mal
       waren, wir sind nicht mehr ein Anhängsel.“ Doch als Ziel gab sie lediglich
       aus, man habe vor „ein relevanter Player zu sein“. Von ausdrücklicher
       Ablösung der SPD im Roten Rathaus und Übernahme des dortigen Top-Jobs war
       in dem Pressegespräch nichts zu hören.
       
       ## „Wir haben Spitzenfrauen“
       
       Stahrs Wort von der nicht mehr kleinen Partei ist wörtlich zu nehmen: Seit
       ihrem Start als Regierungspartner in der rot-rot-grünen Koalition im
       Dezember 2016 hat sich die Zahl der Berliner Grünen-Mitglieder von rund
       5.000 auf aktuelle 9.750 fast verdoppelt. Damit liegt die Partei nicht mehr
       weit hinter der CDU (rund 12.000 Mitglieder). Zahlenmäßig stärkste Partei
       bleibt die SPD mit rund 16.000 Genossen.
       
       Auch bei der Spitzenkandidatur mochte sich die grüne Doppelspitze nicht
       festlegen. „Bei uns hat das Programm immer Vorrang vor dem Personal“, sagte
       Stahr. Einzig klar scheint: Ein Mann wird die Grünen auf keinen Fall als
       Nummer 1 der Grünen-Kandidatenliste in die Wahl führen. „Wir haben
       Spitzenfrauen, die diesen Job sehr gut machen können“, sagte Stahr. Die
       Namen der bereits in ungezählten Medienberichten und internen
       Parteidiskussionen als einzige Kandidatinnen dafür gehandelten
       Wirtschaftssenatorin Ramona Pop und Fraktionschefin Antje Kapek fielen
       nicht.
       
       Einer in der jüngsten Wahlumfrage plötzlich wegen abrupter Veränderungen in
       der Corona-Krise möglich erscheinenden Koalition mit der CDU erteilten die
       Parteichef keine klare Absage. Sie lobten aber die Arbeit der aktuellen
       rot-rot-grünen Koalition. „Es ist jetzt nicht die Zeit für
       Koalitionsdiskussionen“, sagte die dem Realo-Flügel der Partei zugeordnete
       Stahr, „die führen wir am Wahlabend“. Man „Wir müssen einiges ändern“habe
       gerade eine gute Koalition, „wir haben gerade keinen Grund, das in Frage zu
       stellen.“ Co-Chef Graf, bei den Partei-Linken zuhause, sagte, man habe eine
       tolle Koalition. Auch er fügte aber hinzu: „Wir sehen gerade nicht die
       Notwendigkeit, etwas auszuschließen.“
       
       6 May 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Alberti
       
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