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       # taz.de -- Zweiradverbot in Autokinos: Wenn ich groß bin, werd ich Auto
       
       > Die Autokinos boomen, aber warum sind dort eigentlich keine Zweiräder
       > erlaubt? Ein gescheiterter Selbstversuch in Aachen.
       
   IMG Bild: In Coronazeiten feiern viele Autokinos ein Revival – Fahrradfahrer haben jedoch nichts zu lachen
       
       Wir möchten mit dem Fahrrad ins Autokino, Klappstuhl vielleicht dabei und
       ein Fläschlein Bier. In cineastischer Düsternis einen tollen Film genießen
       und gleichzeitig den Autolenkern zeigen: Schaut mal, selbst für ein
       Autokino braucht man kein Auto.
       
       Denn warum sind die derzeit [1][boomenden Open-Air-Kinos] exklusiv für
       Blechkisten? Das ist Ex- statt Inklusion, ein Votum gegen die
       Verkehrswende. Die [2][Website des Wuppertaler Veranstalters] Cineplex
       Deutschland schließt Zweiräder sogar ausdrücklich aus. Warum, etwa auf dem
       riesigen Bendplatz [3][in Aachen]? Antwort per Mail: Das sei „eine Auflage
       des Ordnungsamtes und Bestandteil der Baugenehmigung“.
       
       Unfug, sagt die Pressestelle der Stadt. Der Kinobetreiber habe „explizit um
       eine Erlaubnis gebeten, ein Autokino zu betreiben“. Von anderen Fahrzeugen
       sei keine Rede gewesen. Deshalb habe „das Ordnungsamt darüber nicht
       befunden“. Maßgebend ist die NRW-Coronaschutzverordnung.
       
       Da waren am 17. April plötzlich Freiluftkinos aufgetaucht – direkt hinter
       dem Betriebsverbot von „Prostitutionsstätten, Bordellen und ähnlichen
       Einrichtungen“ stand da: „Autokinos dürfen betrieben werden, wenn
       sichergestellt ist, dass die Besucher bei geschlossenen Fenstern,
       Sonnendächern, Verdecken usw. in ihren Autos verbleiben …“
       
       ## Kein Grund gegen Fahrradbesuche
       
       Nun steht aber auf der Cineplex-Website: „Autoscheiben dürfen ein paar
       Zentimeter geöffnet werden.“ Eine eigenmächtige Änderung, sinnvoll
       allerdings: Erstickungstod als Coronaschutz ist schließlich auch keine
       Lösung. Cineplex verweigert eine Erklärung. Das zuständige
       NRW-Gesundheitsamt bestätigt, der Autokino-Passus sei auf Begehr eines
       Betreibers entstanden.
       
       „Ja, das hat sich wohl kaum ein Ministerium ausgedacht“, sagt eine
       Sprecherin. Sie wüsste aus Schutzgründen auch keinen Grund gegen
       Fahrradbesuche – genug Abstand zum Nachbarn ist ja vorgeschrieben.
       
       Dann, am 11. Mai, die neueste Fassung der Lex Cinemalis Brummbrumm:
       Autokinos haben die Geschwister „Autotheater usw.“ bekommen, sind aus dem
       Puffumfeld in den Sektor Kultur verzogen. Das ist schön. Scheiben sind
       jetzt plötzlich egal, aber es bleibt bei geschlossenen Verdecken.
       Regenschirm übers Rad halten?
       
       Eine Alternative wäre Berlin. Im Stadtteil Neukölln entsteht gerade ein
       Freiluftkino, zugucken darf man „auch vom Fahrrad oder Skateboard aus“. Im
       Juni geht es los. Da müssen wir aus Aachen bald schon losradeln.
       
       15 May 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Rueckkehr-des-Autokinos-wegen-Corona/!5678237
   DIR [2] https://www.cineplex.de/
   DIR [3] /Geschlossene-Grenzen-in-Deutschland/!5673576
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernd Müllender
       
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