URI: 
       # taz.de -- Berliner Senat lockert Corona-Auflagen: Nachbessern am Notfallplan
       
       > Senat hält Corona-Bremse für zu schwach und will Dienstag eigene Regeln
       > diskutieren. Bäder-Öffnung nur, „wenn Infektionsschutz ernst genommen
       > wird“.
       
   IMG Bild: „Hello again“ – Senatorin Ramona Pop kündigte gleich in zwei Pressekonferenzen Lockerungen an
       
       Berlin taz | Der rot-rot-grüne Senat steht zwar zu den zahlreichen mit den
       anderen Bundesländern und der Kanzlerin vereinbarten Lockerungen und hat am
       Mittwoch und Donnerstag auch eigene Neuerungen vereinbart. Die bundesweit
       festgelegt Fallzahl für eine Corona-Bremse, die Lockerungen rückgängig
       macht, scheint der Landesregierung aber zu hoch: 50 Neuinfektionen auf
       100.000 Einwohner binnen sieben Tagen würden in Berlin 1.800 Fälle
       bedeuten.
       
       „Selbst in den stärksten Wochen hatten wir nur rund 1.300 Fälle“, sagte
       Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) am Donnerstagabend nach einer
       weiteren Senatssitzung. Sei das die Messlatte, hätte es in Berlin nie einen
       Shut-down gegeben. Dienstag will der Senat darum eigene Indikatoren
       diskutieren, um frühzeitig ein Corona-Neuaufflackern stoppen zu können.
       
       „Hello again“, begrüßte Pop die Journalisten nach der Senatssitzung im
       Roten Rathaus mit einem Zitat von Schlagersänger Howard Carpendale – sie
       ist das einzige Regierungsmitglied, das schon am Vorabend an gleicher
       Stelle im Saal 338 über Senatsbeschlüsse informierte. Mittwoch saßen
       Regierungschef Michael Müller (SPD) und Kultursenator Klaus Lederer
       (Linkspartei) neben ier, heute nimmt da Innen- und Sportsenator Andreas
       Geisel (SPD) Platz.
       
       Souverän berichtet Pop über die Neuerungen – viele sehen in ihr eine
       mögliche Nachfolgerin von Müller nach der Abgeordnetenhauswahl 2021. Was
       allerdings überraschenderweise kein Thema war, als am Vorabend parallel zur
       Pressekonferenz ihr [1][grüner Landesverband zum ersten digitalen
       Landesparteitag] zusammen kam, wo es um das Programm für eben jene Wahl
       ging.
       
       ## Demos mit bis zu 100 Personen
       
       [2][Die entscheidenden Neuerungen], die Pop mit Geisel vorstellte: Ab
       Samstag sind Treffen von Mitgliedern zweier Haushalte möglich, und zwar
       nicht bloß draußen oder in Restaurants, sondern auch zuhause, wie Geisel
       auf Nachfrage ausdrücklich bestätigte. Und ab dem 25. Mai dürfen bis zu 100
       Personen wieder zusammen demonstrieren – bisher sind bloß „ortsfeste“
       Versammlungen mit weniger Teilnehmern erlaubt. Schon eine Woche vorher, ab
       dem 18. Mai, dürfen bis zu 50 Menschen in geschlossenen Räumen zusammen
       kommen, „analog zu den Regeln für Gottesdienste“, sagte Geisel.
       
       Er kündigte als Sportsenator zudem an, dass ab dem 15. Mai Vereine in
       Gruppen von bis zu acht Leuten inklusive Trainer zusammen kontaktlosen
       Sport treiben dürfen. Ab dem 25. Mai soll es auch wieder Wettkämpfe in
       Sportarten wie Tennis oder Leichtathletik geben dürfen. Zudem fahre das
       Land den Kita-Betrieb wieder auf bis zu 70 Prozent hoch.
       
       ## Schankwirtschaften bleiben dicht
       
       Bereits am Mittwoch hatte der Senat den Restaurantbetrieb ab dem 15. Mai
       von 6 bis 22 Uhr frei gegeben und ab dem 25. Mai auch wieder Übernachtungen
       in Hotels und ähnlichen Betrieben erlaubt. Kneipen, offiziell
       „Schankwirtschaften“, bleiben wie Clubs dicht. Hier sieht der Senat weiter
       ein zu großes Infektionsrisiko – „überall dort, wo Alkohol in höherem Maße
       fließt, rücken sich die Menschen auf die Pelle“, sagte Pop.
       
       Bei der gleichfalls schon am Mittwoch verabredeten Öffnung von Strand- und
       Freibäder betonte Geisel, dass die ab dem 25. Mai öffnen „können“ und ließ
       offen, ob und wo das tatsächlich passiert. „Es gibt Freibäder wie das in
       Pankow, wo es regelmäßig Auseinandersetzungen gab und die Polizei kommen
       musste“, sagte Geisel. Auch im Prinzenbad in Kreuzberg habe es
       Auseinandersetzungen gegeben – „das muss antizipiert werden. Jedes Bad
       müsse nachweisen, „dass der Infektionsschutz ernst genommen wird“.
       
       Geisel kam nochmals auf die Corona-Bremse zu sprechen – jenen Grenzwert, ab
       dem Lockerungen nach automatisch wieder zurückzufahren sind, wenn es in
       einer Stadt oder einem Landkreis auf 100.000 Einwohner binnen einer Woche
       50 Neuinfektionen gibt. Weil das Robert-Koch-Institut in seiner Statistik
       die Berliner Bezirke mit ihren über eine Viertelmillion Einwohnern jeweils
       als [3][„kreisfreie Stadt“] einordnet, war die Frage aufgekommen, ob
       einzelne Bezirke abgeschottet werden könnten. „Es sind lokale
       Entscheidungen der Gesundheitsbehörden denkbar – die Frage ist aber, ob die
       sinnvoll sind“, sagte Geisel und machte klar: „Wenn Dinge zurückgenommen
       werden müssen, dann wird das flächendeckend für Berlin sein müssen.“ Man
       werde nicht erst eingreifen, wenn hochgerechnet auf die ganze Stadt 1.800
       neue Fälle auftreten – „wir können nicht so lange warten“.
       
       ## „Morgen Abend nicht wieder hier?“
       
       Nach knapp einer Stunde sind alle Fragen beantwortet – jedenfalls bei den
       Journalisten in Saal 338 des Roten Rathauses. Vor allem Pop scheint trotz
       der zweiten mehrstündigen Senatssitzung binnen 24 Stunden und zweier
       Pressekonferenzen eher Lust auf mehr zu haben. Als Senatssprecherin Melanie
       Reinsch zum Abschied allen für Freitag einen schönen Feiertag wünscht,
       fragt die Grünen-Senatorin lächelnd: „Morgen Abend nicht wieder hier?“
       
       7 May 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Parteitreffen-im-Netz/!5683507/
   DIR [2] https://www.berlin.de/rbmskzl/aktuelles/pressemitteilungen/2020/pressemitteilung.929939.php
   DIR [3] https://experience.arcgis.com/experience/478220a4c454480e823b17327b2bf1d4/page/page_1/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Alberti
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Ramona Pop
   DIR Andreas Geisel
   DIR Lesestück Interview
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Berlins Badesaison beginnt: „Wir nennen das betreutes Essen“
       
       „Daggi“ Keuenhof und „Matze“ Kutscha sind mit ihrer Cafeteria das Herz des
       Prinzenbads. Am Montag geht die Badesaison los – unter Corona-Bedingungen.
       
   DIR Berliner Senat will mehr Corona-Tests: Ein bisschen mehr austesten
       
       Die rot-rot-grüne Landesregierung beschließt ein neues Testkonzept und
       stellt weitere Lockerungen in Aussicht. Corona-Ampel bleibt im grünen
       Bereich​.
       
   DIR Gottesdienste in Corona-Zeiten: Wärter an der Himmelspforte
       
       Wer den katholischen Gottesdienst in Berlin besuchen will, muss an einem
       Türsteher vorbei. Unser Autor ist einer von ihnen.
       
   DIR Senat beschließt strengere Corona-Ampel: Es kommt auf jeden an – auf jeden!
       
       Ohne striktes Regel-Einhalten sind die ersten Lockerungen wieder passé und
       neue weit weg – die Ampel wird zeigen, ob Berlin auch Disziplin kann.
       
   DIR Berliner Landesregierung bessert nach: Senat beschließt Corona-Ampel
       
       Strengeres Warnsystem ersetzt in Berlin die bundesweite Grenze. Dringender
       Appell von Regierungschef Müller (SPD), die Anti-Corona-Regeln einzuhalten.
       
   DIR Bündnis kritisiert Kita-Notbetreuung: „Alle Eltern brauchen Perspektive“
       
       Die Ausweitung der Kitanotbetreuung in Berlin läuft an den Bedürfnissen der
       Eltern vorbei, kritisiert Corinna Balkow vom Landeselternauschuss Kita.
       
   DIR Berliner Kneipen in Zeiten von Corona: „Wir haben die Arschkarte“
       
       Speiselokale dürfen ab dem 15. Mai öffnen, Kneipen und Shishabars nicht.
       Heiner Klinger, Wirt der Szenekneipe Slumberland, fordert Gleichbehandlung.
       
   DIR Corona-Einschränkungen in Berlin: Die nächste Lockerungsübung
       
       Der Lockdown fiel in Berlin sanfter aus als im Rest der Republik. Trotzdem
       wirkte er. Das macht Hoffnung für die nächsten Wochen.
       
   DIR Berliner Senat lockert Auflagen: Badbesuch ist nicht systemrelevant
       
       Die Landesregierung denkt daran, die Freibäder zu öffnen. Das setzt den
       puren Spaßfaktor über den Schutz vor Ansteckung – und ist keine gute Idee.
       
   DIR Berliner Senat debattiert Lockerungen: Müller drängt auf Gemeinsamkeit
       
       Vor dem Treffen der Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin mahnt Berlins
       Regierungschef seine Chef-Kollegen.
       
   DIR Abgeordnetenhaus debattiert zu Corona: Gastronomie darf hoffen
       
       Die Opposition drängt, Beschränkungen zurückzufahren. Nach Merkel-Schalte
       spricht Berliner Regierungschef von Fahrplan für Restaurants ab 6. Mai.