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       # taz.de -- Schrittweise Lockerung in Spanien: Madrid weiter im Alarmzustand
       
       > Bis Ende Juni will Spanien mit einem „Deeskalationsplan“ zur Normalität
       > zurückkehren. In der Hauptstadt herrscht indes immer noch eine
       > Ausgehsperre.
       
   IMG Bild: Dürfen leider weiterhin nur höchstens eine Stunde pro Tag an die frische Luft: Einwohner von Madrid
       
       Madrid taz | Spanien geht einen weiteren Schritt in Richtung „neuer
       Normalität“: Gebiete, in denen 51 Prozent der Bevölkerung leben, werden ab
       Montag in die erste von insgesamt vier Phasen des sogenannten
       „Deeskalationsplans“ eintreten. Das gab der sozialistische
       Gesundheitsminister Salvador Illa am Freitagabend nach langen Gesprächen
       mit den Regionalregierungen bekannt.
       
       Elf von insgesamt 17 autonomen Regionen kommen in die erste Phase des
       Plans, darunter das Baskenland, die Balearen und die Kanaren. In anderen
       Regionen wie etwa Katalonien oder Valencia sind Lockerungen nur in wenigen
       Gebieten erlaubt. In ganz Spanien gilt seit dem 15. März und noch
       mindestens bis zum 23. Mai der sogenannte Alarmzustand. Eine strikte
       Ausgehsperre ist in Kraft.
       
       Die Menschen in den Regionen der ersten Phase dürfen sich wieder mit bis zu
       zehn Personen treffen. Gartenkneipen dürfen öffnen, wenn auch nur 50
       Prozent ihrer Fläche. Geschäfte mit bis zu 400 Quadratmetern können Kunden
       unter strikten Sicherheits- und Hygienebestimmungen empfangen. Auch Museen
       dürfen für eine beschränkte Besucherzahl öffnen, das Gleiche gilt für
       Kulturveranstaltungen. Gottesdienste finden bei höchstens einem Drittel der
       Kapazitäten statt.
       
       Die erste Phase soll, wie alle folgenden auch, mindestens zwei Wochen bis
       zum 25. Mai dauern. Sobald alle Provinzen in der vierten Phase angekommen
       sind, soll es wieder Bewegungsfreiheit im ganzen Land geben – Ende Juni,
       wenn alles gutgeht.
       
       ## In Madrid erstmal keine Lockerungen
       
       Der Entscheidung des Expertenstabes unter Gesundheitsminister Illa liegen
       neben den Neuinfektionen und Todesfällen auch das jeweilige regionale
       Gesundheitssystem zugrunde. Nur die Provinzen, die genügend
       Krankenhausbetten und ausreichend Intensivbehandlungsplätze vorweisen,
       haben Anspruch auf weitere Öffnungen.
       
       Dort, wo die restlichen 49 Prozent der Spanier leben, gibt es
       Gesundheitsminister Illa zufolge erst einmal keine Lockerungen für
       mindestens eine weitere Woche. Eine der wenigen Erleichterungen sind dort
       seit [1][Anfang Mai ein einstündiger Spaziergang pro Tag] und Sport an der
       frischen Luft. Das betrifft die Provinzen Granada und Málaga im Süden,
       Toledo, Ciudad Real und Albacete im Zentrum des Landes sowie weite Teile
       der Mittelmeerregion um Valencia.
       
       Die Regionalregierungen der Regionen Castilla y León und Katalonien haben
       von vornherein nur für wenige ländliche Gebiete den Antrag auf die erste
       Lockerungsphase gestellt. Madrid ist die von der Pandemie am schwersten
       getroffene Region des Landes. Bis Samstag waren knapp 65.000
       Infektionsfälle und rund 8.600 Tote gezählt worden.
       
       Die Regierungskoalition [2][der Region Madrid] aus der konservativen
       Partido Popular (PP) und rechtsliberalen Ciudadanos (Cs) zeigte sich nicht
       so einsichtig. Regierungschefin Isabel Díaz Ayuso wollte die
       Hauptstadtregion, in der allein ein Drittel aller Infektionen,
       Intensivbehandlungen und Todesfälle in Spanien auftraten, um jeden Preis in
       die erste Phase hieven und damit Lockerungen erwirken.
       
       ## Epidemiologin warnte vor Lockerungen und trat zurück
       
       Dabei warnte die Direktorin des regionalen öffentlichen Gesundheitssystems,
       die Epidemiologin Yolanda Fuentes, davor. Es fehle an Ressourcen und
       Personal in der medizinischen Grundversorgung, steht in Fuentes 28-seitigem
       Bericht, der Pressevertretern vorliegt. „Es werden mehr Intensivpatienten
       eingeliefert als es Plätze gibt.“
       
       Fuentes weigerte sich daraufhin, den Antrag auf die erste Phase zu
       unterschreiben und trat stattdessen von ihrem Amt zurück. Regierungschefin
       Díaz Ayuso schickte daraufhin den Antrag und die Eckdaten ohne Unterschrift
       ans Gesundheitsministerium. Auf die Gefahr einer möglichen Zunahme der
       Neuinfektionen nach einer übereilten Öffnung angesprochen, antwortete Díaz
       Ayuso: „Jeden Tag werden Menschen angefahren, ohne dass deshalb die Autos
       verboten werden.“
       
       9 May 2020
       
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