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       # taz.de -- Kalihalde bei Celle: Außen grün, innen gefährlich
       
       > Um die Abdeckung der Kalihalde Wathlingen gibt es schon länger Konflikte.
       > Jetzt befürchten Anwohner, dass K+S in der Coronakrise Fakten schafft.
       
   IMG Bild: Nicht immer leuchtet die Kalihalde im postkartentauglichen Weiß
       
       Celle taz | „Unser schöner Landkreis verkommt zu einer Salzkloake“, sagt
       Gerald Sommer. Der Grünen-Abgeordnete im Celler Kreistag kämpft seit
       Jahrzehnten gegen das, was der Kalibergbau hier hinterlassen hat. Und das
       ist – neben den unterirdischen Schächten – vor allem der beeindruckende
       Kaliberg in der Nähe der Gemeinde Wathlingen.
       
       Es ist nicht die einzige Kalihalde in Niedersachsen. Auch in der Region
       Hannover stehen fünf davon, [1][in der Nähe von Hildesheim eine weitere.]
       Und schon lange gibt es Streit darum, wie mit diesen weißen Bergen
       umzugehen ist. Umweltschützer befürchten eine Versalzung des Grundwassers.
       
       Der jüngste Plan ist, sie mit Bauschutt oder anderem Material aufzuschütten
       und zu begrünen. So sieht es der Abfallwirtschaftsplan des Landes vor,
       gegen den es schon im vergangenen Jahr Protest gab. Im Februar hat der
       Landtag aber noch einmal mit großer Mehrheit dafür gestimmt, diese Projekte
       fortzuführen. Sie durchlaufen zum größten Teil noch die notwendigen
       Genehmigungsverfahren vor Ort.
       
       So auch in Wathlingen bei Celle. Hier läuft das Planfeststellungsverfahren,
       insbesondere die wasserrechtliche Erlaubnis fehlt noch. Die muss das
       Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) erteilen, im
       Einvernehmen mit dem Landkreis. Und damit hier nicht die Verwaltung ganz
       allein entscheidet, hat der Landkreis schon einmal einen Vorbehalt
       beschlossen – die Kommunalpolitiker möchten zumindest ein Wörtchen
       mitreden.
       
       ## Der Recyclingplatz ist schon genehmigt
       
       Eigentlich hätte das Vorhaben nun schon im März auf der Tagesordnung stehen
       sollen, aber diese Sitzung fiel coronabedingt aus. Die nächste ist erst im
       Juni und die Anwohner und Umweltschützer, die hier in einer
       Bürgerinitiative engagiert sind, befürchten, dass bis dahin längst Fakten
       geschaffen wurden – und sie nicht einmal wirkungsvoll protestieren können.
       
       Schon im letzten Sommer hat sich der Bergbaukonzern K+S nämlich einen
       riesigen Recyclingplatz neben der Halde genehmigen lassen, auf dem der
       Bauschutt angeliefert und aufbereitet werden soll.
       
       Gleichzeitig treibt K+S die Flutung des Schachtes bei Wathlingen weiter
       voran. Erst am vergangenen Montag wurden die überraschten Bürgermeister der
       drei anliegenden Gemeinden von Konzernvertretern darüber informiert,
       [2][dass K+S ab Januar hier Salzwässer aus Sehnde und Lehrte einleiten
       wird.] Die werden per LKW gebracht. Mit rund 80 Fahrten pro Tag ist zu
       rechnen. Bis zu 160.000 Kubikmeter pro Jahr sollen auf diese Art und Weise
       bis 2050/2060 entsorgt werden.
       
       Die Bürgerinitiative Umwelt Wathlingen (BIUW) ärgert sich nicht nur über
       die zu erwartende Verkehrsbelastung, denn zu den 80 LKW mit Salzwasser
       kommen auch noch die Abfalltransporte mit dem Bauschutt – sie bezweifelt
       auch den Sinn des Vorhabens insgesamt. Und damit ist sie nicht allein. Auch
       an anderen Kalihalden-Standorten haben sich Proteste formiert.
       
       Der BUND sammelt schon seit Jahren Hinweise darauf, dass die Salzabgabe aus
       den Halden an das Grundwasser nicht so gering ist, wie K+S behauptet. Er
       verweist auf ähnliche Fälle im Elsass und in Baden, wo man angefangen habe,
       die Halden abzubauen und wieder unter Tage zu verfüllen, um die Versalzung
       des Grundwassers und der Flüsse zu minimieren. Auch Gutachten an
       verschiedenen Standorten in Niedersachsen deuten auf eine Versalzung hin.
       
       Das Verbringen unter Tage wäre auch eine Lösung, mit der die
       Bürgerinitiative in Wathlingen liebäugeln würde, aber das geht natürlich
       nicht, wenn der Schacht schon mit Salzwässern aus anderen stillgelegten
       Kalibergwerken gefüllt ist.
       
       Daran, dass eine Hülle aus Bauschutt und Oberflächenbegrünung den
       Salzaustrag aus der Halde wirkungsvoll verhindere, hat man hier ebenfalls
       erhebliche Zweifel. „Dazu kommt, dass ein weiteres Einsinken der Halde
       durch das aufgebrachte Gewicht sie noch einmal näher ans Grundwasser
       bringt“, sagt Holger Müller von der Bürgerinitiative Umwelt Wathlingen
       (BIUW). Er fragt sich außerdem, ob die hier deponierten Baustoffe dann auch
       immer so harmlos sind, wie das Umweltministerium gern behauptet.
       
       Aus Sicht von Umweltminister Olaf Lies (SPD) hat das Projekt den Charme,
       hier zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: Die Abdeckung der Halde und
       die Verwertung mineralischer Abfälle. Für K+S wiederum ist das
       wirtschaftlich natürlich lohnender als den Abraum beseitigen zu müssen,
       weil mit der Abfallverwertung Geld eingenommen wird.
       
       Das Unternehmen hat eine lange Erfahrung damit, Proteste auszusitzen:
       [3][Der Widerstand gegen die Salzwassereinleitungen in Werre und Weser]
       inklusive Gerichtsverfahren begleiten den Konzern auch schon seit dreizehn
       Jahren.
       
       22 May 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Hoechster-Segen-fuer-Kalibergbau/!5546950&s=Versalzung/
   DIR [2] /Entsorgung-von-Abfalllauge/!5660879&s=K+S/
   DIR [3] /Kali-Abbau-in-Hessen-und-Thueringen/!5502919&s=Versalzung/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Nadine Conti
       
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