# taz.de -- Die Wahrheit: Die Rache der fiesen Waschbären
> Die Welt der Wissenschaft gebiert Monster, oder auch irische Virologen
> können sich irren. Rocky Racoon aber sollte besser weiter schlafen.
IMG Bild: Nach der Wahl ist vor dem Pub: Ab Montag dürfen in Irland wieder Bars und Restaurants öffnen
Seit Corona regiert die Welt der Wissenschaft. Es vergeht kein Tag, an dem
sich nicht irgendein Experte zu Wort meldet und eine Theorie verbreitet.
Schließlich geht es auch um Renommee und Forschungsgelder. Seit dem
Rinderwahnsinn weiß ich, dass man stets herausfinden muss, wer die
angebliche Koryphäe bezahlt, bevor man deren Äußerungen ernst nimmt. Damals
telefonierte ich mit einem BSE-Experten, der mich irrtümlich für einen
Mitarbeiter des Landwirtschaftsministeriums hielt und mir erklärte, welche
Lügen man den Medien auftischen und welche Fakten man verschweigen sollte.
Bei Corona ist es nicht viel anders. So hat der umstrittene irische
Virologe Professor Paddy O’Looney eine Theorie aufgestellt, die für
Aufsehen sorgt.
Er behauptet, das Coronavirus sei keineswegs von einer Fledermaus auf dem
Viehmarkt in Wuhan über einen Zwischenwirt auf den Menschen übergesprungen,
sondern sei absichtlich und gezielt von Waschbären übertragen worden – und
zwar aus Rache: „Auf dem Markt in Wuhan wurden nicht nur Hunde,
Eichhörnchen, Fledermäuse und Schlangen verkauft, sondern auch Waschbären“,
sagt O’Looney. „Das beweisen Fotos, die uns aus China zugespielt wurden.
Die Händler versenden ihre illegale Ware sogar per Post.“
O’Looney und seinem Team vom Fanore Institute of Virology im Westen Irlands
ist es gelungen, einen Waschbären aus Wuhan per Mailorder zu kaufen. Dessen
Untersuchung hat ergeben, dass das Tier mit Sars-CoV-2 infiziert war.
O’Looney wies darauf hin, dass „Corona“ das Anagramm von „Racoon“ sei –
Waschbär! „Der Procyon lotor, wie er wissenschaftlich heißt, wolle die
Menschheit in Waschbären verwandeln, sagt O’Looney, und mit dem Coronavirus
sei ihm der erste Schritt dazu bereits gelungen.
## You give me fever
„Racoon“ gehe auf ein Wort in der Sprache der Algonkin zurück, das von
Häuptling Powhatan und seiner Tochter Pocahontas im 17. Jahrhundert
ahrah-koon-em ausgesprochen wurde und „der mit seinen Händen reibt,
schrubbt und kratzt“ bedeutet. Seit Corona reiben und schrubben sich die
Menschen nun ständig die Hände, und sie tragen Masken – wie der Waschbär
mit seiner charakteristischen schwarzen Gesichtsmaske.
Darüber hinaus hat das Waschbärvirus dafür gesorgt, dass der Autoverkehr
auf der grünen Insel und überhaupt nahezu still steht. In Gebieten mit viel
Straßenverkehr sind Autos nämlich für fast 90 Prozent aller Todesfälle
erwachsener Waschbären verantwortlich. Da ist Rache natürlich süß.
O’Looney glaubt, dass die Zahl der Coronafälle erst im Winter zurückgehen
werde. „In den Bereichen seines Verbreitungsgebiets hält der Waschbär eine
Winterruhe, während der er seine Aktivitäten stark reduziert“, sagt der
Virologe und warnt vor den Folgen des Klimawandels: „Der milde Winter hat
dazu geführt, dass der Waschbär auf seine Winterruhe verzichtet hat und
stattdessen in Wuhan aktiv geworden ist. Noch ein milder Winter könnte zu
einer verheerenden Ausbreitung der Epidemie führen.“ Möge es also kalt
genug werden.
18 May 2020
## AUTOREN
DIR Ralf Sotscheck
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