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       # taz.de -- Aktivistin stirbt an Covid-19: Die Sprecherin der Ärmsten
       
       > Sie hatte immer wieder vor den Gefahren der Pandemie für die Armenviertel
       > von Buenos Aires gewarnt. Nun ist Ramona Medina selbst daran gestorben.
       
   IMG Bild: Mit großer Familie auf engstem Raum: Ramona Medina (vorn) in der Villa 31 in Buenos Aires
       
       BUENOS AIRES taz | Ramona Medina ist tot. Vor wenigen Tagen war sie in ein
       Krankenhaus in Buenos Aires eingeliefert worden, nachdem bei ihr Covid-19
       diagnostiziert wurde.
       
       Die 42-Jährige lebte im Barrio Padre Mugica (Villa 31), einem Armenviertel
       in der Hauptstadt mit rund 50.000 Bewohner*innen. Dort arbeitete sie im
       [1][Gesundheitshaus für Frauen] und war Sprecherin von La Garganta
       Poderosa, einer Basisorganisation, die in den villas für die Rechte der
       Stadtbewohner*innen eintritt. Am Sonntagmorgen meldete La Garganta Poderosa
       ihren Tod.
       
       Als wegen des Coronavirus gründliches Händewaschen das große Thema war und
       die Regierung von Buenos Aires versicherte, alle in der Stadt hätten Zugang
       zu Wasser, widersprach Ramona Medina und verglich [2][das Leben unter
       Quarantäne] in den Mittel- und Oberschichtsvierteln mit dem in den
       Armensiedlungen.
       
       Den Wasserhahn aufdrehend, erklärte sie am 3. Mai in einem Video, dass ihre
       achtköpfige Familie und viele andere Familien im Viertel trotz zahlreicher
       Beschwerden bei den Stadtwerken bereits seit acht Tagen kein Wasser hätten.
       Mit angstvoller Stimme warnte sie vor der großen Ansteckungsgefahr für die
       Bewohner*innen, die in den villas auf engstem Raum zusammenleben. Medinas
       Video lief auf allen Kanälen.
       
       ## Villas werden zu Corona-Hotspots
       
       Rund 400.000 Menschen leben im Stadtgebiet von Buenos Aires in villas. Noch
       immer sind die Armenviertel meist nur mit Nummern versehen und einige
       inzwischen zusammengewachsen, wie die Villa 1-11-14. Gegenwärtig sind sie
       dabei, die Corona-Hotspots Argentiniens zu werden.
       
       Die Versorgung mit Strom, Wasser sowie die Anschlüsse an die
       Abwasserkanalisation sind ein Dauerproblem. Angesichts der Pandemie hatte
       die Justiz vor zwei Wochen die Misere offiziell anerkannt und die Stadt
       dazu verpflichtet, innerhalb von fünf Tagen einen Plan für eine
       ausreichende Wasserversorgung vorzulegen. Jeder Person in einer villa mit
       über 10.000 Bewohner*innen stehe der tägliche Zugang zu mindestens 150
       Liter Wasser zu, urteilte das Verwaltungsgericht. Doch anstatt einen Plan
       vorzulegen, legte die Stadtregierung Berufung ein.
       
       Am 21. April wurde die erste Corona-Infektion im Barrio Padre Mugica (Villa
       31) bestätigt. Inzwischen sind es 851. Rund zwei Drittel der Neuinfektionen
       in der Stadt werden aus den villas gemeldet.
       
       Als Diabetikerin gehörte Medina [3][zur Risikogruppe.] „Ramona hat ihnen in
       der Vergangenheit alles gesagt, alles, was sie nicht hören wollten (…),
       auch nicht, als sie das Viertel 12 Tage lang ohne Wasser ließen, als sie
       verzweifelt rief, dass sie mit sieben gefährdeten Personen auf engstem Raum
       zusammenleben muss“, schrieb La Garganta Poderosa.
       
       Mit einem Testprogramm, bei dem die Tester*innen von Haus zu Haus ziehen,
       versucht die Stadtregierung Infizierte zu finden und zu isolieren. Doch
       allein die Tatsache, dass am Wochenende nicht getestet wurde, belegt die
       Augenwischerei der Maßnahmen. Als ob das Virus ins Wochenende fahre, so ein
       Barrio-Bewohner im Fernsehen.
       
       19 May 2020
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Jürgen Vogt
       
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