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       # taz.de -- Ungarns Transitknäste: Essen als Waffe
       
       > Wer Flüchtlingen fundamentale Rechte vorenthält, hat in der EU oft erst
       > einmal freie Hand. Das muss sich ändern.
       
   IMG Bild: Überwachungskameras und Stacheldraht im Lager an der serbisch-ungarischen Grenze
       
       Viel tiefer kann man kaum sinken: Menschen, die alles verloren haben, nicht
       nur einzusperren, sondern ihnen auch noch die Nahrung zu verweigern.
       [1][Viktor Orbán] aber schien das ein probates politisches Programm zu
       sein. Seine 2015 eingerichteten sogenannten Transitzonen an der Grenze zu
       Serbien sind nichts anders als Transitknäste, in denen es kein Vor und kaum
       ein Zurück gibt.
       
       Der bloße Freiheitsentzug reichte ihm nicht als Ausweis jener Härte gegen
       Flüchtlinge, für die er sich von den von ihm selbst seit Jahren verhetzten
       UngarInnen wählen lässt: Auch Essen verweigerten die Wärter den
       Schutzsuchenden in den „Transitzonen“ immer wieder, auf dass diese Ungarn
       rückwärts wieder Richtung Serbien verlassen – was für viele jedoch kaum
       möglich war.
       
       Moralisch wären die anderen EU-Staaten und Orbáns ParteikollegInnen von der
       EVP verpflichtet gewesen, das nicht einfach zu akzeptieren. Gerührt hat da
       niemand einen Finger. Bei der [2][EU-Kommission] ist es etwas anders: Die
       hätte nicht nur die moralische, sondern auch die juristische Verantwortung
       gehabt, einzuschreiten, wenn ein Mitgliedstaat Grundrechte einfach abräumt.
       Doch auch aus Brüssel kam nicht viel. Zum dürftigen politischen Willen
       kamen mangelnde Sanktionsmöglichkeiten hinzu.
       
       Es war der Europäische Gerichtshof, der jetzt der Beschwerde von vier
       Insassen der ungarischen „Transitzone“ gefolgt ist und entschied: Die
       Internierung dort ist unzulässig. Nicht zum ersten Mal zwingt das Gericht
       Ungarn, seine Asylpolitik zu korrigieren. Das ist gut – aber hilft
       Betroffenen meist erst nach langer Zeit. Wer Flüchtlingen ihre Rechte
       vorenthält, [3][hat in der EU oft erst einmal freie Hand].
       
       Das muss anders werden. Die Möglichkeit dazu gibt es: Noch im Mai soll
       Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die neue Migrationsagenda der
       EU vorlegen. Nicht nur mit Blick auf Ungarn muss diese Hebel enthalten, um
       Grundrechten auf politischem Weg wirksam Geltung verschaffen zu können: Wer
       sie nicht als unverrückbar akzeptiert, muss dafür bestraft werden.
       
       15 May 2020
       
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