# taz.de -- Streit um Corona-Hilfen in der EU: Die Geizigen
> Diese Woche will die EU-Kommission ihren Vorschlag zu Hilfen für die
> Wirtschaft vorstellen. Es zeichnet sich ein harter Richtungskampf ab.
IMG Bild: Sparsam klingt eleganter als geizig. Kurz nennt sich und seine Kumpanen lieber die „Frugal Four“
Brüssel taz | Sie sind klein, geizig und ziemlich frech: Vier EU-Staaten
haben, angeführt von Österreich, ein Gegenkonzept zum 500 Milliarden Euro
schweren [1][deutsch-französischen Wiederaufbau-Plan] für die europäische
Wirtschaft vorgelegt. Auch das Europaparlament fordert Änderungen. Nun
droht neuer [2][Streit].
Am Mittwoch will die EU-Kommission ihren eigenen Vorschlag für ein
„Recovery Instrument“ und ein neues EU-Budget für 2021 bis 2027 vorlegen.
Behördenchefin Ursula von der Leyen hat den deutsch-französischen Plan als
„Schritt in die richtige Richtung“ begrüßt. Allerdings will sie auch die
Wünsche anderer EU-Länder berücksichtigen.
Das dürfte schwierig werden. Denn was Österreichs Kanzler Sebastian Kurz im
Namen der „Frugal Four“ – der „sparsamen“ Länder Österreich, Niederlande,
Dänemark und Schweden – fordert, steht in Widerspruch zu den Ideen, die
Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron
vorgelegt haben. Merkel und Macron wollen den Wiederaufbau nach Corona mit
Schulden finanzieren, die die EU-Kommission im Namen der 27 Mitgliedstaaten
aufnehmen soll. Doch das lehnen Kurz & Co ebenso ab wie die Vergabe von
Zuschüssen an Krisenländer wie Italien. Sie sind gegen Finanztransfers –
und fordern, rückzahlbare Kredite zu vergeben.
Damit zeichnet sich ein harter Richtungskampf ab. Es geht um Schulden und
Kredite, aber auch um ideologisch aufgeladene Kampfbegriffe. Er sei gegen
eine „Schuldenunion durch die Hintertür“, sagt Kurz. „Der
deutsch-französische Vorschlag wäre ein großer Schritt hin zu einer
Fiskalunion“, hält Eurogruppenchef Mario Centeno dagegen.
## Europaparlament fordert mehr Geld
Wie ein Kompromiss aussehen könnte, ist unklar. Von der Leyen könnte den
Wiederaufbau trotzdem mit Schulden finanzieren, heißt es in Brüssel, mit
Rücksicht auf die Sparsamen aber nur einen Teil der EU-Hilfen als Zuschüsse
vergeben. Zudem könnten Transfers an Reformauflagen gebunden werden, was
auch Merkel und Macron gefordert hatten.
Doch selbst mit einem solchen Kompromiss könnte Brüssel nicht alle
zufriedenstellen. Denn da sind auch noch die Osteuropäer, die sich gegen
Kürzungen zugunsten von Italien oder Spanien stemmen. Außerdem muss noch
das [3][Europaparlament] zustimmen. Die Abgeordneten wollen noch weiter
gehen als Merkel und Macron – sie fordern mehr Geld.
„Der deutsch-französische Vorschlag sieht nur 500 Milliarden Euro vor, und
das auch noch befristet auf zwei bis drei Jahre“, kritisiert der grüne
Haushaltsexperte Rasmus Andresen. „Das reicht nicht – schon gar nicht, wenn
wir daraus auch noch den Klimaschutz finanzieren wollen“, sagte Andresen
der taz. Noch vehementer setzt sich Andresen von den „Frugal Four“ ab. „Die
gemeinsame Position der arroganten vier würde die Wirtschaftskrise
verstärken.“ Durch weitere Kredite werde bereits hoch verschuldeten Staaten
wie Italien nicht geholfen. „Frau von der Leyen sollte nicht zu sehr auf
Sebastian Kurz und seine nordeuropäischen Freunde hören.“
Die CDU-Politikerin steht nun vor einem Dilemma. Wenn sie auf Kurz zugeht,
wird der Merkel-Macron-Plan verwässert. Wenn sie auf das Parlament hört,
könnten die EU-Staaten am Ende Nein sagen. Damit der Wiederaufbau gelingt,
müssen jedoch alle 27 EU-Staaten samt nationaler Parlamente zustimmen – und
das EU-Parlament.
24 May 2020
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## AUTOREN
DIR Eric Bonse
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