URI: 
       # taz.de -- Frankreichs Autobranche: Mehr Geld für Autos „made in France“
       
       > Frankreichs Präsident will die Autobranche unterstützen – und so auf
       > Elektroantrieb einschwören.
       
   IMG Bild: Im Renault-Werk in Flins, Frankreich
       
       Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron hat am Dienstag diverse
       Maßnahmen zur Rettung der französischen Automobilindustrie angekündigt. Im
       Vordergrund stehen dabei Zuschüsse von bis zu 7000 Euro (1000 Euro mehr als
       bisher) für Privatkunden und 5000 Euro (2000 Euro mehr als bisher) für
       Unternehmen, die dank dieser Anreizen nun elektrische Fahrzeuge kaufen.
       
       Die staatlichen Prämien soll jedoch nicht nur den Absatz von Autos fördern,
       sondern zugleich auch die Umstellung auf „saubere“ Fahrzeuge unterstützen.
       Zur Ankündigung seines Plans reiste der Staatschef nach Etaples in
       Nordfrankreich, wo sich eine Fabrik für Autoausrüstung der Firma Valéo
       befindet.
       
       Spätestens als in der vergangenen Woche die Zeitung „Le Canard Enchaîné“
       gestützt auf nicht näher bezeichnete interne Quellen enthüllte, dass der
       französische Automobilhersteller Renault plane, mindestens vier
       Produktionsanlagen in Frankreich zu schließen, musste die Staatsführung
       reagieren. Die Automobilbranche ist ein für die Regierung ein wichtiger
       Industriesektor, allein schon wegen der rund 900.000 Personen, die direkt
       und indirekt in dieser Branche tätig sind.
       
       Doch Frankreichs Autoindustrie steckt in einer strukturellen Krise, die
       durch den Corona-Lockdown der vergangenen Wochen noch dramatisch verschärft
       wurde. Die Zahl zugelassener Neuwagen im März betrug im Vergleich zum
       Vorjahrsmonat minus 72%; für den April beläuft sich das Minus gar auf 88%.
       
       ## Neben Kauf- auch Abwrackprämien
       
       Diese dramatische Absatzprobleme haben aber nicht nur die großen
       Autohersteller wie Renault und PSA (Peugeot-Citroën) sowie ihre
       Zulieferbetriebe getroffen, sondern auch die unzähligen
       Gebrauchtwagenhändler, die seit Beginn der Covid-Krise praktisch überhaupt
       keine Käufer mehr finden und derzeit auf ihren rund 500.000 Altwagen sitzen
       bleiben. Für sie könnten sich die angekündigten Kaufprämien für Elektro-
       und Hybridfahrzeuge zusätzlich als Nachteil erweisen.
       
       Macron möchte auch Familien mit geringem Einkommen, für die ein
       Elektromobil selbst mit einem Zuschuss von 8000 Euro noch viel zu teuer
       wäre, zusätzlich mit einer „Abwrackprämie“ von bis zu 4000 Euro für einen
       alten PKW mit hohem Schadstoffausstoß, zum Autowechsel ermuntern. Als
       Gegenleistung für diese finanzielle Hilfe erwartet der französische Staat,
       dass die Automobilindustrie ihre Produktion vermehrt nach Frankreich
       verlagert. Dies betrifft hauptsächlich die Herstellung von Batterien.
       
       ## Mehr Wirtschaftspatriotismus
       
       Macron wünscht sich in diesem Bereich vor allem eine enge
       deutsch-französische Zusammenarbeit nach dem Vorbild des europäischen
       Airbus-Konsortiums. Er verlangt von Renault eine Mitarbeit an dieser
       Kooperation – statt wie bisher die Elektrobatterien aus Südkorea zu
       importieren. Mittelfristig wünscht sich der französische Präsident, dass in
       Frankreich bis 2025 jährlich eine Million „saubere“ Autos (mit Elektro-,
       Hybrid- oder Wasserstoffantrieb) mit dem Label „Made in France“ auf den
       Markt kommen. Zudem hat der Staat angekündigt, im Zuge der Förderung von
       Elektrofahrzeugen ab dem kommenden Jahr 100.000 zusätzliche
       Aufladestationen bereitzustellen.
       
       Die französische Automobilindustrie erwartet von Macron einen
       „Elektroschock“ für eine von der Covid-Krise in ihrer Existenz bedrohten
       Wirtschaftsbranche. Macron wiederum verlangt dafür mehr
       Wirtschaftspatriotismus in Form von Garantien für Arbeitsplätze in
       Frankreich. Ob er derartige Garantien bekommt, wird sich unter anderem am
       Freitag zeigen, wenn das defizitäre Unternehmen Renault, das eine
       Finanzhilfe in Form eines staatlich garantierten Darlehens von fünf
       Milliarden Euro erhalten soll, seinen Sanierungsplan bekannt geben wird.
       Ursprünglich waren darin Einsparungen in der Höhe von zwei Milliarden Euro
       und eine weitere Verlagerung der Produktion ins Ausland vorgesehen.
       
       26 May 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rudolf Balmer
       
       ## TAGS
       
   DIR Automobilbranche
   DIR Schwerpunkt Frankreich
   DIR Kaufprämie
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Verkehrswende
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Verkehrsexperte über die Abwrackprämie: „Wer kann Google Paroli bieten?“
       
       Nur mit Prämien für den Kauf von Dieseln und Benzinern können die Konzerne
       die Investitionen ins autonome Fahren stemmen, sagt Experte Lutz Eckstein.
       
   DIR Geplante Coronahilfen für den Verkehr: Falsche Prämie
       
       Die Bundesregierung ist dabei, die Verkehrswende zu vergeigen. Statt
       Abwrack- bräuchte es Mobilitätsprämien.
       
   DIR Proteste gegen Abwrackprämie: Demo vor dem Kanzleramt
       
       Am Dienstag tagt der Autogipfel mit Kanzlerin Merkel. Die Organisation
       Campact und Fridays vor Future protestieren gegen eine neue Kaufprämie.
       
   DIR Autoländer verlangen Kaufprämien: Kretschmann will Geld für Diesel
       
       Die Ministerpräsidenten der Autohersteller-Bundesländer fordern
       Staatsgelder zum Kauf von Dieseln und Benzinern. Dabei: der Grüne
       Kretschmann.