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       # taz.de -- Steuereinnahmen in Deutschland: Starker Steuerrückgang absehbar
       
       > Corona wird teuer für den deutschen Staat. Wie teuer genau, zeigt sich am
       > Donnerstag, wenn Olaf Scholz die aktualisierte Steuerschätzung vorstellt.
       
   IMG Bild: Die Coronapandemie wird aller Voraussicht nach teuer
       
       Berlin dpa/reuters | Bund, Länder und Kommunen müssen wegen der
       [1][Coronapandemie] mit deutlich weniger Steuergeld auskommen. Wie schlimm
       es wird, sagen am Donnerstag die Steuerschätzer voraus.
       Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) stellt die Ergebnisse (15 Uhr) in
       Berlin vor.
       
       Erwartet wird, dass die Einnahmen des Staates zum ersten Mal seit der
       Finanzkrise 2009 wieder deutlich sinken – möglicherweise sogar noch
       drastischer als damals. Allein in diesem Jahr könnten nach ersten Berichten
       im Vergleich zur Herbstschätzung des vorigen Jahres 100 Milliarden Euro
       fehlen. Davon würden etwa 40 Milliarden Euro auf den Bund entfallen, die
       durch Kreditaufnahme ausgeglichen werden müssten.
       
       Der starke Rückgang bei den Steuern hat gleich mehrere Gründe: Die
       Bundesregierung rechnet damit, dass die [2][Wirtschaft] in diesem Jahr um
       mehr als 6 Prozent schrumpfen dürfte. Das bedeutet nicht nur weniger
       Gewerbe- und Umsatzsteuer, sondern auch weniger Jobs und drastisch mehr
       Kurzarbeit, was die Einkommensteuer einbrechen lässt. Dazu kommen
       Stundungen und neue Regelungen für Steuer-Vorauszahlungen.
       
       Das Finanzministerium rechnet damit, dass allein die steuerlichen Maßnahmen
       aus dem Corona-Hilfspaket Bund, Länder und Gemeinden mit mindestens 118,8
       Milliarden Euro belasten werden. Die Gesamtkosten der Hilfspakete für
       Wirtschaft und Bürger werden auf 453,4 Milliarden Euro beziffert –
       Garantien über mehr als 800 Milliarden Euro, die möglicherweise auch noch
       greifen müssen, sind da nicht einmal eingerechnet.
       
       ## Schon wird die Grundrente in Frage gestellt
       
       Es deutet sich deshalb an, dass die bisher geplanten 156 Milliarden Euro an
       neuen Krediten nicht ausreichen, um die Folgen der Pandemie abzufangen.
       Zumal Finanzminister Scholz im Juni ein großes Konjunkturpaket vorlegen
       will, das der Wirtschaft wieder auf die Füße helfen soll. Auch die Kommunen
       erwarten Hilfe. Die Coronakrise werde ein Loch von mindestens 20 Milliarden
       Euro in den Kassen reißen, sagte Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des
       Deutschen Städtetages, dem „Handelsblatt“.
       
       Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg,
       ging in der Rheinischen Post (Donnerstag) gar von 30 Milliarden Euro
       Steuerausfällen für die Kommunen aus. Dedy und Landsberg forderten einen
       Rettungsschirm in zweistelliger Milliardenhöhe. Bundeskanzlerin Angela
       Merkel (CDU) will sich in einer Videokonferenz an diesem Donnerstag mit
       Vertretern kommunaler Spitzenverbände beraten.
       
       Die Prognose der Steuerschätzer dürfte in diesem Jahr auch deshalb
       besonders schwierig sein, weil die Auswirkungen der Corona-Hilfen noch gar
       nicht endgültig abzusehen sind. So ist beispielsweise unklar, ob der Handel
       sowie das Hotel- und Gaststättengewerbe zumindest einen Teil ihrer
       Umsatzverluste nach den wochenlangen Schließungen wieder aufholen können –
       also ob die Bürger im Sommer und Herbst dann erst recht einkaufen, im
       Restaurant essen oder in den Urlaub fahren wollen.
       
       SPD-Chef Norbert Walter-Borjans schlug angesichts der finanziellen Lasten
       vor, dass der Bund seine Schulden langsamer tilgt als geplant. Der
       SPD-Vorsitzende forderte zudem massive Investitionen. „Jetzt in die Krise
       hinein zu sparen, wäre das Falscheste, was der Staat tun könnte“, sagte
       Walter-Borjans den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Donnerstag).
       Grünen-Chef Robert Habeck forderte in den Funke-Zeitungen Bund und Länder
       auf, den Kommunen zu helfen und sie von Sozialkosten wie den Kosten für die
       Grundsicherung zu entlasten.
       
       Der Bund der Steuerzahler forderte eine Überprüfung staatlicher Ausgaben.
       „Wir müssen uns klarmachen, was wir uns nicht mehr leisten können“, sagte
       Präsident Reiner Holznagel der Neuen Osnabrücker Zeitung (Donnerstag). Da
       seien alle Ressorts gefragt. „Wir müssen auf jeden Fall noch einmal über
       die Finanzierung der Grundrente sprechen“, sagte Holznagel. Bereits vor der
       Krise sei die dauerhafte Finanzierung völlig unklar gewesen.
       
       Der Arbeitskreis Steuerschätzung kommt zweimal im Jahr zusammen, im
       Frühjahr und Herbst. Darin sitzen Experten der Bundesregierung, der fünf
       führenden Wirtschaftsforschungsinstitute, des Statistischen Bundesamts, der
       Bundesbank, des Sachverständigenrats zur Begutachtung der
       gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Vertreter der Länderfinanzministerien
       sowie der Kommunen. Sie gehen die erwarteten Einnahmen bei allen
       Steuerarten durch und rechnen diese dann zusammen.
       
       14 May 2020
       
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