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       # taz.de -- Mietstreik in Berlin: Da streikt sich was zusammen
       
       > Das Bündnis „Wir zahlen nicht“ wirbt für die Beteiligung an einem
       > Mietstreik. Die Coronahilfen von Bund und Senat reichten nicht.
       
   IMG Bild: Ein Mundschutz ist kein Maulkorb: Wohnungspolitische Forderungen sind aktueller denn je
       
       Berlin taz | Erste Anzeichen eines organisierten Mietstreiks bahnen sich
       an: Ein Bündnis von Mieter:innen hat am Dienstag die [1][Website
       wirzahlennicht.com] online gestellt und versucht so, Menschen für einen
       bundesweiten Mietstreik zu vernetzen. Die zentrale Forderung: ein
       „Mietenerlass mindestens für die Zeit des Lockdowns“. Das Bündnis wird
       getragen von verschiedenen linken Organisationen und lokalen Initiativen.
       Mit dabei sind die Berliner Bündnisse gegen Mietenwahnsinn und
       Zwangsräumungen, die Akelius-Mieter:innenvernetzung, aber auch die
       interventionistische Linke aus Hannover oder etwa Dresden besetzen.
       
       Auf der Website, die zusammen mit Programmierer:innen des linken
       [2][Peng-Kollektivs] datensicher aufgesetzt worden sei, befindet sich neben
       der Vorstellung des politischen Anliegens eine Fragemaske, auf der
       Mieter:innen verschiedene Fragen beantworten können: etwa, ob man wegen der
       Pandemie Probleme hat, die Miete zu bezahlen. Und inwiefern man bereit
       wäre, sich an einem Mietstreik zu beteiligen. Zudem kann man auf der Seite
       seine persönliche Lage schildern, seine Mail-Adresse und seine Postleitzahl
       hinterlassen. So will das Bündnis Mieter:innen vernetzen und geeignete
       Mittel zur Durchsetzung ihrer Forderungen finden.
       
       Die Bundesregierung hatte wegen der finanziellen Einbußen vieler
       Mieter:innen im Zuge der Coronakrise bereits ein Gesetz beschlossen, dass
       [3][Kündigungen aufgrund von Zahlungsrückständen wegen der Coronakrise]
       untersagte. Seitdem dürfen Mieter:innen Zahlungsrückstände zwischen April
       und Juni zwei Jahre lang stunden. Der Berliner Senat hat sich zudem dafür
       eingesetzt, Zwangsräumungen, Gas- und Wassersperren auszusetzen.
       
       Das alleine reiche nicht, wie Michail Meier vom „Wir zahlen nicht“-Komitee
       der taz sagt: „Die jetzige Gesetzgebung sorgt nur für Verschuldung vieler
       Mieter: Die Einkommen brechen weg, ohne wieder reinzukommen.“ Maier sagt:
       „Die aktuelle Gesetzeslage garantiert den Immo-Unternehmen ihre Gewinne.“
       Zudem sei problematisch, dass Mieter:innen nachweisen müssten, dass die
       Verschuldung coronabedingt ist.
       
       ## „Keine Mietstreik-Fetischisten“
       
       Grundsicherung sei zudem keine Hilfe für alle. Beim Wohngeld gebe es enorme
       bürokratische Hürden – und Gewerbemieten übernehme das Amt schon gar nicht,
       so Maier: „Außerdem ist das nichts anderes, als dass der Staat die Mieten
       übernimmt, sodass wieder die Gesellschaft die Kosten der Krise tragen muss.
       Und es bedeutet eine gravierende Verarmung der Betroffenen.“
       
       Während seit Ausbruch der Coronapandemie in Spanien und den USA auch
       aufgrund schlechterer sozialer Grundsicherung und fehlendem Mietrecht
       Mietstreiks bereits in vollem Gange sind, sind sie hierzulande überwiegend
       noch [4][Diskussionsgegenstand der mietenpolitischen Bewegung].
       
       Natürlich wisse man, dass ein Mietstreik auch enorme Risiken wie etwa
       Kündigungen und Zwangsräumungen mit sich bringe, sagt Meier: „Wir sind
       keine Mietstreik-Fetischisten und streben diesen nicht als Selbstzweck an.
       Wenn unsere Forderungen auch anders zu erreichen sind: umso besser.“
       Mietstreik sei das letzte Mittel – und man brauche dafür eine kritische
       Masse. „Einen ganzen Häuserblock kann man nicht räumen“, sagt Meier. Aber
       man wolle der sozialen Ungleichheit, die sich durch die Coronamaßnahmen
       verschärft hat, Solidarität entgegensetzen – „je mehr mitmachen, desto
       effektiver können wir das“.
       
       Indes ist noch unklar, wie schwer die Folgen der Coronakrise für den
       Mietenmarkt sind. Nina Henckel von Deutschlands größtem Vermieter, Vonovia,
       sagt der taz, dass bisher nur ein Prozent der bundesweit 350.000 Haushalte
       Stundungen wegen Corona beantragt hätten. David Eberhart vom
       Wohnungsunternehmerverband BBU spricht für die städtischen
       Wohnungsgesellschaften gar von weniger als einem Prozent. Bei der Deutsche
       Wohnen mit 160.000 Wohnungen gab es knapp 1.400 Stundungsanfragen wegen
       Corona. Berlins größter städtischer Vermieter Degewo teilte mit, bisher
       hätten sich rund 300 von 75.000 Mieter:innen mit der Bitte um Stundung an
       sie gewandt.
       
       Reiner Wild vom Berliner Mieterverein sagt, die Beratungen hätten zuletzt
       leicht zugenommen: „Allerdings laufen bei uns zumeist auch nur diejenigen
       auf, deren Vermieter bestreiten, dass finanzielle Ausfälle an Corona
       liegen.“ Während Wild den Mietstreik als Instrument ablehnt, spricht er
       sich für eine stärkere Einbeziehung von Vermieter:innen in die
       gesellschaftlichen Kosten der Krise aus – etwa durch die Übernahme von
       Mietrückständen durch einen Fonds, in den auch Vermieter einzahlen sollen.
       
       2 Jun 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.wirzahlennicht.com/
   DIR [2] /Peng-Kollektiv/!t5010976
   DIR [3] /Massnahmen-fuer-Mieter-in-Berlin/!5670684
   DIR [4] /Mietstreik-in-Hamburg/!5673132
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gareth Joswig
       
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