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       # taz.de -- Hamburgs Grüne wollen Verkehrswende: Treiber und Bremser
       
       > Das wichtigste Thema für Hamburg Grüne ist die Mobilitätswende.
       > Verkehrssenator Anjes Tjarks soll es richten. Doch was geht laut
       > Koalitionsvertrag?
       
   IMG Bild: Mehr Busse, breitere Radstreifen, weniger Autos: So geht die grüne Mobilitätswende
       
       Hamburg taz | Papier ist bekanntlich geduldig. Und so wird auf dem
       Briefkopf von [1][Anjes Tjarks in Zukunft nicht nur Senator für Verkehr,]
       sondern für Verkehr und Mobilitätswende stehen. Das klingt zukunftsweisend,
       doch ist erst mal nicht mehr als PR-Wording, wie etwa das „gute
       Kitagesetz“.
       
       Apropos Wording: Im [2][Koalitionsvertrag] wimmeln beim Thema
       Mobilitätswende Worte wie „wollen“ und „prüfen“. Koalitionsvereinbarungen
       sind so – hinreichend präzise, um eine Richtung anzuzeigen und hinreichend
       unkonkret, damit, wenn Ziele nicht so umfassend oder schnell wie erwartet
       realisiert werden können, nicht ständig von gebrochenen Wahlversprechen die
       Rede ist. „Es gibt zu viele Vorbehalte und Prüfaufträge“, klagt etwa der
       BUND-Landesgeschäftsführer Manfred Braasch mit Blick auf den
       Koalitionsvertrag.
       
       So kommt es darauf an, ob jemand die Verhandlungsergebnisse mit Vollgas
       umsetzt, oder dabei auf die Bremse tritt. Der passionierte Fahrradfahrer
       Tjarks und sein designierter grüner Staatssekretär Martin Bill gelten dabei
       eindeutig als Treiber, wenn es darum geht, den motorisierten
       Individualverkehr auszubremsen und den Verkehrsraum neu zu ordnen.
       
       Die angestrebte Verkehrswende untergliedert der Koalitionsvertrag in drei
       Hauptthemen. 1: Die Innenstadt rund um Mönckebergstraße und Jungfernstieg
       soll autoärmer werden, keinen motorisierten Durchgangsverkehr mehr ertragen
       und so mehr an Aufenthaltsqualität gewinnen. Hier haben Grüne und SPD im
       vergangenen Jahr bereits fast [3][gleichlautende Konzepte] vorgelegt, die
       es zu synchronisieren und in Verbund mit den Gewerbetreibenden der City
       umzusetzen gilt. Tjarks und Bill haben dabei an der grünen Plan-Variante
       intensiv mit gearbeitet.
       
       2: Der Öffentliche Nahverkehr (ÖPNV) wird mit neuen Linien, dichterer
       Taktung, längeren Fahrzeugen sowie gerade im Busbereich weitaus mehr
       Haltepunkten für eine größere NutzerInnen-Zahl konzipiert. Zudem sollen
       etwa für SchülerInnen die Tickets mittelfristig kostenlos sein, für
       Auszubildende der Preis sinken, und die Schnellbus-Aufschläge wegfallen. So
       soll sein Anteil am gesamten Verkehrsaufkommen von zuletzt 22 bis 2030 auf
       30 Prozent gesteigert werden. Die ÖPNV-Offensive trägt eine starke
       sozialdemokratische Handschrift, sie verursacht aber immense Kosten für die
       leeren Kassen von Hochbahn und Hansestadt.
       
       3: Jährlich 60 bis 80 Kilometer neue Radwege und 10.000 neue
       Fahrradstellplätze sollen Hamburg zur Fahrradstadt machen und den Anteil
       der RadlerInnen von 15 bis 30 Prozent steigern. Doch Achtung: Schon der
       alte Koalitionsvertrag sah jährlich mindestens 50 Kilometer neue Radwege
       vor, tatsächlich gebaut wurden nur zwischen 31 und 39 per anno. Die
       Erhöhung der Zielvorgaben schafft da sicher keine Abhilfe, doch ist die
       Stärkung des Fahrradwegs das Leib- und Magenthema von Tjarks und Bill.
       
       Wichtig ist auch, was nicht im Koalitionsvertrag steht: Protected Bike
       Lanes, bei dem Radspuren nach US-amerikanischem Vorbild durch Poller,
       Blumenkübel oder Bordsteine vom Autoverkehr abgetrennt werden, sollen laut
       rot-grünem Vertrag nicht gebaut, sondern ihr Bau nur geprüft werden. Und
       innovative Konzepte für Ampelvorrangschaltungen fehlen gar ganz. Immerhin
       erlaubt der Koalitionsvertrag innovative „Verkehrsversuche“, jedoch nur
       einen pro Jahr.
       
       4 Jun 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Regierungsbildung-in-Hamburg-Gruene-benennen-Senatoren,koalitionsverhandlungen294.html
   DIR [2] /Rot-gruener-Koalitionsvertrag-in-Hamburg/!5686321/
   DIR [3] /!5662571/
       
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   DIR Marco Carini
       
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