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       # taz.de -- Facebooks Umgang mit Trump: Daumen runter für Zuckerberg
       
       > Anders als Twitter will Facebook nicht gegen Äußerungen von US-Präsident
       > Donald Trump vorgehen. Nun begehren Mitarbeiter auf.
       
   IMG Bild: Facebook-Gründer Mark Zuckerberg rechtfertigte die Entscheidung vor seinen Mitarbeiter*innen
       
       Eine „schwere Entscheidung“ sei es gewesen. Facebook-Gründer Mark
       Zuckerberg verteidigte am Dienstag vor mehr als 20.000 seiner Angestellten
       in einer Videokonferenz die Untätigkeit des Unternehmens angesichts
       umstrittener Posts eines prominenten Nutzers: Donald Trump.
       
       Dessen oft realitätsverzerrenden wie gewaltverherrlichenden Äußerungen
       werden auf Facebook nicht moderiert, auch wenn sie dem Augenschein nach die
       Kriterien für Löschung oder auch weniger drastische Beschränkungen
       erfüllen. Angesichts der sich verschärfenden politischen Lage in den USA
       nach dem gewaltsamen Tod George Floyds drängen Angestellte von Facebook
       Zuckerberg dazu, einzugreifen. Der gibt sich weiterhin entschlossen, die
       Inhalte des Präsidenten so, wie sie sind, online zu belassen. Immerhin war
       der firmeninterne Druck in den vergangenen Tagen so weit gestiegen, dass
       die ursprünglich für Donnerstag geplante firmenweite Videokonferenz
       vorverlegt wurde.
       
       Dass der Chef eines milliardenschweren Konzerns seinen Angestellten Rede
       und Antwort steht, ist für Tech-Unternehmen aus dem Silicon Valley nicht
       unbedingt ungewöhnlich. Firmenphilosophien von flachen Hierarchien und
       familienartigen Wertgerüsten lassen zwar keinen Zweifel daran, wer am Ende
       die Entscheidungen fällt, Meinungsäußerungen der Beschäftigten, zumindest
       der fest Angestellten, sind jedoch durchaus erwünscht. Ungewöhnlich für
       Facebook ist jedoch die Öffentlichkeit, die Kritiker*innen des
       Firmengründers für ihre Positionen herstellen.
       
       Nicht mehr nur auf firmeninternen Messageboards, sondern auf den eigenen
       Social-Media-Accounts äußern Facebook-Beschäftigte ihr Unverständnis über
       die Entscheidung Zuckerbergs, Posts von US-Präsident Trump unverändert und
       unkommentiert online zu belassen. Eine [1][virtuelle Arbeitsniederlegung]
       durch mehrere Hundert Mitarbeiter*innen kam am Montag noch dazu.
       
       ## Twitter machte den Anfang
       
       Anfang vergangener Woche hatte der Facebook-Konkurrent und Trumps
       favorisierte Plattform Twitter damit begonnen, Tweets des Präsidenten
       redaktionell zu bearbeiten. So wurden unter [2][Posts zu angeblichen
       Betrügereien bei Briefwahlen Faktenchecks angefügt] und ein Post als
       gewaltverherrlichend hinter einem Warnhinweis versteckt.
       
       Die Proteste des Facebook-Personals nehmen dieses Vorgehen als Beispiel für
       einen angemessenen Umgang mit Trumps Äußerungen und fordern nachdrücklich
       die Durchsetzung der Moderationsregeln bei Facebook, unbesehen des Amtes
       des Accountinhabers. Unterstützt wird diese Position von mehreren
       Bürgerrechtsorganisationen. Am Montagabend machten die gegenüber
       Zuckerberg, ebenfalls in einer Videokonferenz, ihre Position deutlich, ohne
       Ergebnis jedoch.
       
       Die [3][New York Times zitiert Vanita Gupta] von der National Leadership
       Conference on Civil and Human Rights nach dem Treffen mit der Einschätzung,
       dass der Facebook-Chef einen „Mangel an Verständnis“ für die Situation
       zeige. Druck auf Zuckerberg wird derweil auch von der anderen Seite
       ausgeübt. So erließ Trump am vergangenen Donnerstag eine Verfügung, die
       darauf abzielt, [4][einen für das Geschäftsmodell der Internetplattformen
       wichtigen Haftungsausschluss einzuschränken].
       
       ## Kündigung per Facebookpost
       
       Anlass für die Initiative waren die Eingriffe von Twitter gegen Trumps
       Account, eine neue Regulierung würde aber auch und vor allem Facebook
       treffen. Während die präsidiale Verfügung lediglich einen Prozess zur
       Überprüfung des Haftungsprivilegs anstößt, also zunächst keine unmittelbare
       Wirkung entfalten wird, ist sie aber ein Schuss vor den Bug der sozialen
       Netzwerke. Und der verhallt bei Zuckerberg nicht ungehört. Denn in den
       kommenden Monaten muss sich Facebook doch ohnehin auf eines einstellen:
       unsichere Zeiten.
       
       Im Zuge der Coronakrise sind die Hightech-Unternehmen aus dem Silicon
       Valley bislang jedoch relativ unbeschadet geblieben. Ihre Titel eilen am
       Aktienmarkt sogar von Kursrekord zu Kursrekord. Für eine zu praktisch
       hundert Prozent von der Werbeflächenvermarktung abhängige Plattform wie
       Facebook kann es jedoch angesichts einer geschrumpften Gesamtwirtschaft und
       entsprechend reduzierten Marketingbudgets zu empfindlichen Gewinneinbußen
       kommen. Sehr vorsichtig sind bereits im Facebook-Geschäftsbericht für das
       erste Quartal dieses Jahres die Prognosen für die folgenden Monate
       gehalten.
       
       Die Drohung geschäftsschädigender regulatorischer Eingriffe aus Washington
       kommt für Mark Zuckerberg in dieser Situation besonders ungelegen und wiegt
       offenbar schwerer als moralische Bedenken seiner Angestellten. Zumindest
       einzelne von ihnen nehmen diese Prioritätensetzung zum Anlass, die Firma zu
       verlassen. „Immer wenn Trump eskaliert, wird Facebook die Torpfosten
       bewegen, Entschuldigung auf Entschuldigung finden, um nicht auf die
       gefährliche Rhetorik reagieren zu müssen“, [5][erklärte
       Facebook-Softwareentwickler Timothy J. Aveni am Montag] seine Kündigung –
       in einem Facebookpost.
       
       3 Jun 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.nytimes.com/2020/06/01/technology/facebook-employee-protest-trump.html?action=click&module=RelatedLinks&pgtype=Article
   DIR [2] /Twitter-warnt-vor-Trump-Tweet/!5685255
   DIR [3] https://www.nytimes.com/2020/06/02/technology/zuckerberg-defends-facebook-trump-posts.html?action=click&module=News&pgtype=Homepage
   DIR [4] /Donald-Trump-gegen-soziale-Netzwerke/!5689166
   DIR [5] https://www.facebook.com/timothy.j.aveni/posts/3006224359465567
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniél Kretschmar
       
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