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       # taz.de -- Kopfreisen mit Büchern: Oldies but Goldies
       
       > In die Jahre gekommen Bücher zum Reisen. Kleinode von unterwegs mit
       > Abenteur, Spannung und neuen Ein- und Aussichten.
       
   IMG Bild: Zeit zum Lesen
       
       LP-Sammlung sortiert. Heimischen Wald erkundet. Sudokus probiert.
       Fotoarchiv ausgemistet. An Bœuf Bourguignon gescheitert. Und gelesen und
       gelesen und gelesen … Macht gar nichts. Lesen bleibt, Lesen geht weiter,
       Lesen hört nie auf. Gerade jetzt ist die Zeit, mal nicht den
       Neuerscheinungen hinterherzuhecheln, sondern sich älterer Kleinode zu
       entsinnen. Antiquarisch findet man sie noch.
       
       1. „Wie man bei Windstärke 10 stilvoll eine Tasse Tee trinkt“: Gedürstet
       und geblutet haben sie. Manche haben ihre Schuhsohlen gegessen und schlugen
       sich auch schon mal mit dem Hammer die erfrorenen Zehen ab. Mick Confray
       berichtet von berühmten Expeditionen und destilliert daraus eine Art
       Kurzratgeber für kommende Livingstones: Wie brate ich mir einen Pinguin?
       Hilft Singen bei einem Überfall? Was tun, wenn einen die Anakonda
       verschlingt?
       
       2. „Berlin–Moskau“: Da zieht einer die Tür in Berlin hinter sich zu und
       macht sich auf den Weg nach Moskau. Über die Seelower Höhen geht Wolfgang
       Büscher, nach Küstrin, ins preußische Pompeji. In Polen wacht ein Netz von
       Deutschlehrerinnen über den Wanderer, das grauweiße Massiv von Minsk taucht
       auf und durch die Beresina geht es hinein in ein Russland, das „endlich
       aufhört zu philosophieren und endlich zu tanzen beginnt“. Gelegentlich
       werden das Laufen und die tägliche Suche nach einem Schlafplatz zur Qual –
       da spricht man schon mal mit dem Kartoffelpüree. Nach 82 Tagen und 232
       Seiten taucht das Ortsschild von Moskau auf. Was – jetzt schon?
       
       3. „Wüstentaucher“: Sven Lindqvist reist in die Sahara – auf den Spuren
       berühmter Vorfahren: Saint-Exupéry, Pierre Loti, Isabelle Eberhardt. Für
       sie waren die Kolonien „eine Arena, in der sie das ausleben durften, was in
       ihrem Heimatland sozial nicht akzeptabel war“. Lindqvist zertrümmert die
       Mythen. Er schreibt vom „Herrenzimmerorientalismus“ Agadirs, von
       Kinderprostitution, von Brunnen voller Leichen und Tauchern, die wahnsinnig
       wurden.
       
       4. „Unter Wasser“: Die einen tun es, um sich von der Schwerkraft zu lösen.
       Andere betrachten es als Therapie. Dritte verdienen sich ihr Geld damit.
       Die meisten aber reizt es einfach, sich eine unbekannte Welt immer wieder
       neu zu erschließen. Seit über zwei Jahrtausenden suchen Menschen nach
       Wegen, sich unter Wasser aufhalten zu können. Tim Ecott zeichnet die
       Geschichte des Tauchens nach, besucht Tauchpioniere wie Hans Hass,
       berichtet von griechischen Schwammtauchern und modernen
       Unterwasserhabitaten.
       
       5. „Unter Schlangen“: Jeremy Seal ist englischer Reiseschriftsteller und
       fürchtet sich abgrundtief vor Schlangen. Er beschließt, sich auf die
       ausgefallenste Art zu kurieren – indem er seine Albträume aufsucht: die
       Schwarze Mamba in Kenia, in Indien die Kobra, die Klapperschlange in den
       USA und auch die giftigste von allen, den Taipan in Queensland. Dabei
       fördert er eine Unmenge Geschichten zutage, die sich rund um die
       Geringelten ranken. Am Ende bezwingt er seine Phobie. Und belohnt die Leser
       mit einem packenden Reisebericht.
       
       6. „Wanderlust“: Rebecca Solnits Buch, auf Deutsch bei Matthes & Seitz
       erschienen, ist noch nicht ganz so alt, hat aber sehr wohl das Zeug zum
       Reise-Klassiker: ein Ode an das Gehen, eine kulturgeschichtliche Expediton.
       Unbedingt lesenswert!
       
       31 May 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Franz Lerchenmüller
       
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