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       # taz.de -- Neustart der Tischtennis-Bundesliga: Plötzlicher Aufschlag
       
       > Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit hat die Tischtennis-Bundesliga
       > ihren Neustart organisiert. Er bedeutet eine Chance für den kriselnden
       > Sport.
       
   IMG Bild: Mit der Coronakrise zu neuem Glanz: Ein Helfer desinfiziert die Platte
       
       Während in den vergangenen Wochen alle anderen Sportarten über Abbruch,
       Unterbrechung und Neustart diskutierten, war aus der Tischtennis-Bundesliga
       ([1][TTBL]) kaum etwas zu hören. Doch dann kam aus der Geschäftsstelle in
       Fulda am vergangenen Donnerstag das Signal: Auch wir spielen weiter! Am
       heutigen Mittwoch beginnt eine abgespeckte Playoff-Runde, schon am Sonntag
       soll der neue Deutsche Meister feststehen.
       
       Der TTBL ist ein Coup gelungen. Die Verantwortlichen hatten die reguläre
       Spielzeit Mitte März abgebrochen, einen Spieltag vor Saisonende. Die
       Playoffs der besten vier Teams blieben offen, bis Ende Mai war alles
       ausgesetzt. Als Randsport fehlte es Tischtennis an Wucht, um mit Politik
       und Behörden über einen Neustart zu verhandeln. Für TTBL-Geschäftsführer
       Nico Stehle war Fußball der „Türöffner“: Erst wenn wieder gekickt wird,
       hätten die Tischtennisspieler eine Chance, an die Platten zurückzukehren.
       
       So kam es denn auch: Fünf Geisterspieltage in der Fußball-Bundesliga später
       startet auch die TTBL wieder. Ohne Zuschauer und ohne Doppel in einem
       veränderten Spielsystem. Dafür mit einem sportartspezifischen
       Hygienekonzept und einem verkürzten Playoff-Modus. In jeweils nur einem
       Playoff-Halbfinale anstatt sonst in bis zu drei Spielen werden die
       Finalisten ermittelt, die sich am Sonntag in Frankfurt gegenüberstehen. Der
       1. FC Saarbrücken empfängt am heutigen Mittwoch Werder Bremen,
       Rekordmeister Borussia Düsseldorf am morgigen Donnerstag Titelverteidiger
       TTF Ochsenhausen.
       
       Hinter der Tischtennis-Bundesliga liegen schwierige Zeiten. Die
       Zuschauerzahlen sind seit Jahren niedrig, der Liga fehlt die mediale
       Öffentlichkeit, die sie zu ihrer Blütezeit in den 90er Jahren zeitweise
       hatte. Nun werden erstmals seit Jahren wieder Spiele live im [2][Fernsehen]
       übertragen, ein privater Sportsender zeigt die Halbfinals und das Endspiel.
       Die Liga bekommt eine Bühne. Es könnte ein Neustart für die gesamte Liga
       werden.
       
       ## Eine Party für den Weltverband
       
       Auch innerhalb ihrer Sportart ist die TTBL zuletzt unter Druck geraten. Der
       Weltverband [3][ITTF] arbeitet in den vergangenen Jahren mit Hochdruck
       daran, Tischtennis stärker zu kommerzialisieren. Kurz gesagt: Tischtennis
       soll werden wie Tennis. Spieler bereisen als Ich-AGs die internationale
       Turnierserie und werden als schillernde Stars weltweit vermarktet. Für die
       Besten ist sie Weltserie von großem Wert. Die Events gelten als sportlicher
       Gradmesser, nur dort gibt es Weltranglistenpunkte.
       
       Die Leidtragenden der Entwicklung waren die Vereine. Für die Sportler
       rückten die Mannschaftswettkämpfe in nationalen Ligen oder Champions League
       in den Hintergrund, obwohl viele Athleten nicht von ihrem Preisgeld auf der
       Tour leben können. Sie sind auf die Gehälter der Klubs angewiesen. Soll
       heißen: Der Weltverband feiert die Party, die Vereine zahlen die Zeche.
       
       „Es ist eine Fehlentwicklung, wenn die Vereine vor Ort die Spieler
       finanzieren, aber die Spieler das ganze Jahr durch die Welt reisen“, sagt
       etwa Andreas Preuß, langjähriger Manager von Rekordmeister Borussia
       Düsseldorf, dem Verein von Altstar Timo Boll. Preuß spricht aus, was die
       Verantwortlichen in der TTBL denken. Die jetzige Situation könne zu einer
       Chance für die Liga werden, glaubt Preuß.
       
       Die Olympischen Spiele als Saisonhöhepunkt der Szene finden, wenn, erst
       2021 statt. Die Mannschafts-WM in Südkorea wurde bereits zweimal
       verschoben. Internationale Turniere sind frühestens im Spätherbst denkbar.
       Wer in diesem Jahr noch Titel holen will, der muss plötzlich froh sein, für
       einen Verein in Deutschland zu spielen.
       
       10 Jun 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://ttbl.de/
   DIR [2] https://tischtennis-deutschland.tv/
   DIR [3] https://www.ittf.com/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jan Lueke
       
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