# taz.de -- Internationale Justiz in Afrika: Darfur-Täter geschnappt
> Ein vom ICC gesuchter Ex-Milizenkommandeur sitzt in der
> Zentralafrikanischen Republik in Haft. Der Sudanese soll Kriegsverbrechen
> begangen haben.
IMG Bild: Auf dem Weg zum ICC nach Den Haag: der vermutliche Kriegsverbrecher Ali Kushayb
Berlin taz | Ein seit 2007 vom [1][Internationalen Strafgerichtshof (ICC)]
wegen Verbrechen in Darfur gesuchter Sudanese ist in Haft. Ali Kushayb
stellte sich Medienberichten zufolge am Wochenende in Birao in der
Zentralafrikanischen Republik. Er sei am Montag in Haft genommen worden,
und am Dienstagnachmittag meldete der französische Rundfunksender RFI, er
sei bereits auf dem Weg zum ICC in Den Haag.
Kushayb ist einer von drei Sudanesen, gegen die der ICC 2007 Haftbefehle
wegen des Kriegs in Darfur ausstellte. Die anderen waren Sudans damaliger
Minister für humanitäre Angelegenheiten, Ahmed Harun, und [2][Sudans
damaliger Präsident Omar Hassan al-Bashir]. Der Haftbefehl gegen Bashir
wurde später auf Völkermord erweitert.
2003/04 kommandierte Kushayb in Wadi Salih im Süden Darfurs die
paramilitärische Dschandschawid-Miliz, die zahlreiche Verbrechen an der
nichtarabischen Zivilbevölkerung beging. Der Haftbefehl des ICC listet 51
Vorwürfe auf, von Vertreibung über Vergewaltigung bis Mord.
Sudan hat den ICC nie anerkannt, sondern gesagt, es richte Verbrecher
selbst. Kushayb saß tatsächlich kurz in Haft, kam aber wieder frei und
wurde Polizeikommandant.
## Diktatur gestürzt
2019 stürzte ein Aufstand im Sudan die Bashir-Diktatur. Doch Kushayb,
Sicherheitsverantwortlicher im Süden Darfurs, fühlte sich sicher. Nach
Angaben einer Menschenrechtsgruppe drohte er noch am 23. Januar 2020 auf
einer Versammlung, Oppositionelle zu töten: Er habe das schon früher getan.
Aber im Februar versprach Sudans Übergangsregierung, die ICC-Haftbefehle zu
vollstrecken. So setzte sich Kushayb in den Nordosten der
Zentralafrikanischen Republik ab, mit Dutzenden bewaffneten Männern in
vollgetankten Fahrzeugen.
In dieser Region um Birao herrscht nicht die zentralafrikanische Regierung,
sondern die Rebellengruppe FPRC (Patriotische Front zur Wiedergeburt
Zentralafrikas) von Noureddine Adam.
Dieses einstige Führungsmitglied der Rebellenallianz Seleka, die von 2013
bis 2014 die Zentralafrikanische Republik beherrschte, war früher ein
Vertrauter der Machthaber im Sudan. Doch nun ergreift er offenbar die
Chance, durch Zusammenarbeit mit dem ICC Punkte zu sammeln.
10 Jun 2020
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## AUTOREN
DIR Dominic Johnson
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