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       # taz.de -- Neustart im spanischen Fußball: La Liga darf wieder starten
       
       > Nach der Coronapause wird in Spaniens Profiliga wieder gekickt, vorerst
       > aber nur vor leeren Tribünen. Die Debatte über offene Arenen nimmt an
       > Fahrt auf.
       
   IMG Bild: Hitzige Duelle: das Stadtderby in Sevilla muss dieses Mal ohne Emotionen von den Rängen auskommen
       
       Am Ende sind sie dann doch alle wieder mit dabei. Die Profis von
       Abstiegskandidat SD Eibar, die zu Trainingsbeginn in einem offenen Brief
       ihre „Angst“ vor einer Rückkehr des Fußballs artikulierten. Sogar
       Verteidiger Fali von Zweitliga-Spitzenreiter Cádiz, der zunächst
       verkündete, eher die Karriere beenden und in der Bar seiner Eltern arbeiten
       zu wollen, als unter Gesundheitsrisiko zu spielen. Einziger Abgang ist ein
       Linienrichter. César Noval leitet im Hauptberuf eine Praxis für
       Schönheitschirurgie, er sagt: „Ich muss Mitarbeiter und Patienten
       schützen.“
       
       Nach einem Abkommen zwischen Regierung und Fußballbehörden, dem Beginn
       weitgehender Lockerungen im Land und einem starken Abflauen der
       Coronapatientenkurve, geht es am heutigen Donnerstag wieder los in Spaniens
       Primera División. Sogleich wartet mit dem sevillanischen Derby zwischen dem
       FC und Betis (22 Uhr) ein Prestigeduell. Schon am gestrigen Mittwoch (nach
       Redaktionsschluss) wurde das Zweitligaspiel zwischen Rayo Vallecano und
       Albacete ausgetragen, das wegen – nein, nicht Corona – Nazi-Schmähungen des
       ukrainischen „Patrioten“ Roman Zuzulya durch Rayo-Fans abgebrochen
       worden war.
       
       Das [1][Hygieneprotokoll ist ähnlich wie in der Bundesliga], und auch in
       Spanien sind jetzt fünf Wechsel erlaubt. Die Liga sieht sich für alle
       Eventualitäten gewappnet – und macht sogar in Meteorologie, denn nicht nur
       die Temperatur der Profis und Betreuer muss gemessen werden: auch die der
       Luft spielt eine große Rolle. In Spanien beginnt der Hochsommer, eigentlich
       keine Fußballzeit. Mit Ausnahme von Partien im Norden des Landes kann erst
       abends gespielt werden. Die Liga vergleicht für ihre Ansetzungen die
       Durchschnittstemperaturen der letzten zehn Jahre am jeweiligen Stadion mit
       den projizierten Werten für den Spieltag.
       
       Um dem Fernsehen viele Anstoßzeiten garantieren zu können, wird jede Runde
       auf 3 bis 4 Tage gestreckt. Das bedeutet: täglich Fußball. Als
       wesentlichster Unterschied zur Bundesliga kündigt sich das TV-Erlebnis an.
       Neben echten Bildern und Geräuschen wird eine virtuelle Option mit belegten
       Tribünen und einem Klangteppich angeboten, den Experten anhand vergangener
       Spiele in der jeweiligen Arena herausgefiltert haben. Die Liga kooperierte
       dafür mit dem Videospielhersteller EA Sports („Fifa“).
       
       ## Mauer Real-Soundtrack
       
       Eher feurig müsste der Soundtrack also heute aus Sevilla klingen, besonders
       mau dagegen am Sonntag bei der Partie von Real Madrid gegen Eibar. Die
       Hauptstädter tragen ihre Heimspiele nicht im Estadio Santiago Bernabéu aus,
       da wegen der Coronapause die dort anstehenden Renovierungsarbeiten forciert
       wurden. Ausgewichen wird auf den Hauptplatz des Trainingscampus. Aus dem
       gleichen Grund spielt Levante, ein Klub aus Valencia, gar im 150 Kilometer
       entfernten La Nucía. Atmosphärisch schien das recht egal – bis der Gedanke
       aufkam, womöglich noch in dieser Saison wieder Zuschauer in die Stadien zu
       lassen.
       
       Die Regierung hat zwar Vorstöße einzelner Vereine untersagt, eine
       Genehmigung aber nicht generell ausgeschlossen, und die Liga arbeitet für
       alle Fälle schon mal am nötigen Protokoll. Sobald bei den regional
       abgestuften Lockerungen das gesamte Land in der finalen Phase angelangt ist
       – wahrscheinlich ab 22. Juni –, wäre eine (Teil-)Öffnung der Arenen
       denkbar. Die Debatte darüber gewinnt zunehmend an Schärfe.
       
       Da ist es schon fast beruhigend, dass sportlich alles normal verlaufen
       dürfte: Barcelona (2 Punkte Vorsprung) und Real balgen sich um den Titel.
       Beide haben durch die Rückkehr der eigentlich gar nicht mehr erwarteten
       Angreifer Luis Suárez (Barça) und Eden Hazard (Real) weitere Verstärkung
       erhalten. Als Barças Trumpf gilt zudem ein ausgeruhter Messi, bei Madrid
       ist es der tiefere Kader.
       
       Bereits am 19. Juli sollen die ausstehenden elf Runden absolviert sein. Ein
       gnadenloser Rhythmus. Nach langer Zwangspause – [2][in Spanien war von
       Mitte März bis Anfang Mai selbst Joggen verboten] – und kurzer Vorbereitung
       müssen manche Klubs ihre ersten vier Spiele innerhalb von zehn Tagen
       bestreiten. Wissenschaftlichen Prognosen zufolge ist mit rund 50 Prozent
       mehr Verletzungen zu rechnen. „Ich glaube nicht, dass wir für so viele
       Partien in so kurzer Zeit bereit sind“, sagt Eibars Trainer José Luis
       Mendilibar. So sind zwar alle wieder dabei – aber längst noch nicht alle
       überzeugt.
       
       11 Jun 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.bundesliga.com/de/bundesliga/news/hygienekonzept-dfl-task-force-sportmedizin-spielbetrieb-stadion-saison-fortsetzung-training-professor-meyer-11100
   DIR [2] /Corona-in-Spanien/!5673100
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Florian Haupt
       
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