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       # taz.de -- AfD scheitert vor Verfassungsgericht: Brandner weiter ohne Vorsitz
       
       > Die Abwahl Stephan Brandners als Vorsitzender des
       > Bundestagsrechtsausschusses bleibt in Kraft. Ein Eilantrag der
       > AfD-Fraktion wurde abgelehnt.
       
   IMG Bild: Stephan Brandner bei einer Demo gegen Coronamaßnamen in Gera am 16. Mai
       
       Karlsruhe taz | Die Abwahl des AfD-Abgeordneten Stephan Brandner als
       Vorsitzender des Bundestagsrechtsausschusses bleibt vorerst in Kraft. Das
       Bundesverfassungsgericht lehnte jetzt einen Eilantrag der AfD-Fraktion ab,
       Brandner bis zur endgültigen Karlsruher Entscheidung wieder ins Amt zu
       setzen.
       
       Im Bundestag ist es üblich, dass einige Parlamentsausschüsse auch von
       Oppositionsabgeordneten geleitet werden. Der AfD wurden nach Absprache
       aller Fraktionen drei Vorsitzpositionen zugestanden: im Haushaltsausschuss,
       im Rechtsausschuss und im Tourismusausschuss. Für den Rechtsausschuss
       benannte die AfD den Abgeordneten Stephan Brandner, der im Janauar 2018 im
       Ausschuss dann – mit vielen Gegenstimmen und Enthaltungen – gewählt wurde.
       
       Brandner gilt als einer der schärfsten Hetzer der AfD und [1][hielt sich
       auch nach seiner Wahl zum Ausschussvorsitzenden nicht zurück]. Nach dem
       versuchten Anschlag auf die Synagoge von Halle teilte er einen Tweet, der
       fragte: „Warum lungern Politiker mit Kerzen in Moscheen und Synagogen rum?“
       Es seien eine „Deutsche, die gern Volksmusik hörte“, und ein
       „Bio-Deutscher“ getötet worden. Nachdem der Sänger Udo Lindenberg das
       Bundesverdienstkreuz erhielt, bezeichnete Brandner das als „Judaslohn“,
       weil Lindenberg vorher den AfD-Politiker Björn Höcke als „echten Fascho“
       bezeichnet hatte.
       
       Im November 2019 wurde Brandner wegen solcher Entgleisungen [2][schließlich
       als Ausschussvorsitzender abgewählt.] Es war ein Novum in der Geschichte
       des Bundestags. [3][Für den Antrag stimmten im Rechtsausschuss die
       Vertreter aller Fraktionen außer der AfD.] Brandner fehle die für das Amt
       erforderliche Fähigkeit oder Bereitschaft zur Mäßigung, erklärte Johannes
       Fechner, der rechtspolitische Sprecher der SPD, zur Begründung.
       
       ## Verfassungsrichter wollen gründlich prüfen
       
       Daraufhin erhob die AfD als Fraktion Organklage beim
       Bundesverfassungsgericht. Die Abwahl von Brandner sei rechtswidrig, da die
       Abwahl eines Ausschussvorsitzenden in der Geschäftsordnung des Bundestags
       nicht vorgesehen sei. Es gebe auch keinen Grund für eine Abwahl. Brandner
       habe sich „als Bürger und Parteipolitiker“ geäußert. Den Ausschuss habe er
       „stets professionell, parteipolitisch neutral und objektiv“ geleitet. Durch
       die Abwahl Brandners sah die AfD ihr Recht auf parlamentarische Teilhabe
       und wirksame Oppositionsarbeit verletzt.
       
       Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts unter dem scheidenden
       Präsidenten Andreas Voßkuhle hält die AfD-Klage nicht für offensichtlich
       unbegründet und will sie im Hauptsacheverfahren gründlich beraten.
       
       Die Richter deuteten bereits an, dass die Abwahl eines
       Ausschussvorsitzenden auch ohne ausdrückliche Regelung möglich sein könne.
       Wer wählen könne, müsse auch abwählen können („actus contrarius“).
       Allerdings fehle bisher jeder Maßstab dafür, aus welchen Gründen eine
       Abwahl möglich ist, ob zum Beispiel außerparlamentarische Äußerungen
       genügen können. Diesen Maßstab wollen die Richter im Hauptverfahren
       entwickeln.
       
       Im Eilverfahren führten die Richter nun lediglich eine Interessensabwägung
       durch. Danach wurde der Eilantrag der AfD abgelehnt, weil sie bis zum
       Karlsruher Urteil einen anderen Abgeordneten als Vorsitzenden des
       Rechtsausschusses vorschlagen könne. Die übrigen Fraktionen hätten eine
       Wahl zugesichert. Dagegen wäre die Arbeitsfähigkeit des Ausschusses
       gefährdet, wenn er weiter von Brandner geleitet würde, der das Vertrauen
       des Ausschusses verloren hat.
       
       Es ist noch offen, wie schnell das Bundesverfassungsgericht in der
       Hauptsache entscheiden wird. Derzeit wird der Rechtsausschuss vom
       stellvertretenden Vorsitzenden Heribert Hirte (CDU) geleitet.
       
       Az: 2 BvE 1/20
       
       29 May 2020
       
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