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       # taz.de -- Die Wahrheit: Der Mörder ist immer der Linkshänder
       
       > Fern der Heimat holt einen via Satellit das Deutsche Fernsehen ein: Und
       > so ist man im Exil so deutsch wie alle, besonders am Sonntagabend.
       
       Eine Satellitenschüssel ist manchmal ein Fluch. Sogar an der irischen
       Westküste kann man mit ihr deutsches Fernsehen empfangen. Also auch den
       „Tatort“ jeden Sonntag. In diesem Jahr feiert die Serie ihren 50.
       Geburtstag. Aus diesem Anlass darf man seit gestern wählen, welche
       „Tatorte“ man in der Sommerpause sehen möchte. 50 Krimis stehen zur
       Auswahl. Derjenige, der bis Freitag die meisten Stimmen erhält, wird am
       darauffolgenden Sonntag gesendet.
       
       Zur Auswahl stehen aber nur „Tatorte“ der vergangenen 25 Jahre. Der
       vorzügliche Walter Richter als Kommissar Trimmel im ersten „Tatort“, „Taxi
       nach Leipzig“, ist deshalb nicht dabei. Dafür aber Kommissarin Inga Lürsen,
       gespielt von Sabine Postel, die meist wohltuend unaufgeregt agiert – wenn
       da nicht ihre Tochter Helen wäre, gespielt von Camilla Renschke. Als sie zu
       alt für die Rolle wurde, schickte man sie auf die Polizeischule, und nun
       ist sie die hölzerne Chefin ihrer Mutter. Ohnehin hält die Krimi-Familie
       zusammen. Wer eine bedeutende Nebenrolle hatte, kann damit rechnen,
       irgendwann Kommissar zu werden.
       
       Das wäre nicht weiter schlimm, aber da die Krimis ständig wiederholt
       werden, kommt man mitunter durcheinander. So kann sich zum Beispiel Jörg
       Schüttauf binnen weniger Stunden vom Kommissar in einen skrupellosen Mörder
       verwandeln. Martin Brambach ist übrigens immer dabei, das muss eigentlich
       nicht erwähnt werden, er spielt ja in allen deutschen Filmen mit.
       
       Als geübter „Tatort“-Zuschauer weiß man oft schon früh, wer der Täter ist.
       Man muss sich nur die Liste der scheinbaren Nebenrollen ansehen. Der
       bekannteste Schauspieler ist meist der Täter, vor allem, wenn er
       Linkshänder ist und raucht.
       
       ## Das Händchen der Hamburger
       
       Die Hamburger haben ein besonders unglückliches Händchen bei der Besetzung
       ihrer Kommissare. Als Stoever und Brockmöller zu singen begannen, war man
       froh, als sie 2001 auf einem Kreuzfahrtschiff als Musiker anheuerten und am
       Horizont verschwanden. Bald wünschte man sie sich zurück, denn danach kamen
       lauter Pfeifen.
       
       Erst übernahm Jan Castorff alias Robert Atzorn, der in fast jeder Folge
       brüllte und zudem einen überflüssigen Sohn, gespielt vom unsäglichen Fiodor
       Olev, hatte. 2008 wurde man erlöst, aber es wurde schlimmer: Erst folgte
       Kommissar Cenk Batu, dann Nick Tschiller, und mit ihnen zog hektischer
       Klamauk ein. Til Schweiger, der Tschiller spielt, bewies noch vor
       Amtsantritt, dass er eine Fehlbesetzung ist, denn er machte den törichten
       Vorschlag, einen neuen Vorspann zu drehen.
       
       Wenigstens bieten die Tatorte aus München und Köln meist gediegene
       Unterhaltung, und in Weimar und Münster kommt Humor hinzu. Also, liebe
       Leserinnen und Leser, wählen Sie mit Bedacht, sofern Sie sich für den
       Tatort interessieren. In Irland dürfen wir uns wegen Corona bis Ende Juli
       nicht allzu weit vom Haus entfernen. Da bleibt einem abends bisweilen nur
       der „Tatort“.
       
       15 Jun 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Sotscheck
       
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