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       # taz.de -- Kinderschutz in Deutschland: Mehr als Law and Order
       
       > Härtere Strafen gegen Kindesmissbrauch helfen nur bedingt. Wichtiger ist,
       > dass Kinder angehört und beteiligt werden, wenn es um ihr Wohl geht.
       
   IMG Bild: Härtere Strafen? Einer der Angeklagten im Kindesmissbrauchsfall in Bergisch Gladbach vor Gericht
       
       Nach „Münster“, nach „Bergisch Gladbach“, und mit „Lügde“ im Hinterkopf –
       alles Beispiele für aufgedeckte Kindesmissbrauchs-Netzwerke in der letzten
       Zeit – diskutiert Deutschland leidenschaftlich über [1][schärfere Gesetze].
       Und pünktlich zum Start der Innenministerkonferenz am Mittwoch kommt auch
       die Vorratsdatenspeicherung wieder auf den Tisch.
       
       Es ist bezeichnend, aber vor allem deprimierend, dass die deutsche
       Diskussion darüber, wie sexuelle Gewalt gegen Kinder bekämpft werden kann,
       regelmäßig in der Law-and-Order-Schiene feststeckt. So sinnvoll es ist, die
       Verbreitung von Missbrauchsmaterial von einem Vergehen in den Rang eines
       Verbrechens hochzustufen – die gleiche Verve würde man sich wünschen, wenn
       es um den Kinderschutz im Land geht.
       
       Im Jahr 1989 hat Deutschland die UN-Kinderrechtskonvention unterzeichnet.
       Doch noch immer werden Kinder hierzulande kaum angehört oder beteiligt,
       wenn über ihre Belange entschieden wird: Warum verzichten Jugendämter und
       Familiengerichte auf die Befragung der Kinder, wenn sie über deren
       Unterbringung und Lebensmittelpunkt entscheiden – siehe [2][Münster], siehe
       Lügde? Warum ist der Gedanke einer kinderfreundlichen Justiz, bei der auf
       mehrfache Zeugenvernehmung junger Menschen verzichtet wird, noch so wenig
       verbreitet? Und warum legen sich die PolitikerInnen, die sich gerade so
       entschieden gegen sexuellen Kindesmissbrauch positionieren, nicht für eine
       flächendeckende Fortbildung von RichterInnen und PädagogInnen ins Zeug?
       
       Die Antwort könnte ernüchternd sein: Law and Order signalisieren politische
       Tatkraft und bringen Sympathien bei WählerInnen, die wollen, dass endlich
       gehandelt wird. Präventionsarbeit dagegen ist in der Fläche wirksamer, aber
       ein mühsames, kleinteiliges und wenig glanzvolles Geschäft. Wem es aber
       wirklich ernst ist mit dem Kinderschutz, der oder die sollte sich jetzt
       dafür einsetzen, [3][Kinderrechte im Grundgesetz] festzuschreiben, um
       sicherzustellen, dass Kinder verbindlich angehört und beteiligt werden
       müssen, wenn es um ihr Wohl und ihr Leben geht.
       
       16 Jun 2020
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Nina Apin
       
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