URI: 
       # taz.de -- Innenminister beraten über Missbrauch: Dauerkampf um Speicherpflicht
       
       > Die Union fordert vor der Innenministerkonferenz, die
       > Vorratsdatenspeicherung wiederzubeleben, um Missbrauch zu bekämpfen. Die
       > SPD ist skeptisch.
       
   IMG Bild: Serverraum im Keller des Hauptverdächtigen im Mißbrauchsfall Münster
       
       Berlin taz | Sie ist nicht totzukriegen. In der Debatte um eine härtere
       Bestrafung von Kindesmissbrauch drängt die Union erneut auf die
       Wiederbelebung eines umstrittenen Instruments: der Vorratsdatenspeicherung.
       Die Forderung soll auf der am Mittwoch beginnenden Innenministerkonferenz
       (IMK) in Erfurt forciert werden.
       
       Nach dem publik gewordenen [1][Missbrauchsfall in Münster] hatte die Union
       bereits eine härtere Bestrafung von Kindesmissbrauch gefordert. Nun pochen
       die Christdemokraten auch auf die Vorratsdatenspeicherung. „Jeder Ermittler
       weiß, ohne Vorratsdatenspeicherung ist die Bekämpfung von Kinderpornografie
       erheblich eingeschränkt“, so Lorenz Caffier (CDU), Innenminister von
       Mecklenburg-Vorpommern. Die Sicherheitsbehörden dürften „nicht aus
       ideologischen Gründen auf eines ihrer schärfsten Schwerter verzichten“. Das
       Thema werde auf der IMK „ganz oben auf der Tagesordnung stehen“.
       
       Tatsächlich beklagen die Unions-Innenminister nach taz-Informationen in
       einer Beschlussvorlage zur IMK, dass Täter im Internet wegen der derzeit
       ausgesetzten Vorratsdatenspeicherung „sehr häufig“ nicht identifiziert
       würden. Das Instrument aber sei „im Kampf gegen Kinderpornografie
       unerlässlich“. Die Vorratsdatenspeicherung müsse deshalb wieder in Kraft
       gesetzt werden.
       
       Über das Abspeichern durch Telefon- und Internetfirmen, wer wann wie lange
       mit wem kommunizierte, wird seit Jahren gestritten. 2015 mit einer
       zehnwöchigen Speicherpflicht wiedereingeführt, erklärte sie der Europäische
       Gerichtshof für unverhältnismäßig. Eine dortige Prüfung der deutschen
       Variante steht noch aus, ebenso wie eine Entscheidung des
       Bundesverfassungsgerichts. Deshalb wird die Vorratsdatenspeicherung
       hierzulande derzeit nicht angewendet.
       
       ## Gewichtige Gegnerin der Speicherung: Saskia Esken
       
       Die SPD will es vorerst auch dabei belassen. Die IMK-Beschlussvorlage
       tragen ihre Minister nach taz-Informationen bisher nicht mit. Auch
       Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) bremst. Ein Sprecher
       verweist auf die noch ausstehenden Gerichtsentscheidungen, weshalb auf die
       Speicherfrist derzeit verzichtet werde.
       
       Zudem gibt es in der SPD eine gewichtige Gegnerin der
       Vorratsdatenspeicherung: Parteichefin Saskia Esken. Schon bei der
       Wiedereinführung 2015 durch die Groko hatte Esken gegen die Speicherpflicht
       gestimmt – und gegen die Mehrheit der SPD-Fraktion. Auch jetzt sagte sie
       der taz: „Ich bleibe bei meiner Ablehnung einer anlasslosen
       Vorratsdatenspeicherung. Und ich gehe davon aus, dass sowohl das
       Bundesverfassungsgericht als auch der EuGH an ihrer Rechtsprechung
       festhalten: Eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung ist mit den
       europäischen Grundrechten unvereinbar.“
       
       Die Union sieht das anders. Nach dem rechtsextremen Anschlag in Halle
       forderte der Parteivorstand das Instrument im Kampf gegen rechts.
       Bundesinnenminister Seehofer (CSU) erklärt es für „unverzichtbar“ im Kampf
       gegen Straftaten im digitalen Zeitalter. CDU-Chefin Annegret
       Kramp-Karrenbauer unterstrich die Notwendigkeit zuletzt im [2][Kampf gegen
       Kindesmissbrauch]: Der Datenschutz der Täter dürfe nicht wichtiger sein als
       der Schutz der Kinder. Und für Innenminister Caffier ist klar: Wenigstens
       gegen Kinderpornografie werde die Vorratsdatenspeicherung „dringend“
       gebraucht.
       
       17 Jun 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Sexuelle-Gewalt-gegen-Kinder/!5687744
   DIR [2] /Rechtspolitiker-zu-Polizei-Kinderpornos/!5655379
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Konrad Litschko
       
       ## TAGS
       
   DIR Datenschutz
   DIR sexueller Missbrauch
   DIR Schwerpunkt Überwachung
   DIR Vorratsdatenspeicherung
   DIR Innenministerkonferenz
   DIR Vorratsdatenspeicherung
   DIR EuGH
   DIR Vorratsdatenspeicherung
   DIR Kindesmissbrauch
   DIR Kindesmissbrauch
   DIR Kindesmissbrauch
   DIR Sexualisierte Gewalt
   DIR Olaf Scholz
   DIR Kindesmissbrauch
   DIR Gewalt gegen Kinder
   DIR Schwerpunkt Überwachung
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Alternative zur Vorratsdatenspeicherung: Login-Fallen gegen Hetze
       
       Auf der Innenministerkonferenz wird eine Alternative zur
       Vorratsdatenspeicherung diskutiert, um besser gegen Hass im Internet
       vorgehen zu können.
       
   DIR Urteil zur Vorratsdatenspeicherung: Bollwerk für Datenschutz bröckelt
       
       Der Europäische Gerichtshof lässt die anlasslose Speicherung von
       IP-Adressen zu – und erfüllt damit die Hauptforderung der Polizei.
       
   DIR Anlauf der Vorratsdatenspeicherung: Druck auf den EuGH
       
       Der Europäische Gerichtshof hat noch nicht mal verhandelt. Doch Meck-Pomm
       will, dass die Bundesregierung die Einführung schon mal vorbereitet.
       
   DIR Juristin über Missbrauchs-Gesetz: „Geradezu unlogisch“
       
       Bundesjustizministerin Lambrecht will Kindesmissbrauch härter bestrafen.
       Strafrechtsprofessorin Tatjana Hörnle kann das „fachlich nicht
       nachvollziehen“.
       
   DIR Härtere Strafen für Missbrauch: Verbrechen ohne Wenn und Aber
       
       Justizministerin Lambrecht will Missbrauch deutlich härter bestrafen:
       Zukünftig soll eine Mindeststrafe von einem Jahr Gefängnis gelten.
       
   DIR Missbrauchskomplex Bergisch Gladbach: 30.000 Verdächtige
       
       Der Missbrauchskomplex Bergisch Gladbach erreicht eine neue Dimension:
       Ermittler entdeckten Tarnnamen und Spuren von mehr als 30.000 Verdächtigen.
       
   DIR Studie zu sexualisierter Gewalt: EKD will Missbrauch aufarbeiten
       
       Die evangelische Kirche hat eine Studie zu sexualisierter Gewalt in
       Gemeinden beschlossen. Sie soll helfen, zukünftige Übergriffe zu
       verhindern.
       
   DIR Olaf Scholz präsentiert Corona-Haushalt: Gut für die Wirtschaft, gut für ihn
       
       Finanzminister Olaf Scholz will es mit seinem Nachtragshaushalt allen recht
       machen. Zumindest in der SPD ist er damit sehr erfolgreich.
       
   DIR Kinderschutz in Deutschland: Mehr als Law and Order
       
       Härtere Strafen gegen Kindesmissbrauch helfen nur bedingt. Wichtiger ist,
       dass Kinder angehört und beteiligt werden, wenn es um ihr Wohl geht.
       
   DIR Gewalt gegen Kinder: Unerkannte Pandemie
       
       Es sind alarmierende Zahlen, die am Montag in Berlin vorgestellt wurden:
       Übergriffe gegen Kinder haben zugenommen, besonders im Internet.
       
   DIR Erfolglose Vorratsdatenspeicherung: Lieber NSA als BND
       
       Im Gegensatz zu deutschen Behörden kommuniziert die NSA recht transparent.
       2019 stellte der Geheimdienst die Speicherung von Telefondaten ein.