URI: 
       # taz.de -- Verhandlungen zur Digitalsteuer: USA blockieren Steuerabkommen
       
       > US-Finanzminister Mnuchin will eine „Pause“ bei OECD-Verhandlungen zur
       > internationalen Besteuerung von Firmen. Frankreich ist empört.
       
   IMG Bild: Schluss mit der niedrigen Besteuerung für Digitalunternehmen: Proteste gegen Amazon in Paris
       
       Berlin taz | Es wäre ein Riesenschritt zu etwas mehr internationaler
       Steuergerechtigkeit. 130 Staaten verhandeln darüber, wo Konzerne wie
       Google, Facebook, Volkswagen oder Bayer ihre Gewinne versteuern und wie
       viel sie zahlen müssen. Doch nun legt die US-Regierung die Verhandlungen
       auf Eis. Vielleicht ist das nur eine Unterbrechung, möglicherweise aber das
       Scheitern des einzigartigen Vorhabens, das auch Bundesfinanzminister Olaf
       Scholz (SPD) unterstützt.
       
       Eine Sprecherin des US-Finanzministeriums sagte am Donnerstag, die USA
       schlügen „eine Pause in den Gesprächen“ vor, damit sich Regierungen auf die
       Coronakrise konzentrieren könnten. Ein entsprechender Brief von
       US-Finanzminister Steven Mnuchin war vor einigen Tagen bei den Regierungen
       in Frankreich, Spanien und Großbritannien eingegangen. Robert Lighthizer,
       der US-Handelsbeauftragte, sagte bei einer Anhörung im Repräsentantenhaus,
       die Verhandlungen hätten keine Fortschritte ergeben.
       
       Die Gespräche laufen im Rahmen der Organisation für Wirtschaftliche
       Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Eine zentrale Frage: [1][Wo sollen
       international tätige Firmen künftig Steuern zahlen] – vor allem dort, wo
       ihre Zentrale ist, oder auch da, wo sie einen Großteil ihrer Produkte
       verkaufen und Gewinne erzielen? Bei einer Einigung müssten eventuell
       Konzerne wie Volkswagen mehr Abgaben in den USA entrichten. US-Firmen wie
       Google und Facebook könnten zu höheren Überweisungen an Finanzämter in
       Europa verpflichtet werden.
       
       Diese sogenannte Digitalsteuer steht im Mittelpunkt des Konflikts. Die
       US-Regierung will nicht, dass die Internetkonzerne mehr Abgaben im Ausland
       zahlen. Präsident Donald Trump bezeichnete solche Steuern als „unfair“ und
       drohte mit Sanktionen. Frankreich dagegen hat bereits eine zusätzliche
       Abgabe von 3 Prozent auf den Umsatz der Digitalfirmen eingeführt. Um die
       OECD-Verhandlungen nicht zu gefährden, wird sie momentan allerdings nicht
       erhoben. Italien, [2][Spanien] und Großbritannien arbeiten an ähnlichen
       Vorhaben.
       
       ## Kritik an deutscher Position
       
       Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire verurteilte die Verhandlungspause
       als „Provokation“ und drohte, die französische Steuer tatsächlich zu
       erheben. Bis es eine internationale Lösung gebe, unterstütze die
       EU-Kommission Mitgliedstaaten, die eigene Steuern auf digitale
       Dienstleistungen planten, sagte EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni.
       „Und wenn nötig, werden wir gemeinsam reagieren.“ Scholz ließ erklären:
       „Wir setzen uns weiterhin mit Nachdruck für eine Lösung ein.“
       
       Der grüne Wirtschaftspolitiker Danyal Bayaz kritisierte Scholz: „Naiv und
       falsch war es, allein auf die Verhandlungen auf OECD-Ebene zu setzen und
       innerhalb der EU den Prozess für eine gemeinsame europäische
       Digitalkonzernsteuer auszubremsen.“ Während der deutschen
       EU-Ratspräsidentschaft ab 1. Juli müsse man diese nun vorantreiben.
       Linken-Fraktionsvize Fabio De Masi forderte „Straf- und Quellensteuern für
       US-BigTech-Multis“.
       
       Vielleicht würde das als Druckmittel wirken. Möglicherweise antwortet Trump
       im Wahlkampf aber auch mit neuen Zöllen auf französischen Käse und deutsche
       Autos. Bleibt eine Hoffnung: In seinem Brief schrieb Mnuchin, dass er das
       bisherige Teilergebnis der Verhandlungen zu einer internationalen
       Mindeststeuer für Unternehmen begrüße – er hoffe „auf eine Lösung in 2020“.
       
       18 Jun 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Weltwirtschaftsforum-in-Davos/!5656015&s=Digitalsteuer/
   DIR [2] /Spanien-plant-Tobin--und-Digitalsteuer/!5664967&s=Digitalsteuer/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hannes Koch
       
       ## TAGS
       
   DIR Digitalsteuer
   DIR Digital
   DIR Finanzen
   DIR Schwerpunkt USA unter Trump
   DIR EU-Budget
   DIR Steuern
   DIR Digitalsteuer
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Ex-Sicherheitsberater in Buch über Trump: Ahnungslos, unfähig, manipulierbar
       
       Der konservative Hardliner John Bolton lässt kein gutes Haar am
       US-Präsidenten. Der versucht, das Erscheinen von Boltons Buchs zu
       verhindern
       
   DIR EU-Grüner über Wende in der Finanzpolitik: „Nun kommen Bonds in Coronazeiten“
       
       Deutschlands hat seinen EU-Kurs radikal geändert, sagt Sven Giegold. Das
       erlaube EU-Steuern und Transfers nach Südeuropa, aber Probleme blieben.
       
   DIR Spanien plant Tobin- und Digitalsteuer: Madrid betritt Neuland
       
       Abgaben auf Aktiengeschäfte und auf Gewinne globaler Internetkonzerne
       sollen Spaniens Sozialversicherung stützen. Ganz wohl ist Madrid dabei
       nicht.
       
   DIR Weltwirtschaftsforum in Davos: Auch Google soll zahlen
       
       Europa und die USA verhandeln in Davos über die Besteuerung international
       tätiger Unternehmen. Bei grundlegenden Fragen herrscht Dissens.