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       # taz.de -- Rezo übt Medienkritik: Bevormundung der Zielgruppe
       
       > Youtuber Rezo zerstört mal wieder. Diesmal ist die Presse dran. Viele,
       > wenn auch nicht alle der angesprochenen Probleme, sind klug beobachtet.
       
   IMG Bild: Youtuber Rezo
       
       „Lügenpresse“, lachte der freundliche Mann vom Weingut, den ich Pfingsten
       auf der Radtour traf. Er selber habe das Fernsehen längst abgeschafft: „Ich
       lese nur noch Zeitung und höre Radio.“ Aber die Medien, die seien wirklich
       schlimm.
       
       Ein bisschen so verhält es sich mit Rezos aktuellen Betrachtungen zur
       Presse. Wie immer hat [1][seine „Zerstörungs“-Analyse Hand und Fuß]. Beim
       Schreiben dieser Zeilen hatte sie schon mehr als 1,4 Millionen Klicks. Sie
       zerstört auch nicht. Sondern weist berechtigterweise auf einen Haufen
       Schwachpunkte bei vielen Medien hin – von fehlender Transparenz bis zur
       mangelhaften Fehlerkultur. Trotzdem schmeißt auch Rezos Video selbst zu
       viel in einen Topf. Was vielleicht daran liegt, dass wir alle dazu neigen,
       unsere Kundschaft zu unterschätzen.
       
       Natürlich ist es unjournalistisch und hohl, dass goldene Blättchen mit
       Herz Promis und Prinzes*innen ständig
       Trennungs-/Hochzeits-/Schwangerschaftsgerüchte anhängen. Aber glaubt
       wirklich wer, hier säßen reihenweise ältere Damen bei der Dauerwelle und
       fielen drauf rein? Es genügt der Besuch eines handelsüblichen
       Frisörgeschäfts, um zu begreifen, wie media-savvy die Zielgruppe ist. Was
       Verlage wie Bauer & Co. immer billiger gemacht auf den Markt schmeißen, ist
       im wörtlichsten aller Sinne Pulp Fiction. Und kommt auch so bei Leser*innen
       an. Warum diese Druckerzeugnisse unters Presseprivileg fallen und meinen,
       sie betrieben Journalismus, steht auf einem anderen Blatt.
       
       Die eigene Zielgruppe zu unterschätzen trägt mittlerweile sportliche Züge.
       Beim Fernsehen heißt es gern: „Die Zuschauer*innen wollen das so.“ Woher
       das Fernsehen das weiß? Egal, Originalsprachen mit Untertitelung
       beispielsweise sind Zuschauer*innen nicht zuzumuten. Dafür spricht im
       deutschen Fernsehkrimi der/die Kommissar*in zur Sicherheit gleich auch
       die eigene Audiodeskription mit. Denn dem bewegten Bild allein scheint man
       nicht zu trauen. Wahrscheinlich brauchen Darsteller*innen deshalb heute
       keine Mimik mehr, aus der man Stimmungen, Gefühlsregungen, wirklich
       Gedachtes ablesen könnte. Es wird ja alles noch mal gesagt.
       
       Zu Missverständnissen kommt es außerdem gerne mal bei Einordnungen und
       Meinungen. Rezo führt am Beispiel der FAZ jede Menge falsche
       „Tatsachenbehauptungen“ über sich selbst an. Dazu gehören Zweifel an seiner
       Unabhängigkeit. Oder die Unterstellung, seine Videos seien gar nicht
       handgemacht, sondern werden von einem großen Team im Hintergrund gestemmt.
       Die FAZ kann (oder will) sich eben nicht vorstellen, dass so etwas wie
       Rezos Format erfolgreicher ist als der eigene Laden mit den klugen Köpfen.
       Und weil nicht sein kann, was nicht sein darf, wird munter Meinung gemacht.
       Aber so hohl, dass die Nutzer*innen es leicht merken. Selbst beim
       Frisör.
       
       3 Jun 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.youtube.com/watch?v=hkncijUZGKA
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Steffen Grimberg
       
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