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       # taz.de -- Die Wahrheit: Das Ende der Kneipentour
       
       > Endlich dürfen wenigstens die Restaurants in Irland wieder öffnen –
       > allerdings mit für die Inselbewohner herben Einschränkungen.
       
   IMG Bild: Mario Dzeladini, Inhaber des italienischen Restaurants „Firenze“ in Pankow
       
       Schluss mit Kochen. Ab nächsten Montag dürfen Restaurants auf der Grünen
       Insel unter Einhaltung einer Abstandsregel von einem Meter wieder öffnen.
       Kneipen allerdings müssen sich als Restaurants tarnen, wenn sie Kundschaft
       empfangen wollen. Das heißt, sie müssen eine „reichhaltige Mahlzeit“
       servieren. Wer trinken will, muss auch essen, so schreibt die Regierung
       vor.
       
       Eine reichhaltige Mahlzeit bedeute nicht, dass sich „ein paar Freunde auf
       ein paar Biere treffen und eine Tüte Erdnüsse verspeisen“, erklärte ein
       Regierungssprecher. Die Mahlzeit müsse mindestens neun Euro kosten und
       Kartoffeln enthalten, denn ohne die irische Nationalknolle ist keine
       Mahlzeit komplett. Neun Tüten Kartoffelchips für je einen Euro zählen
       trotzdem nicht.
       
       Wie im Restaurant, so muss man auch im Pub einen Tisch buchen. Den darf man
       nur verlassen, wenn man auf die Toilette muss. Das Herumlümmeln am Tresen
       ist verboten, man wird am Tisch bedient. Freunde am Nachbartisch darf man
       nur aus der Ferne grüßen. Und wer einen Cocktail bestellt, muss auf das
       dekorative Papierschirmchen verzichten. Nach 105 Minuten wird man aus dem
       Pub hinausgeworfen, um Platz für die nächste Schicht zu machen. Man muss
       eben etwas schneller essen und trinken.
       
       Die irische Tradition des „pub crawl“, also einer „Pintenbekriechung“
       genannten Kneipentour, erhält eine ganz neue Dimension. Neben einer
       Alkoholvergiftung riskiert man auch, sich gnadenlos zu überfressen, denn es
       reicht nicht, eine Mahlzeit zu bestellen und zu bezahlen. Man muss sie auch
       essen. Zwar hat man dann eine gute Grundlage für die folgenden
       Alkoholexzesse, aber wenn sich vor den Kneipen dann reihenweise Menschen
       übergeben, liegt das wohl weniger am Alkohol.
       
       Was bedeuten die Regeln für Fans, die zum Fußballgucken in eine Sportkneipe
       mit Großbildschirm wollen? Ein Spiel dauert 90 Minuten, das wusste schon
       Sepp Herberger. Dann kommt noch die Halbzeitpause hinzu, und schon sind 105
       Minuten um. Wenn man jedoch Pech hat, gibt es eine Verlängerung und
       Elfmeterschießen. Geht man also erst zur zweiten Halbzeit ins Wirtshaus?
       Das könnte knapp werden, wird man doch vielleicht vor dem alles
       entscheidenden Elfmeter hinausgeworfen.
       
       Wer ins Gourmet-Restaurant möchte, wird ebenfalls wenig Freude haben. Man
       muss fünf Gänge hinunterschlingen und wird womöglich vor dem exotischen
       Obstsalat mit Champagnertrüffel-Sahne an die frische Luft gesetzt. Die
       Wirte fragen sich, wer die Aufenthaltsdauer kontrollieren soll. Müssen sie
       „bouncer“ einstellen, jene kräftig gebauten Rausschmeißer, oftmals
       Polizisten im Nebenjob, die offiziell „Crowd Control Engineers“ – Techniker
       für Massenkontrolle – heißen?
       
       Wer nur ein paar Biere trinken will, sollte bis zum 20. Juli warten. Dann
       dürfen auch die „wet pubs“, also Feuchtbiotope ohne Verzehrzwang, wieder
       öffnen. Aber auch ohne die Papierschirmchen im Cocktailglas.
       
       22 Jun 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Sotscheck
       
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