# taz.de -- Bilanzskandal bei Dax-Konzern: Auweiacard am Abgrund
> Der Zahlungsdienstleister Wirecard gibt zu, dass 1,9 Milliarden Euro
> nicht existieren. Die Aufsichtsbehörde spricht von einem „kompletten
> Desaster“.
IMG Bild: Schlechte Nachrichten an der Frankfurter Börse: Wirecard taumelt
Berlin taz | Bei Twitter spotten sie schon über „Auweiacard“. In der Nacht
zum Montag hat der Zahlungsdienstleister Wirecard zugegeben, dass es
wirklich mitten in einem Bilanzskandal steckt. [1][1,9 Milliarden Euro],
die das Unternehmen auf Treuhänderkonten verbucht hatte, existierten mit
„überwiegender Wahrscheinlichkeit“ nicht, räumte der Dax-Konzern ein.
Das Unternehmen untersuche, „ob, in welcher Art und Weise und in welchem
Umfang dieses Geschäft tatsächlich zugunsten der Gesellschaft geführt
wurde“. Der Konzern mit 5.000 Mitarbeitern taumelt: Er muss nun
nachträglich die Bilanzen der vergangenen Jahre prüfen.
Die Agentur Moody’s entzog Wirecard am Montag das für Bankgeschäfte
wichtige Rating komplett. Zudem denken einigen Banken offenbar darüber
nach, Wirecard Kredite zu kündigen. Die Aktie büßte bis zum
Montagnachmittag erneut ein Drittel ihres Werts ein. Bereits am Freitag war
[2][Vorstandschef Markus Braun] zurückgetreten.
Bemerkenswert auch die Rolle der Aufsichtsbehörde, der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin): „Das ist ein komplettes Desaster,
das wir da sehen, und es ist eine Schande, dass so etwas passiert ist“,
sagte Bafin-Präsident Felix Hufeld am Montag. „Wir befinden uns mitten in
der entsetzlichsten Situation, in der ich jemals einen Dax-Konzern gesehen
habe“, so Hufeld.
## Wirecard lange in Schutz genommen
Die Kritik an der Rolle der Kontrolleure – inklusive der Bafin – nehme er
voll an. „Wir sind nicht effektiv genug gewesen, um zu verhindern, dass so
etwas passiert“, räumte Hufeld ein. Allerdings: Die Bafin sei nur für die
Aufsicht über die Tochter Wirecard Bank zuständig, nicht für die gesamte
Wirecard AG, die Zahlungen abwickelt, sagte Hufeld.
Die Bafin hatte Wirecard lange in Schutz genommen, nachdem die Financial
Times Anfang vergangenen Jahres [3][erstmals über Ungereimtheiten] bei der
Firma berichtet hatte. So zeigte die Behörde im April 2019 rund ein Dutzend
Personen an, da Wirecard Opfer einer gezielten Attacke von
Börsenspekulanten geworden sei. Damals ermittelte die Münchner
Staatsanwälte bereits, ob der Aktienkurs von Wirecard bewusst beeinflusst
wurde. Nun dürfte demnächst der Vorwurf der Bilanzfälschung hinzukommen.
22 Jun 2020
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## AUTOREN
DIR Kai Schöneberg
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