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       # taz.de -- Journalist in Marokko ausspioniert: Der Feind in deiner Tasche
       
       > Nachdem sein Smartphone seltsame Dinge tat, schöpfte der marokkanische
       > Journalist Omar Radi Verdacht: Er wurde von einer Spyware überwacht.
       
   IMG Bild: Omar Radi vor dem Gerichtsgebäude in Casablanca im März
       
       Der marokkanische Journalist Omar Radi hatte den Staat immer in der Tasche.
       Sein Smartphone wurde durch einen Hackerangriff zur Wanze, das machte jetzt
       Amnesty International in einem ausführlichen Bericht öffentlich. Dank einer
       Software, die vermutlich vom israelischen Unternehmen NSO Group stammt,
       verriet das Telefon den Mithörern Gespräche, E-Mails, Nachrichten auf
       sämtlichen Messengerdiensten und sozialen Netzwerken aber auch
       Bankgeschäfte, die per Handy getätigt wurden.
       
       Der 33-jährige Radi, der vor allem über Menschenrechtsverletzungen,
       Korruption und die wirtschaftlichen Verflechtungen des marokkanischen
       Königshauses berichtet, und dafür mit mehreren Journalistenpreisen
       ausgezeichnet wurde, ist nicht das erste Spionageopfer mittels der
       NSO-Software Pegasus.
       
       So deutet viel darauf hin, dass bereits im vergangenen Jahr zwei weitere
       marokkanische Menschenrechtler mit Hilfe der NSO-Technik ausspioniert
       wurde; und auch das Umfeld des in der saudischen Botschaft in Istanbul
       ermordeten Journalisten Jamal Khashoggi wurde vermutlich mit derselben
       Software ins Visier genommen.
       
       Die NSO Group, die in diesen Tagen für eine Covid-19-Software wirbt, die
       Staaten und Unternehmen das Krisenmanagement erleichtern soll, beteuerte
       immer wieder den Menschenrechten verpflichtet zu sein. Die fragliche
       Software dürfe nur für die Bekämpfung von Verbrechen eingesetzt werden.
       
       Hinweise auf potente Spyware 
       
       Omar Radi schöpfte Verdacht, als über ihn Dinge im Netz zu lesen waren, die
       eigentlich niemand wissen konnte. Er bemerkte, dass sein Telefon seltsame
       Dinge tat: „Zum Beispiel surfte ich auf eine Website und sehe wie sich die
       URL-Adresse änderte. Ich wurde also umgeleitet.“ Mittlerweile weiß Radi,
       der neben marokkanischen Medien auch für Le Monde, Al Jazeera und die BBC
       gearbeitet hat, dass dies „URL-Injektion“ genannt wird. „Amnesty erklärte
       mir, dass mein Telefon auf diese Weise infiziert wurde. Ironischerweise
       wurde ich infiziert, als ich auf die Website des marokkanischen
       Justizministeriums ging“, fügt er hinzu.
       
       Das Security Lab von Amnesty untersuchte Radis iPhone und fand Hinweise auf
       eine potente Spyware wie Pegasus von NSO. „Die Angreifer haben Maßnahmen
       ergriffen, um Spuren zu beseitigen, die die von ihnen verwendete
       Sicherheitslücke aufdecken könnte“, erklärt der Lab-Sprecher Claudio
       Guarnieri.
       
       Amnesty International geht davon aus, dass bei Radi eine neue Technik zur
       Anwendung kam. Bisher wurden die Handys per Nachrichten infiziert, die eine
       Spyware enthalten. Bei Radi ging dies vermutlich direkt über den
       halbstaatlichen, marokkanischen Netzbetreiber. Die Spione hatten von dort
       Zugriff auf das Handy und veranlassten so die Umleitung des
       Internetverkehrs auf infizierte Seiten. Eine andere Möglichkeit dies zu
       tun, sind Sendeeinheiten, die dem Handy einen Mobilfunkmast vorgaukeln.
       Diese können zum Beispiel in einem Pkw unweit des Opfers platziert werden.
       Das Handy loggt sich ein und wird so übernommen.
       
       24 Jun 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reiner Wandler
       
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