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       # taz.de -- Trump startet US-Wahlkampf: Laut und ohne Filter
       
       > Corona und die Proteste gegen Polizeigewalt haben den US-Präsidenten in
       > die Defensive gebracht. Kann er im Wahlkampf 2020 für eine Überraschung
       > sorgen?
       
   IMG Bild: Trump twittert schon wieder
       
       US-Präsident Donald Trump steht weniger als fünf Monate vor den
       amerikanischen Präsidentschaftswahlen unter Zugzwang. Proteste gegen
       Polizeigewalt und Rassismus halten seit dem Tod des Afroamerikaners George
       Floyd durch einen weißen Polizisten die Vereinigten Staaten in Atem. Hinzu
       kommen die anhaltende Coronavirus-Pandemie und eine wirtschaftliche
       Rezession.
       
       Die Vorzeichen für einen [1][erneuten Wahlsieg] des Republikaners stehen
       daher im Moment alles andere als gut. Trumps Umfragewerte sind im Keller –
       sein Zustimmungswert beträgt 39 Prozent – und sein Krisenmanagement steht
       massiv in der Kritik. Knapp 46 Millionen Amerikaner haben seit dem Beginn
       der Pandemie Arbeitslosenhilfe beantragt. Die Arbeitslosenquote schnellte
       von 3,5 Prozent im Februar auf 13,3 Prozent im Mai.
       
       Die New York Times fragte in einer Schlagzeile am Mittwoch etwas zynisch,
       ob Trump überhaupt um den Wahlsieg in diesem Jahr kämpfen will. Die Antwort
       darauf wird dieser selbst persönlich an diesem Samstag geben, wenn er zum
       ersten Mal seit dem Ausbruch der Coronapandemie wieder in die
       Wahlkampfarena steigt.
       
       Die vielen treuen Anhänger des Präsidenten erwarten einen typischen
       Trump-Auftritt. Laut, ohne Filter und vor allem kämpferisch gegenüber
       seinen zahlreichen Kritikern. Dazu zählt natürlich vor allem sein
       Herausforderer, der Demokrat und frühere Vizepräsident Joe Biden.
       
       Aber auch der ehemalige Nationale Sicherheitsberater [2][John Bolton hat
       sich mit seinem Enthüllungsbuch], welches nächste Woche erscheinen wird und
       bereits jetzt für hohe Wellen sorgt, den Präsidenten zum Feind gemacht. Auf
       Twitter bezeichnete Trump den konservativen Hardliner als „Trottel“ und
       „Spinner“.
       
       ## Wahlarena als Infektionsherg?
       
       Für Trumps treueste Anhänger spielt dies alles nur eine untergeordnete
       Rolle. Schon Tage vor dem eigentlichen Auftritt des Präsidenten in Tulsa im
       US-Bundesstaat Oklahoma haben sich Dutzende vor der Arena versammelt.
       Gesundheitsexperten warnen, dass die Arena einem Infektionsherd gleichen
       könnte.
       
       Trump, der aus politischen Gründen auf einen schnellen wirtschaftlichen
       Aufschwung hofft, spielt die Ansteckungsgefahr herunter und sagte in einem
       Fox-News-Interview sogar, dass das Coronavirus bald verschwinden werde.
       Einen Beweis für diese These erbrachte er nicht. Mehr als 118.000 Menschen
       sind dem Virus in den USA bisher zum Opfer gefallen.
       
       Auf die landesweiten Proteste und Ausschreitungen der vergangenen Wochen
       reagierte Trump zunächst verhalten. Später verwendete er sie, um seine
       Politik von Recht und Ordnung zu propagieren. Zwar unterzeichnete der
       Präsident in dieser Woche ein Dekret für begrenzte Polizeireformen, das
       Thema Rassismus fand dabei jedoch keine Erwähnung.
       
       Es ist natürlich nicht verwunderlich, dass Trump, der selbst immer wieder
       mit rassistischen Äußerungen auf sich aufmerksam macht, schweigt. Mexikaner
       bezeichnete er als „Vergewaltiger“, vier weiblichen Kongressabgeordneten
       riet er, „dorthin zurückzugehen, von wo sie hergekommen sind“, und nach
       rechtsradikalen Ausschreitungen in Charlottesville 2017 erklärte er, dass
       es auf beiden Seiten sehr gute Menschen gebe.
       
       Mit der Entscheidung, seine erste Wahlkampfveranstaltung in Tulsa
       abzuhalten, sorgte Trump gleich für die nächste Kontroverse. Die
       zweitgrößte Stadt Oklahomas erlebte im Jahre 1921 eine der größten
       Rassenunruhen in der Geschichte der USA. Die tödlichen Ausschreitungen
       konnten erst durch die Nationalgarde unter Kontrolle gebracht werden. Dass
       die [3][Veranstaltung zunächst für Freitag, den 19. Juni angesetzt] war,
       einen bedeutenden afroamerikanischen Feiertag, spielt da fast nur eine
       Nebenrolle.
       
       Für die einen ist Trump genau das, was das Land braucht. Für die anderen
       ist er einfach ein Rassist. Sicher ist nur eins, sein Weg zu einem erneuten
       Wahlerfolg beginnt an diesem Samstag in Tulsa.
       
       20 Jun 2020
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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